Armut: Lage entspannt sich leicht, bleibt aber Herausforderung

Die Vorarlberger Armutskonferenz hat sich die aktuellen Zahlen zu Einkommen, Armut und Lebensbedingungen im Land genauer angesehen.
Ende April wurden von der Statistik Austria die neuesten Daten zu Einkommen, Armut und Lebensbedingungen in Österreich präsentiert (EU-SILC 2023). Die Vorarlberger Armutskonferenz mit ihrem Sprecher Michael Diettrich hat sich dieser Zahlen angenommen und speziell in Hinblick auf Vorarlberg analysiert. Vorneweg: Laut Armutskonferenz gibt es eine leichte Entspannung der nach wie vor angespannten Armutssituation in Vorarlberg.
Grundlage dieser Analyse sind Einkommensdaten aus dem Jahr 2022. Die Bevölkerungs- und Sozialdaten stammen hingegen aus dem Jahr 2023. Aus den Zahlen lasse sich herauslesen, dass es trotz hoher Inflation 2022 es bei der Entwicklung der Armutsgefährdung keine statistische Auffälligkeit gab.
Der Grund dafür liegt laut Armutskonferenz aber an der Methode der Erhebung: „Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent eines mittleren Einkommens hat. Hier wird nur die Einkommensseite gemessen, unabhängig von der Frage, ob man mit dem Einkommen auch auskommt.“ Insofern könne die ausgabenseitige Teuerung in den Daten zur reinen Armutsgefährdung keinen Niederschlag finden, heißt es.
14,9 Prozent
der österreichischen Bevölkerung waren 2022/23 armutsgefährdet – gegenüber 14,8 Prozent der vorangegangenen Erhebung. Armuts- oder ausgrenzungsgefährdet waren 17, 7 Prozent (17,5 Prozent).
Massiv gestiegen sei 2022/23 allerdings der Anteil der Menschen in absoluten Armutslagen, so die Armutskonferenz. Als absolut arm würden Menschen gelten, die sich die Ausgaben des täglichen Lebens nach einem definierten Mindestlebensstandard nicht leisten können. 3,7 Prozent der österreichischen Bevölkerung oder 336.000 Personen waren 2022/23 absolut arm, im Jahr zuvor waren es noch 2,3 Prozent bzw. 201.000 Personen. Fazit der Armutskonferenz: „Die türkis-grüne Bundesregierung hatte sich in ihrem Regierungsprogramm zum Ziel gesetzt, die Armut in Österreich in dieser Legislaturperiode zu halbieren. Dieses Ziel hat sie mit Pauken und Trompeten krachend verfehlt!“

Vorarlberg weicht indes vom Österreich-Trend ab. Vorarlberg lag laut Armutskonferenz im Bundesländervergleich bei der Armutsgefährdung über all die Jahre immer deutlich schlechter als der Bundesdurchschnitt vor Wien an vorletzter Stelle. Am negativen Höhepunkt 2019/2020 waren in Vorarlberg 18,9 Prozent der Bevölkerung bzw. 73.000 Menschen armutsgefährdet. Im Vergleich zu anderen Bundesländern und zum Bundesdurchschnitt von 14,9 Prozent schneide Vorarlberg 2022/23 zwar immer noch schlecht ab. Aber der Trend gehe in Richtung Entspannung, heißt es. Seit dem Höchststand sei die reine Armutsgefährdung kontinuierlich auf 17 Prozent bzw. 67.000 Personen zurückgegangen.
1527 Euro
pro Monat für einen Alleinlebenden betrug 2022/23 die Armutsgefährdungsschwelle. Für jeden weiteren Erwachsenen kamen 786 Euro dazu, für jedes Kind unter 14 Jahren 472 Euro.
Als einen Grund dafür nennt die Armutskonferenz Einkommensverbesserungen im unteren Viertel der Vorarlberger Bevölkerung. Seit Beginn der EU-SILC-Erhebungen sei das Maximaleinkommen im unteren Viertel bei einem Einpersonenhaushalt immer deutlich unter dem Österreichdurchschnitt gelegen und nur von Wien unterboten worden. 2022/2023 lag es plötzlich mit 21.345 Euro jährlich sogar ganz leicht über dem Österreichwert (21.262 Euro). Die Armutskonferenz verweist dabei auf die Erhöhung der Wohnbeihilfe 2022 und 2023 durch das Land und den ebenfalls verbesserten Heizkostenzuschuss.

Allerdings habe sich die Einkommenssituation speziell der unteren zehn Prozent in Vorarlberg verschlechtert: Der Abstand zum Österreichschnitt sei mit 13.215 Euro jährlich zu 15.011 Euro noch mal gewachsen. Vermutet wird, dass hier vor allem diejenigen betroffen sind, die keinen Anspruch auf Wohnbeihilfe haben und stattdessen zum Beispiel Sozialhilfe beziehen. Dies könnte laut Armutskonferenz ein Indiz dafür sein, dass auch in Vorarlberg die absolute Armut gestiegen ist, obwohl sich die Gesamtsituation für Armutsgefährdete entspannt hat.
Forderung
Angesichts der Daten sieht die Armutskonferenz die soeben erfolgte Minimalerhöhung der Wohnbedarfssätze in der Vorarlberger Sozialhilfe sehr kritisch: „Statt die Sätze für alle Haushaltstypen endlich den Realitäten auf dem Wohnungsmarkt anzupassen, wurden gerade mal die Pauschalen für Haushalte mit mehr als fünf Personen leicht erhöht“. Gefordert wird, die „Wohnbedarfsrichtsätze in der Vorarlberger Sozialhilfe für alle Haushaltstypen den Realitäten anzupassen“.