„Eine Neuwahl wäre für Österreich nicht gut“

Am Rande des Pressefoyers nahmen Landeshauptmann Markus Wallner und Landesstatthalter Christof Bitschi Stellung zur Blau-Schwarzen Regierungsbildung im Bund.
Die Verhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP, die unter der Führung von Herbert Kickl stehen, sind im Fokus der politischen und gesellschaftlichen Diskussionen. Während sich Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) betont pragmatisch zeigte, nutzte Landesstatthalter Christof Bitschi (FPÖ) die Gelegenheit, scharfe Kritik an der bisherigen Bundespolitik zu üben.
Pragmatismus gefordert
Wallner, der in der Vergangenheit stets kritisch gegenüber einer von der FPÖ geführten Bundesregierung war, äußerte sich am Rande des gestrigen Pressefoyers zurückhaltender. „Die Hauptverantwortung liegt jetzt bei Kickl, und es bleibt abzuwarten, was kommt“, betonte Wallner. Dabei hob er die Bedeutung eines disziplinierten Umgangs mit zentralen Themen wie der Sanierung des Budgets und der Ankurbelung der Wirtschaft hervor. „Es ist kein persönliches Wunschkonzert und ich rate allen Beteiligten, sich nicht mit Nebenschauplätzen oder persönlichen Befindlichkeiten aufzuhalten.“
Angesichts steigender Schulden und wachsender Unsicherheit auf den Arbeitsmärkten erwartet Wallner von der künftigen Regierung einen klaren Kurs. „Eine Neuwahl wäre für Österreich nicht gut“, erklärte er und übte gleichzeitig Kritik an den Neos, die „als Erste die Gespräche abgebrochen haben.“
Der Vorarlberger Landeshauptmann stellte außerdem hohe Anforderungen an die künftige Bundesregierung. „Ein Bundeskanzler – egal welcher Partei – muss staatsmännisches Verhalten an den Tag legen, sich pro-europäisch positionieren und eine vernünftige Sprache im Umgang pflegen“, forderte er. Dabei betonte Wallner, dass die Zusammenarbeit mit den Ländern auf Augenhöhe stattfinden müsse. „Am Ende ist es eine Frage des Charakters“, so Wallner, der in Richtung der zerstrittenen SPÖ deutliche Worte fand: „Es ist immer noch unklar, mit welcher SPÖ verhandelt wurde.“
Kritik am Stillstand
Landesstatthalter Christof Bitschi, im Pressefoyer als FPÖ-Vertreter an der Seite von Wallner, zeigte sich optimistischer in Bezug auf die Erfolgsaussichten der Verhandlungen. „Ich habe das Gefühl, dass das jetzt in eine positive Richtung geht“, erklärte er. Dennoch kritisierte auch er die monatelangen, ergebnislosen Gespräche scharf. „Nicht weitere drei Monate Stillstand!“, forderte Bitschi und sprach sich für rasche und zielgerichtete Entscheidungen aus.
Besonders harsch ging Bitschi mit der bisherigen Infrastrukturpolitik ins Gericht. „Ich erhoffe mir einen besseren Kurs als unter Ministerin Gewessler, die so gut wie jedes Großprojekt in Österreich zugrunde gerichtet hat.“ Die Worte des Landesstatthalters spiegeln die Skepsis wider, die in vielen Regionen Österreichs gegenüber den Grünen und ihrer Regierungsbeteiligung herrscht. Vorarlberg, das auf eine starke Wirtschaft und eine gut ausgebaute Infrastruktur setzt, erwartet sich von einer neuen Regierung konkrete Fortschritte in diesen Bereichen.
Klare Priorisierungen
Die Regierungsbildung im Bund steht also vor großen Herausforderungen. Während Wallner auf die Dringlichkeit einer stabilen Führung und einer Priorisierung der zentralen Themen hinweist, pocht Bitschi auf einen klaren Bruch mit der bisherigen Politik. Beide Politiker eint die Sorge vor weiteren Verzögerungen: „Es braucht klare Priorisierungen und keine weiteren 100 verlorenen Tage“, warnte Wallner.
Vor dem Hintergrund der gescheiterten ersten Verhandlungsrunden zwischen ÖVP, SPÖ und Neos scheint die geplante blau-schwarze Koalition für viele eine notwendige Alternative zu sein – wenngleich mit Vorbehalten. Bitschi zeigte sich zuversichtlich, dass eine Einigung näher rücke, auch wenn die Herausforderungen groß bleiben. „Es gibt beiderseitig große Erwartungshaltungen, das Land in eine positive Richtung zu bringen“, sagte der Landesstatthalter. Ob dies gelingt, hängt maßgeblich von den nächsten Wochen ab. „Wahlkampf ist etwas anderes als eine Regierungsbildung“, merkte Wallner an und erinnerte daran, dass Pragmatismus jetzt über politischen Kalkülen stehen müsse.