Wolfurt verliert vor Gericht: Gemeinde steht vor hausgemachtem Millionenschaden

27.06.2025 • 13:52 Uhr
Wolfurt verliert vor Gericht: Gemeinde steht vor hausgemachtem Millionenschaden
Das Wolfurter Millionenprojekt SHZ könnte zum finanziellen Desaster für die Gemeinde werden. Hartinger

Dem Bau des SHZ Wolfurt, einem Projekt mit rund 75 Millionen Euro Volumen, wurde vonseiten des Landesgerichts Feldkirch ein Riegel vorgeschoben. Leichtfertiger Umgang mit Millionen von Steuergeldern rückt in das Zentrum der Kritik. Die NEUE hat nachgehakt.

Bereits im Dezember 2024 berichtete die NEUE über eine Gemeindevertretungssitzung in der Hofsteiggemeinde, bei der die Wogen hochgingen. Stein des Anstoßes waren die Streitigkeiten zwischen der Gemeinde und Chris Alge, neben dessen Grundstück unter Berücksichtigung einer Bebauungsvereinbarung mit dem damaligen Bürgermeister Christian Natter und der heutigen Bürgermeisterin Angelika Moosbrugger das Sozial- und Handelszentrum (SHZ) errichtet werden sollte.

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Die Vereinbarung und der darin enthaltene Grundstückstausch sowie eine Abstandsnachsicht waren Grundlage für den Bau des SHZ. Im für die Bauherren verheerenden Urteil wird dieser Tausch- und Dienstbarkeitsvertrag nun in erster Instanz für null und nichtig erklärt.

Urteil mit schwerwiegenden Folgen

Alge warf den Verantwortlichen Vertragsbruch vor, das Landesgericht Feldkirch gab ihm in dem der NEUE vorliegenden Urteil recht. Konkret ging es um nicht eingehaltene Vereinbarungen bezüglich Tiefgaragenrampen und Geschosshöhen, die laut dem Kläger nicht einmal bei der Planeingabe berücksichtigt worden wären.

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Das der NEUE vorliegende Urteil.

In der damaligen Stellungnahme dementierte die Gemeinde den Vorwurf. Das Urteil bedeutet für die Projektverantwortlichen einen herben Rückschlag und wirft auch ein schiefes Licht auf Bauamtsleiter Wolfgang Dittrich, der von den Kritikern für die Fehlplanungen verantwortlich gemacht wird.

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Chris Alge bei der Gemeindevertretungssitzung im Dezember 2024. Hartinger

Chris Alge sieht sich bestätigt

“Vor Jahren haben wir der Gemeinde alle Hände ausgestreckt, um das Projekt zu verwirklichen. Dann passierte lange nichts und schließlich mündete das Ganze in der Vereinbarung, die nun auch, inzwischen juristisch bestätigt, gebrochen wurde”, kommentiert Alge den Urteilsspruch. Er selbst hätte damals gerne ein Wohnprojekt auf seinem Grundstück realisiert, einigte sich dann aber unter den angeführten Bedingungen mit der Gemeinde. Am Ende hätten beide Parteien nur eines: Unsummen an Geld verloren. Nur dass es bei ihm um sein Privatvermögen gehe, und nicht das Steuergeld der Wolfurterinnen und Wolfurter.

NEUE-Anfrage bei Gemeinde Wolfurt

Die NEUE wandte sich selbstverständlich auch an die Gemeinde und formulierte folgende Fragestellung an Bürgermeisterein Angelika Moosbrugger:

Wie steht es aktuell um den Projektfortschritt SHZ?

Wie reagieren Sie auf das Urteil des Landesgerichts?


Wie viel Geld floss bereits in die Umsetzung des Projekts (Vergaben, Ausschreibung, Architekturwettbewerb, Planung, Gerichtskosten)?

Warum wurden die Vorgaben laut der Vereinbarung
mit Chris Alge nicht berücksichtigt?

Ist es bei einem derartigen Großprojekt nicht grob fahrlässig, so und ohne Rechtsgrundlage zu agieren, zumal es um Millionen von Steuergeld geht?

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Angelika Moosbrugger und die Gemeinde Wolfurt überlegen sich weitere Schritte. Hartinger

Die Antwort aus dem Büro der Bürgermeisterin ließ nicht lange auf sich warten:

“Das Urteil im genannten Verfahren ist am späten Mittwochnachmittag bei der Marktgemeinde Wolfurt eingegangen. Die Entscheidung wird derzeit von den Verantwortlichen geprüft und den zuständigen Entscheidungsträgern zur weiteren Behandlung vorgelegt.
Da die Analyse des Urteils und die damit verbundenen Konsequenzen noch andauern, treffen wir zum jetzigen Zeitpunkt keine inhaltlichen Aussagen zu möglichen nächsten Schritten. Die weiteren Entscheidungen werden auf Basis der rechtlichen Bewertung erfolgen.
Wir bitten um Verständnis.”

Als kleines Detail am Rande sei noch erwähnt, dass in einer Bürgeranfrage im Rahmen der Gemeindevertretungssitzung am Mittwochabend der Stand im Verfahren rund um die gerichtliche Auseinandersetzung mit Chris Alge erfragt wurde. Was zunächst vonseiten der Gemeinde verneint worden sei. Worauf der Bürger das Urteil während der Versammlung vorgelesen habe.

Millionenschaden auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger?

Besonders schwer wiegt die Tatsache, dass offenbar bereits Unsummen in Projektplanung, Gewerkevergabe, Ausschreibung, Wettbewerb oder an den ausführenden Architekten Bernardo Bader flossen. Kolportiert wird eine Summe in der Höhe von bis zu sechs Prozent des Projektvolumens. Von den Gerichtskosten in den aktuellen und wohl noch weiter folgenden Prozessen ganz zu schweigen.

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Das geplante Siegerprojekt des Architekturbüros Bernardo Bader.

Leuchtturm-Projekt für die Gemeinde Wolfurt

Das Sozial- und Handelszentrum (SHZ) in Wolfurt ist ein großangelegtes Entwicklungsprojekt zur Stärkung und Neugestaltung des Ortszentrums. Geplant ist unter anderem der Bau eines Pflegeheims mit 78 Betten sowie zusätzlicher Raum für Geschäfte und Dienstleistungen, wodurch sowohl soziale als auch wirtschaftliche Infrastruktur gebündelt werden soll.

(NEUE Vorarlberger Tageszeitung)