Dieses Handzeichen kann Leben retten

07.09.2025 • 12:00 Uhr
Handzeichen gegen Gewalt
Handzeichen gegen Gewalt Sarah Schäfer

Ein stummer Hilferuf, der Leben retten kann: Mit nur einer Handbewegung können Betroffene von Gewalt auf ihre Notlage aufmerksam machen – unbemerkt von ihrem Peiniger.

Stell dir vor, deine Beziehung wird von Tag zu Tag schlimmer. Am Anfang wird nur laut geschrien, dann fliegen Gegenstände durch die Luft – und ehe du dich versiehst, schlägt dich dein Partner. Wenn du versuchst, Hilfe zu holen, zerstört er dein Handy und droht mit noch mehr Gewalt. Ab diesem Punkt kontrolliert der einst so sehr geliebte Mensch dein ganzes Leben. Kein Schritt kann getan werden, ohne dass er es überwacht.

Gewaltvolle Realität

Für eine Frau in Niederösterreich war eine ähnliche Situation keine bloße Vorstellung, sondern bittere Realität. Ein halbes Jahr lang wurde sie von ihrem Lebensgefährten geschlagen und bedroht – bis sie bei einem gemeinsamen Ausflug mit einem Handzeichen einen Passanten um Hilfe bat.
Dieser notierte sich daraufhin das Kennzeichen des Autos und meldete den Hilferuf der Polizei. Die Einsatzkräfte konnten das Paar ausfindig machen und den Mann festnehmen. Derzeit befindet sich der Angeklagte in Polizeigewahrsam und wartet auf sein Gerichtsverfahren.

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Ein unbekanntes Zeichen

Die Frau in Niederösterreich hatte Glück, dass der Passant das Handzeichen kannte. Vielen Menschen ist es allerdings noch unbekannt. Bei einer Umfrage der NEUE am Marktplatz Dornbirn erkannten von 30 Befragten nur 13 die Notgeste. Mehr als die Hälfte wusste also nicht, was sie bedeutet.

Gewalt während der Pandemie

Das Handzeichen gibt es noch nicht sehr lange. Vor rund vier Jahren wurde es von der kanadischen Frauenorganisation Canadian Women’s Foundation ins Leben gerufen. Gedacht war es vor allem für Opfer häuslicher Gewalt während der Corona-Pandemie. Diese konnten es in Videoanrufen unauffällig verwenden, um den Angerufenen stumm auf ihre Notlage aufmerksam zu machen.

Die richtige Hilfestellung

Auf Nachfrage der NEUE beim ifs erklärt Angelika Wehinger, Leiterin der Frauenberatungsstelle: „Beim Handzeichen gegen häusliche Gewalt handelt es sich um eine wichtige Ergänzung im Opferschutz. Uns ist derzeit noch kein Fall in Vorarlberg bekannt, in dem eine Person dadurch konkret um Hilfe gebeten hat – dennoch ist es auf jeden Fall wichtig, dieses Zeichen zu kennen.“

Selbstschutz vor Fremdschutz

Wie man am besten reagiert, wenn man das Zeichen bemerkt, erläutert Wehinger so: „Zu Beginn würde ich versuchen, ein sicheres Gespräch mit der Person allein zu suchen. So kann abgeklärt werden, ob das Zeichen bewusst gesetzt wurde und welche Art der Hilfe die betroffene Person sich wünscht. Sollte dies nicht möglich sein, ist der nächste sinnvolle Schritt, die zuständigen Behörden zu informieren.“ Auch Fabian Marchetti von der Pressestelle der Polizei betont: „Selbstschutz muss immer vor Fremdschutz stehen.“ Deshalb rät er, das Handzeichen in jedem Fall der Polizei zu melden.