Der Fall Stripfing fällt nicht vom Himmel

14.11.2025 • 12:42 Uhr
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Ein gewohntes Bild: Leere Tribünen am Tivoli. Der österreichische Profifußball muss sich weiterentwickeln. GEPA

Nach dem Stripfing-Rückzug: Ein Kommentar von NEUE-Sportchef Hannes Mayer zur Lage des österreichischen Profifußballs.

Der Rückzug von Stripfing aus der 2. Liga ist ein Supergau für den österreichischen Fußball. Vier Runden vor Ende der Herbstrunde muss die Tabelle völlig umgeschrieben werden. Es ist auch nur ein schwacher Trost, dass Austria Lustenau ein Gewinner dieser Tabellenkorrektur ist, die Grün-Weißen sind plötzlich als Zweiter nur mehr einen Zähler hinter St. Pölten. Doch die Angelegenheit ist viel zu wichtig und weitreichend, als dass man das Stripfinger Ausscheiden aus lokalpatriotischer Sicht kommentieren könnte.
Das Stripfinger Aus stellt nämlich mal wieder die Grundfeste des österreichischen Fußballs infrage. Wird bei der Vergabe der Lizenzen und der Ligazulassungen genau genug geprüft seitens der Bundesliga? Und noch viel allgemeiner: Hat der österreichische Fußball tatsächlich das Potenzial für 12 Bundesligisten und 16 Zweitligisten? Die Frühjahrs­partien im Unter-Play-off haben mit Erstliga-Fußball wenig zu tun, und ob es Vereine wie Hertha Wels oder die zweiten Garnituren von Sturm Graz, Rapid Wien oder Austria Wien tatsächlich in der zweithöchsten Spielklasse braucht, ist diskutabel. Sicher: Durch die Aufstockung der 2. Liga haben es Traditionsvereine wie Austria Salzburg oder Schwarz-Weiß Bregenz zurück in den Profifußball geschafft. Aber jedes Mal, wenn ein vermeintlicher Profiverein strauchelt, zahlt der gesamte österreichische Fußball die Zeche für diese Fußballromantik.

Kein Einzelfall
Allein seit 2021 erwischte es mit Wacker Innsbruck, DSV Leoben, FC Dornbirn und nun eben Stripfing vier Vereine. Der Rückzug des FC Juniors Ober­österreich oder die Niedergänge von Vorwärts Steyr oder SV Horn sind dabei nicht berücksichtigt. Ganz zu Schweigen von den vielen Punktabzügen, die in den vergangenen Jahren auf finanziellen Verstößen beruhten – wie das aktuell bei Austria Klagenfurt und Schwarz-Weiß Bregenz der Fall ist, die aufgrund zu spät eingereichter Finanzunterlagen ausgesprochen wurden. Selbst ein Schwergewicht wie Austria Wien hatte schon ein Sternchen in der Tabelle, das aufgrund finanzieller Probleme für einen Punktabzug stand. Noch weiter zurück mag man nicht blicken, weil man ansonsten auf Fälle wie Wiener Neustadt oder Mattersburg stößt.

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Auch in Leoben gingen die Profilichter aus. GEPA

Illusion zertrümmert
Der österreichische Profifußball steht auf sehr wackligen Beinen, das haben die Erfolge des Nationalteams in den vergangenen Jahren so ein bisschen zugedeckt. Stripfings Rückzug zertrümmert die Illusion der heilen österreichischen Fußballwelt mit Brachialgewalt. Doch eine neuerliche Reform der Bundesliga und der 2. Liga wäre kein Allheilmittel. Zumal die Reduzierung der Ligengrößen erneute Härtefälle produzieren würde.
Ein landesweites Problem ist sicherlich die Übersteigerung des Amateurfußballs, die dem Profifußball viele potenzielle Sponsoren und Zuschauer kostet. Im Wiener Speckgürtel ist die Ostliga für viele interessanter als die 2. Liga, im Westen sträuben sich viele Klubs gar schon vor dem Aufstieg in die Regionalliga.
Gleichzeitig erhöhen Vereine wie WSG Tirol oder der TSV Hartberg mit ihren Geisterkulissen auch nicht die Attraktivität der Bundesliga; dass der neue TV-Vertrag niedriger ausfällt, ist kein Zufall. Klar ist: Im österreichischen Fußball ist nicht alles schlecht, aber es braucht eine Weiterentwicklung auch abseits des Nationalteams. Denn so kann es in den heimischen Profiliegen nicht weitergehen.