Krieg gefährdet nun auch Atomdeal

Teheran stellte Einigung in Aussicht, dann grätschte Moskau dazwischen.
Der Ukraine-Krieg gefährdet auch den Atomdeal zwischen der internationalen Gemeinschaft und dem Iran. Nach monatelangen Gesprächen in Wien standen die Verhandlungen mit dem Iran am Wochenende vor einer Einigung, doch dann forderte der russische Außenminister Sergei Lawrow Garantien, dass Russland bei einer Aufhebung der Iran-Sanktionen nicht benachteiligt werde. Die aktuellen westlichen Sanktionen wegen des Ukraine-Krieges dürften nicht Moskaus Recht auf freien Handel und die wirtschaftliche, militärische und technische Zusammenarbeit mit dem Iran beeinträchtigen, erklärte Lawrow. Dadurch geraten die Diplomaten bei den Wiener Verhandlungen kurz vor der Ziellinie ins Straucheln. US-Außenminister Antony Blinken sagte dem Sender CBS, die wegen des Ukraine-Krieges verhängten Sanktionen gegen Russland hätten nichts mit dem Atomdeal mit dem Iran zu tun. Deshalb sei Lawrows Forderung “irrelevant”. Westliche Diplomaten argwöhnen laut Magazin “Politico”, dass die russische Regierung versucht, sich ein Schlupfloch zu schaffen, um alle Sanktionen wegen der Ukraine umgehen zu können.
Der Iran reagierte verhalten auf die russischen Forderungen in den internationalen Atomverhandlungen. “Wir warten noch auf weitere Details (aus Moskau)”, sagte Außenamtssprecher Saeed Khatibzadeh am Montag. Er wies Spekulationen zurück, dass Moskau mit seinen neuen Forderungen in der Endphase der Atomverhandlungen eine Einigung gefährden wolle. “Die Position Russlands bei den Verhandlungen war bisher stets konstruktiv”, sagte er laut Nachrichtenagentur Isna.
Seit fast einem Jahr verhandeln China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Russland in Wien mit dem Iran über eine Wiederbelebung des Atomabkommens von 2015, das den Bau einer iranischen Atombombe verhindern sollte.
Die USA waren 2018 aus dem Vertrag ausgestiegen, wollen aber wieder zurück und nehmen über Vermittler an den Wiener Gesprächen teil, weil der Iran direkte Verhandlungen mit Washington ablehnt. Trotz des Ukraine-Konflikts arbeiteten Russen und Amerikaner in Wien bisher zusammen, denn beide Großmächte wollen die Entwicklung einer iranischen Atombombe verhindern. Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf die Atomenergiebehörde IAEA meldete, verfügt Teheran inzwischen über 33 Kilo Uran, das bis zu 60 Prozent angereichert ist – drei Viertel der Menge, die für eine Bombe gebraucht wird. Kelsey Davenport vom US-Rüstungskontrollinstitut Arms Control Association schätzt, dass der Iran derzeit einen Monat brauchen würde, um genug Material beisammen zu haben, um eine Atombombe zu produzieren.