Politik

Banken zahlen mehr für Tourismus als Gasthäuser

27.11.2023 • 23:00 Uhr
Schifffahrtsunternehmen fallen in Abgabegruppe drei der Tourismusabgabe und profitieren damit angeblich weniger vom Fremdenverkehr als Reitschulen.<br><span class="copyright">hartinger</span>
Schifffahrtsunternehmen fallen in Abgabegruppe drei der Tourismusabgabe und profitieren damit angeblich weniger vom Fremdenverkehr als Reitschulen.
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Banken zahlen in Vorarlberg mehr Tourismusabgabe als Gasthäuser. Die Neos kritisieren die Bürokratie dahinter.

Probleme beginnen oft dort, wo jemand den Bogen überspannt. So erging es etwa dem Land Tirol, das meinte, man könne der Gesellschaft zur Errichtung des Brenner-Basis-Tunnels die Tourismusabgabe vorschreiben. Die Argumente, die dafür vorgebracht wurden, waren eher abenteuerlich als durchschlagend. Die Baustelle ziehe Schaulustige aus dem Ausland an, hieß es etwa. Beim Verwaltungsgerichtshof drang man damit nicht durch: „Dass das Großbauvorhaben für Interessierte auch außerhalb Tirols von Interesse ist und Besucher anzieht, die dann auch die Tourismusregion Tirol nutzen werden, belegt nur, dass aus der Tätigkeit der Revisionswerberin ein Nutzen für den Tourismus resultiert“, heißt es in einer Entscheidung des Höchstgerichts. Dafür, dass die Errichtungsgesellschaft eines Eisenbahntunnels selbst vom Tourismus profitieren könnte, gab es indes keine Anzeichen. Die Tourismusabgabe war nicht zu entrichten.

Folgen für Vorarlberg?

Neos-Klub­obmann Johannes Gasser hat die Entscheidung zum Anlass genommen, eine Anfrage im Vorarlberger Landtag einzubringen. Hintergrund sind ähnliche Probleme mit der Vorarlberger Tourismusabgabe. Hierzulande hatte das Landesverwaltungsgericht (LVwG) schon 2019 entschieden, dass die Abgabe den Nutzen des Tourismus besteuere. Daher sei ausschlaggebend, ob ein Unternehmen „durch eine selbstständige Erwerbstätigkeit unmittelbar oder mittelbar aus dem Aufenthalt von Gästen einen wirtschaftlichen Nutzen zieht“. Im konkreten Fall hätte ein Leiharbeitsunternehmen aus Liechtenstein Tourismusabgabe zahlen sollen. Diese fließt in Vorarlberg den Gemeinden oder Tourismusverbänden zu.

Johannes Gasser (Neos) stellte eine Anfrage zur Tourismusabgabe. <span class="copyright">hartinger</span>
Johannes Gasser (Neos) stellte eine Anfrage zur Tourismusabgabe. hartinger

Die Landesregierung hat auf Basis des Tourismusgesetzes alle Betriebe in Abgabegruppen eingeteilt und festgelegt, wie hoch ihre Tourismusabgabe ausfällt. In der Abgabegruppe eins zahlt man die höchste Abgabe, in der Gruppe sieben die niedrigste. Zusätzlich werden die Gemeinden in drei Ortsklassen eingeteilt – je nachdem, wie touristisch sie sind. In der höchsten davon, der Ortsklasse A, entfallen auf jeden Einwohner mindes­tens 100 Nächtigungen im Jahr. Am teuersten kommt also ein Betrieb der Abgabegruppe eins in der Ortsklasse A.

Imker und Komponisten

Die Neos bekritteln in ihrer Anfrage den hohen bürokratischen Aufwand hinter diesem System. So wird ein Bäcker in Gemeinden der Ortsklassen A und B in die Abgabegruppe vier eingeteilt, in Ortsklasse C fällt er hingegen nur in Gruppe fünf. Fahrradverleiher und Campingplätze fallen überall in die Abgabegruppe eins, Psychologen allerorts in Gruppe fünf. Fußpfleger in der Ortsklasse B fallen in die Abgabegruppe drei. In dieser Gruppe sind auch Werbegrafiker, die aber nur in der Ortsklasse A.

Tourismusabgabe

Die Tourismusabgabe ist landesgesetzlich geregelt und kann von den Gemeinden oder von deren Tourismusorganisationen eingehoben werden. Bemessungsgrundlage ist je nach Abgabegruppe und Ortsklasse ein bestimmter Anteil (90 bis fünf Prozent) des Unternehmensumsatzes. Hinzu kommt ein Hebesatz.

Die sachliche Rechtfertigung für manche Differenzierung ist dabei nicht immer klar erkennbar: Nach Ansicht der Landesregierung profitieren etwa Ziegelbrenner mehr vom Tourismus als Molkereien und Marktforscher gleich viel wie Imker, aber mehr als Komponisten und Hutmacher. Auch fallen Banken und Eislaufplätze in höhere Gruppen als Gastronomiebetriebe oder Eisverkäufer.
Für alle Unternehmen in Tourismusgemeinden – ob eine Gemeinde dazuzählt, entscheidet sie selbst – wären eigentlich Einzelfallentscheidungen notwendig, wenn der Verwaltungsgerichtshof das Vorarlberger Tourismusgesetz gleich auslegt wie jenes aus Tirol. Denn dort ist die Frage, „ob tatsächlich ein Nutzen aus dem Tourismus gezogen wird, … gegebenenfalls im Einzelfall zu beurteilen“.
Gasser will in seiner Anfrage nun wissen, wie hoch die Einnahmen aus der Abgabe überhaupt sind und wie das Land weiter verfahren möchte.