Warum die Vorwahl in Iowa so speziell und wichtig ist

Mit den Vorwahlen in Iowa beginnt morgen das Rennen um die US-Präsidentschaft.
Da waren es nur noch fünf. Überschattet von Schneestürmen und klirrender Kälte beginnen am Montag im US-Bundesstaat Iowa die Vorwahlen für die amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Nur Tage vorher hat Chris Christie, der frühere Gouverneur von New Jersey, seine Kandidatur zurückgezogen, auf Drängen von Parteifreunden, die einen stärkeren Konkurrenten zum früheren Präsidenten Donald Trump wollen. Der ist immer noch Spitzenreiter. Derweil hat Nikki Haley, ehemals US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Floridas Gouverneur Ron DeSantis in Umfragen überholt und liegt auf dem zweiten Platz.
Haley und DeSantis debattierten in der Nacht zu Donnerstag in der Drake University in Des Moines, der Hauptstadt von Iowa, während Trump gar nicht erst diskutieren wollte und sich lieber in der Downtown auf Einladung von Fox News befragen ließ. Er habe keineswegs vor, ein Diktator zu werden, sagte er, und werde auch keine Rache üben. Er spottete über seine Konkurrenten: Haleys „Stapel von Lügen“ sei so hoch wie DeSantis in Stiefelabsätzen – eine Anspielung auf DeSantis‘ geringe Körpergröße, die er angeblich gerne durch versteckte Absätze in seinen Cowboystiefeln zu kaschieren versuche.
Trump warnte die Republikaner, allzu harsche Anti-Abtreibungsgesetze zu verabschieden und er wies darauf hin, dass er keine Kriege begonnen habe. Haley warf er vor, nicht entschieden genug gegen Migration zu sein; die ihrerseits allerdings, wie DeSantis, Massendeportationen ankündigte. Eine Mauer gegen die Migrantenströme zu bauen, ist Trumps wichtigstes Versprechen. Das sei ihm aber – wie DeSantis bemerkte – schon in seiner Amtszeit nicht gelungen.
Haley und DeSantis bezichtigten einander fortlaufend der Lüge. Alle gegen Trump sieht anders aus. DeSantis warf Haley vor, die Kandidatin der Großindustrie zu sein, während sich Haley mokierte, dass DeSantis nicht einmal seine eigene Wahlkampagne organisieren könne. Während beide Israel unterstützen wolle, ist Haley die einzige, die auch Militärhilfe an die Ukraine leisten würde. Chancenlos sind der Anwalt Asa Hutchinson und der Biotech-Unternehmer Vivek Ramaswamy, dessen Familie, wie die von Haley, aus Indien stammt.

In diesen Tagen wimmelt Iowa von Reporter von überregionalen und regionalen Zeitungen, auch von Radiostationen und Fernsehen, trotz des bitterkalten Wetters. Nach Schneefall und Eisstürmen, die Flughäfen und Straßen stilllegten und das öffentliche Leben weitgehend zum Erliegen brachten, mussten mehrere Veranstaltungen abgesagt werden. Es geht um das erste politische Großereignis im Wahljahr 2024, das im November mit der Präsidentschaftswahl kulminieren wird. Das Augenmerk liegt bei den Republikanern, da die Demokraten den Amtsinhaber Joe Biden aufstellen.
Iowa ist ein ländlicher, überwiegend weißer Staat mit viel Landwirtschaft. Nicht sehr repräsentativ für das bunte Land. Viele Sekten gibt es hier, die bekannteste davon, die Amish, die moderne Technik ablehnen. Iowa war einst ein klassischer Swing State, der mal republikanisch, mal demokratisch wählte. Mittlerweile sitzen die Republikaner hier aber fest im Sattel. Vermutlich mit ein Grund, wieso die Demokraten erstmals nicht offiziell in Iowa in die Vorwahlen starten. Derzeit ist mit Kim Reynolds eine Republikanerin und Trump-Anhängerin am Ruder. Bei den Präsidentschaftswahlen 2016 und 2020 gewann Donald Trump dort.
Der Iowa Caucus – so nennt sich das spezielle Abstimmungsprozedere – ist in den USA einmalig. Weil das Wahlverfahren kompliziert ist, findet die erste Vorwahl eines jeden Präsidentschaftsrennen seit Jahrzehnten zuerst in diesem Bundesstaat statt. Während sonst die registrierten Wähler in Wahllokalen abstimmen, kommen hier Bürger in Gruppen zusammen, um zu diskutieren – in Kirchen, Büchereien, Turnhallen, Privathäusern – und stimmen dann ab. In einer offenen Abstimmung – man hebt die Hand oder stellt sich hinter Schilder, auf denen jeweils die Namen der Kandidaten stehen. Es ist ein umständlicher Prozess, der auch irrtumsanfällig ist. Die einen sehen darin einen urdemokatrischen Wahlablauf – man leistet Überzeugungsarbeit und am Ende gewinnt die beste Idee; die anderen üben Kritik: Es könne Druck ausgeübt werden, Kandidaten mit kleinem, aber eingefleischtem Anhängerkreis würden Kapital aus dem Wahlvorgang schlagen. Iowa ist für den weiteren Verlauf des Wahlkampfs jedenfalls von großer Bedeutung. Wer hier aufzeigt, sichert sich mehr Aufmerksamkeit, findet neue Spender. Dass Trump gewinnt, scheint gewiss. Aber mit welchem Abstand?
Klar ist: Trump führt in den Umfragen. Laut der Wahlplattform FiveThirtyEight sind bundesweit mehr als 60 Prozent der Republikaner für ihn, Haley und DeSantis kommen auf je 12 Prozent. In Iowa liegt Trump bei 52 Prozent, während Haley und DeSantis hier bei rund 17 Prozent stehen. Derweil bleibt weiter offen, ob Trump überhaupt antreten darf. Gegen ihn wird ermittelt, inwieweit in den Putschversuch vom 6. Jänner 2021 verwickelt ist. Zwei Bundesstaaten haben ihm bereits untersagt, zu kandidieren. Nun liegt der Ball beim Obersten Gericht.