Politik

“Wichtig ist, dass wir uns von Terroristen nicht einschränken lassen”

14.08.2024 • 17:59 Uhr
"Wichtig ist, dass wir uns von Terroristen nicht einschränken lassen"
Christoph Wiederkehr ist im Rahmen einer Pressekonferenz zu Gast in Vorarlberg. Stiplovsek

Im Kurzinterview spricht der Wiener Vize-Bürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) über die abgesagten Taylor Swift-Konzerte, Clankriminalität und die Sicherheit in Wien und Vorarlberg.

Letzte Woche machten der vereitelte Terroranschlag in Wien und die dadurch abgesagten Konzerte von Taylor Swift Schlagzeilen. Wie haben Sie die Ereignisse miterlebt?

Christoph Wiederkehr: Die letzte Woche war sehr emotional. Es war echt schockierend, als ich die Information bekommen habe, dass ein Terroranschlag geplant war. Ich bin sehr erleichtert, dass er verhindert worden ist, habe aber volles Mitgefühl mit allen Fans, die nach Wien gekommen sind und sich auf diese Konzerte gefreut haben. Ich finde es wichtig, dass wir uns von Terroristen nicht einschüchtern und in unserer Lebensweise einschränken lassen.
Deshalb haben wir uns auch als Stadtregierung bemüht, schnell alternative Angebote für die “Swifties” in Wien anzubieten – zum Beispiel vergünstigte Eintritte in Bäder und kostenlose Theaterbesuche. Das wurde gut angenommen. Die Community hat auf der Straße gefeiert und es war schön zu sehen, dass sich Wien nicht von Terroristen einschüchtern lässt, sondern die Lebensfreude behält.

ABD0075_20240808 – WIEN – …STERREICH: Taylor Swift-Fans, aufgenommen am Donnerstag, 8. August 2024, in der Wiener Innenstadt. Nach der Festnahme von TerrorverdŠchtigen, die einen Anschlag auf die bevorstehenden Taylor Swift-Konzerte in Wien geplant haben, hat der Veranstalter Mittwochabend die Konzerte in der Bundeshauptstadt abgesagt. – FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER
Zahlreiche Fans von Taylor Swift feierten in den Straßen Wiens. APA/ROLAND SCHLAGER

Das Thema Sicherheit ist in Wien nicht zuletzt durch die Fälle von Clankriminalität präsent. Wie sehen Sie die Lage und was kann die Stadt tun, um gegenzusteuern?

Wiederkehr: Wir haben die letzten Monate tatsächlich eine neue Dimension von Gewalt an öffentlichen Plätzen gesehen. Eine neue Dimension deshalb, weil die Gewalttäter jünger werden – teilweise noch strafunmündig sind – und auch die Art der Aggressivität im öffentlichen Raum zugenommen hat. Für mich ist wichtig, dass alle Menschen in Wien zu jeder Zeit sicher im öffentlichen Raum sein können und dafür braucht es ein massives Sicherheitspaket. Das ist eine Frage der Sicherheitspolitik, dafür ist der Innenminister verantwortlich.
Darum habe ich fünf Punkte vorgeschlagen, was getan werden muss. Einer ist beispielsweise mehr Polizei, denn Wien ist massiv gewachsen, aber die Polizei wurde vom Innenministerium ausgehungert. Als Beispiel: Allein der 10. Bezirk Favoriten ist gleich groß wie Linz, hat aber nur halb so viel Polizei. Wir brauchen für Wien 1000 Polizisten mehr.
Ein zweiter Punkt, den ich vorgeschlagen habe, ist, dass wir auch für strafunmündige Gewalttäter eigene Maßnahmen brauchen. Hier habe ich Neustartprogramme vorgeschlagen, die als eigenes pädagogisches Angebot für diese vor allem jungen Männer dienen soll.

"Wichtig ist, dass wir uns von Terroristen nicht einschränken lassen"
Christoph Wiederkehr im Interview mit der NEUE. Stiplovsek

Ist die Senkung des Strafmündigkeitsalters für Sie ein Thema?

Wiederkehr: Ich halte es nicht für sinnvoll, unter 14-Jährige ins Gefängnis zu geben. Das wissen wir aus internationalen Vergleichen, dort kommt mehr Kriminalität heraus. Aber: Auch unter 14-Jährige müssen Konsequenzen erfahren. Ich wäre dafür, dass ein Jugendgericht Maßnahmen verhängen kann, die nicht Gefängnis bedeuten. Es gab so einen Jugendgerichtshof schon in der Vergangenheit, der wurde durch Schwarz-Blau leider abgeschafft. Stattdessen sollen Jugendliche in Neustartprogrammen ihr Verhalten reflektieren und altersgemäß pädagogisch begleitet werden, um dann einen Neustart in der Gesellschaft schaffen zu können.

"Wichtig ist, dass wir uns von Terroristen nicht einschränken lassen"
Wiederkehr befürwortert die Erhöhung der Polizeipräsenz. Stiplovsek

Durch “Vokus” wurde hier in Vorarlberg die Polizeipräsenz im öffentlichen Raum erhöht. Wie sehen Sie die Initiative und die Sicherheit in Vorarlberg allgemein?

Wiederkehr: Ich glaube, dass eine punktuelle Verstärkung der Polizeipräsenz im öffentlichen Raum wichtig ist. Vorarlberg ist genau wie Wien ein Ballungszentrum und hat auch Herausforderungen. Es ist verständlich, dass in einer Gemeinschaft, die so vielseitig ist, in der viel Zuwanderung herrscht, Konflikte entstehen. Da braucht es einerseits präventive Maßnahmen, Angebote für Bildung und Integration und natürlich auch polizeiliche Präsenz. Trotz dieser Herausforderungen sind wir in Österreich im internationalen Vergleich ein sehr sicheres Land und darauf müssen wir gut achten.