Causa um den Kiesabbau in Altach nimmt neue Dimension an

Die Überschreitung der Abbaugrenzen ist noch deutlicher, als bisher vermutet. Die BLA.G fordert nun Transparenz und einen Stopp für den geplanten zusätzlichen Kiesabbau.
Noch massiver überschritten als bisher angenommen wurden offenbar die bewilligten Kiesabbaumengen in Altach. Das legt eine Anfragebeantwortung der Bürgerliste Altach und Grüne (BLA.G) an Bürgermeister Markus Giesinger (ÖVP) nahe, die Fraktionsobmann Bernie Weber und Gemeinderat Willi Witzemann am Dienstag präsentierten.

Vor rund zwei Wochen sorgte die Fraktion bereits per Aussendung für Aufsehen, wonach der Bürgermeister vor der Gemeindevertretung eine Überschreitung von 36.000 Kubikmetern zugab. Die BLA.G geht jedoch davon aus, dass rund 80.000 Kubikmeter mehr aus dem Abbaugebiet entnommen wurden, als im Bescheid genehmigt. Besagter Bescheid, er liegt der NEUE vor, stammt aus dem Jahr 2009 und bewilligt den Abbau von Kies und Sand im Umfang von 230.000 Kubikmetern. Abzüglich der Waschschlämme und anderer nicht verwertbarer Bestandteile kommt man auf eine Menge von rund 196.000 Kubikmetern Kies.
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Der Anfragebeantwortung zufolge betrug die Gesamtabbaumenge zwischen 2009 und 2020 jedoch rund 311.000 Kubikmeter. Das bedeutet eine Überschreitung der bewilligten Grenze von über 80.000 Kubikmeter beziehungsweise 35 Prozent.

“Die Gemeinde ist aufgrund der jährlichen Abgabe stets darüber informiert, wie viel Kies abgebaut wird. Sie muss gewusst haben, dass zu viel entnommen wurde”, erläutert Bernie Weber. “Die beteiligten Personen waren einerseits der Betreiber des Kieswerks Franz Kopf, zugleich Obmann des Wirtschaftsausschusses und Innungsmeister bei der Wirtschaftskammer. Zur damaligen Zeit war er Vize-Bürgermeister. Andererseits war der jetzige Bürgermeister Markus Giesinger damals Amtsleiter. Was da gelaufen ist, war in vollem Bewusstsein aller Beteiligten”, gibt Weber zu bedenken.

Die Folgen der Überschreitung führen die Gemeindepolitiker ebenfalls an. Einmal wäre da das Thema Hochwasserschutz. Unter der Abbaufläche liegt ein Grundwasserkörper. Durch die rund 70.000 Kubikmeter, die zusätzlich aus diesem Körper entnommen und wieder verfüllt wurden, kann das Wasser nicht mehr so gut versickern. „Die Behauptungen von Bürgermeister Giesinger, dass Umwelt und Natur nicht negativ beeinträchtigt worden seien, sind meiner Meinung nach völlig unhaltbar”, so Bernie Weber.

Zudem macht er darauf aufmerksam, dass rund 10.000 Schwerverkehrsfahrten zusätzlich im Zeitraum des Kiesabbaus hinzukamen. “Wenn man sich überlegt, dass die Lkw-Straße im Kratten gebaut wurde, aber der Verkehr zum Großteil hausgemacht war, ist es natürlich unfassbar”, sagt Weber dazu auf der Pressekonferenz.
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Die Aussage von Bürgermeister Markus Giesinger, wonach es im Interesse des Landes sei, den Rohstoff Kies regional abzubauen, sieht die BLA.G ebenfalls kritisch. Dazu Weber: “Das wäre so, wie wenn die Altacher Bürger künftig eine Etage mehr als im Baubescheid genehmigt auf ihr Haus setzen. Schließlich ist es doch auch im Interesse des Landes, dass verdichtet gebaut wird.”

Nun fordert die BLA.G eine “lückenlose Aufklärung aller Machenschaften rund um den Kiesabbau”. Dazu solle es eine externe Prüfung und die Offenlegung aller betreffenden Zahlen geben. “Im Fußball würde man sagen, da muss sich der VAR einschalten”, zieht Willi Witzemann den Vergleich zum Sport. Außerdem sollen alle politischen Akteure rund um Giesinger und Kopf Verantwortung übernehmen, so die Forderung der BLA.G.

Daneben will die Fraktion auch eine Prüfung erreichen, inwieweit die Übertretung der Abbaugrenzen die Bewertungsgrundlagen für das geplante erweiternde Kiesabbauprojekt zwischen Sauwinkel und Götzner Hof verfälscht hat. In der nächsten Gemeindevertretungssitzung wollen die Vertreter der BLA.G entsprechende Anträge für einen Projektstopp und eine Offenlegung aller Zahlen und Zahlungsflüsse rund um den Kiesabbau einbringen.

Für die Pressekonferenz, die auf einem an das bestehende Abbaugebiet anliegenden Hof abgehalten wurde, waren auch eine handvoll Bürger vor Ort. “Es gibt ein Grubenbuch, das muss an die Öffentlichkeit. Anhand der darin enthaltenen Daten kann man ganz einfach ausrechnen, wie viel abgebaut wurde”, fordert etwa Walter Sandholzer. Helga Sommer moniert die Tatsache, dass es legal möglich ist, entsprechende Bescheide nachträglich zu ändern: “Und dann heißt es, dass es Vorteile für das Land hat, wenn man zu viel abbaut.”

Agnes Hertnagel, die bereits bei der Bürgerinitiative gegen das Lkw-Straßenprojekt Kratten aktiv war, beklagt: “Es geht nur um ein einzelnes Unternehmen und nicht um die Bürger. Deswegen haben wir jetzt eine Lkw-Straße und die Eltern können im Ried nicht mehr mit den Kindern spazieren gehen.”
Markus Giesinger und Franz Kopf waren für die NEUE bislang nicht für eine Stellungnahme erreichbar.