“Mein früherer Berufswunsch war Bundespräsidentin”

In einer neuen Serie portraitiert die NEUE die neuen Abgeordneten zum Vorarlberger Landtag. Zu Beginn ein Besuch bei Karin Feurstein-Pichler in Dornbirn-Mühlebach.
E ine gepflasterte Straßenkreuzung, in deren Mitte ein Brunnen steht. Ringsherum alte, malerische Holzhäuser. Dazu ein Gasthaus und ein „Lädele“ für den täglichen Bedarf. Lässt man den Blick schweifen, sieht man östlich den Karren und den Breitenberg, westlich blickt man auf das Dornbirner Stadtzentrum. Mühlebach ist ein schönes Fleckchen im Rheintal. „Es erinnert mich an den Bregenzerwald, wo ich aufgewachsen bin“, erzählt Karin Feurstein-Pichler, als sie die NEUE in ihrer Wohnung, die sie sich mit ihrem Mann und zwei Katzen teilt, empfängt.

Die 46-Jährige sitzt für die ÖVP neu im Landtag und ist in ihrer Fraktion Sprecherin für die Themen Energie und Arbeitsmarkt. Das Interesse für Politik hat Feurstein-Pichler quasi von zu Hause aus mitbekommen. „Mein Vater war lange Zeit im Gemeindevorstand in Langenegg, das entspricht in etwa der Tätigkeit, die ich aktuell im Stadtrat in Dornbirn ausübe. Außerdem war mein Vater im e5-Team – von daher kommt mein Bezug zum Energie-Thema“, erklärt sie.

Ein erstes Indiz, dass der Weg der Dornbirnerin in die Politik führen könnte, zeigt auch die folgende Anekdote: „In meiner Jugend habe ich in die Freundebücher bei der Frage nach dem Berufswunsch hingeschrieben: Bundespräsidentin.“ Da muss die 46-Jährige schmunzeln: „Das hat sich später wieder verlaufen.“ Statt in der Hofburg zu walten, wirkte sie im Enerige-Aktiv-Team in Langenegg mit, ehe sie 2010 nach Dornbirn zog.

Ihre Leidenschaft für das Thema Energie machte Karin Feurstein-Pichler zum Beruf: Nach dem Studium als Prozess- und Projektmanagerin an der Fachhochschule (FH) in Dornbirn arbeitete sie erst in der Forschung an der FH und danach beim Energieinstitut. „Beim Energieinstitut war ich im Bereich Prozess und Kommunikation in der Energieautonomie des Landes tätig“, erklärt sie. 2015 formulierte das Land Vorarlberg das Ziel, bis 2050 energieautonom zu werden – das heißt, nur so viel Energie zu benötigen, wie aus regionalen, erneuerbaren Energieträgern gedeckt werden kann. Hierbei hilft das Energieinstitut, Maßnahmen zur Erreichung dieses Zieles zu definieren und bei deren Umsetzung mitzuwirken – etwa in Bereichen wie dem energieeffizienten Wohnbau.

Seit 2023 ist Karin Feurstein-Pichler beruflich wieder an der Fachhochschule tätig, nunmehr im Lehrbetrieb. Erst leitete sie den Studiengang Umwelt und Technik, danach den Studiengang Wirtschaftsingenieurswesen. „Auch in diesem Bereich wird das Thema Nachhaltigkeit immer wichtiger“, betont sie.

Für die politische Karriere von Karin Feurstein-Pichler sollte ein bestimmtes Ereignis den Ausschlag geben: „2017 hat sich herausgestellt, dass wir keine Kinder bekommen können. Dadurch hat sich mein Wunsch, politisch aktiv zu werden, verfestigt. Ich wollte etwas für das Gemeinwohl tun. So habe ich bei der Landtagswahl 2019 zum ersten Mal kandidiert.“ Während es mit dem Einzug in den Landtag noch nicht funktionieren sollte, zog Karin Feurstein-Pichler im Jahr darauf bei den Gemeinderatswahlen 2020 als Stadträtin für Digitalisierung und Smart City, Schulen und – natürlich – für Energieeffizienz und Energieautonomie ins Rathaus ein. Bei den diesjährigen Landtagswahlen sollte ihr dann auch der Sprung in den Landtag gelingen.

Auf die Frage nach ihrem politischen Vorbild nennt Feurstein-Pichler zwei Personen: „Bei uns in der Stadt ist es Andrea Kaufmann, weil sie mit ihren verschiedenen Rollen als Stadträtin, Landesrätin, Bürgermeisterin und Chefin des Gemeindeverbands ein wunderbares Vorbild für uns Frauen in der Politik ist. Auch Martina Rüscher ist ein Vorbild, über sie bin ich in den Politiklehrgang für Frauen und so schlussendlich in die Politik gelangt. Wie sie sich für Frauen in der Politik einsetzt und wie verbindend sie in ihren Ressorts agiert, das empfinde ich als sehr nachahmenswert.“

Bei einem so vielschichtigen Aufgabenfeld stellt sich die Frage, womit Karin Feurstein-Pichler abseits von Beruf und Politik abschalten kann. „Ich bin gern in den Bergen und schwimme auch für mein Leben gern“, erzählt sie. Seit einem Jahr geht sie einem neuen Hobby nach: „Als Jugendliche wollte ich immer ein eigenes Pferd haben, wenn ich groß bin. Daraus wurde zwar nichts, aber seit letztem Winter besuche ich ein Mal pro Woche eine Reitstunde.“ Wenn man Karin Feurstein-Pichler außerhalb des Landtages antrifft, dann am wahrscheinlichsten auf dem Karren, im Waldbald Enz oder auf dem Rücken eines Pferdes.
Zur Person
Karin Feurstein-Pichler (*1978) kam in Lingenau zur Welt und wuchs im Bregenzerwald auf. Sie studierte „Process- and Project Management“ an der FH Vorarlberg und war fast zwölf Jahre lang beim Energieinstitut tätig. Seit 2020 ist sie Stadträtin in Dornbirn, seit 2024 ist sie Abgeordnete zum Landtag.