Politik

Sparkurs im Sozialbereich: Hitziger Schlagabtausch und eine lange Liste

07.05.2025 • 16:59 Uhr
Sparkurs im Sozialbereich: Hitziger Schlagabtausch und eine lange Liste
Symbolisch prangte ein langes Plakat der SPÖ am Rednerpult, während Manuela Auer sprach. paulitsch (7)

In der Aktuellen Stunde im Landtag ging es heiß her. SPÖ und Grüne forderten die Rücknahme der Kürzungen, ÖVP und FPÖ verteidigten die Maßnahmen.

Das momentan dominierende politische Thema in Vorarlberg hat am Mittwoch auch in der Aktuellen Stunde des Landtags große Wellen geschlagen. Die SPÖ machte „Zusammenhalt statt herzlose Kürzungen im Sozialbereich“ zum Thema und startete einen ordentlichen Schlagabtausch der Abgeordneten.

“Sozialpolitischer Dammbruch”

SPÖ-Sozialsprecherin Manuela Auer sparte nicht mit Kritik – angefangen mit dem “Finanzdesaster” und den Corona-Förderungen. Hat es so ein ‘Koste es, was es wolle’ jemals im Sozialbereich gegeben?” Damit schlug Auer die Brücke zum “sozialpolitischen Dammbruch”, wie sie die Kürzungen bezeichnet: “1,6 Millionen Euro beim aks, 660.000 Euro bei der Caritas, 590.000 Euro beim ifs, 1,7 Millionen Euro bei der Lebenshilfe”, zählte sie eine Auswahl der Kürzungen auf und summierte: “Insgesamt sind des 5,5 Millionen Euro und es wird noch mehr auf uns zukommen.”

Sparkurs im Sozialbereich: Hitziger Schlagabtausch und eine lange Liste
Manuela Auer (SPÖ) teilte am Rednerpult ordentlich aus.

Wenn Angebote eingeschränkt, Therapiestunden gestrichen, Wartezeiten länger und Werkstätten weniger Tage geöffnet seien, bedeute das für Betroffene weniger Eigenständigkeit, weniger Teilhabe und weniger Lebensqualität. “Für Angehörige, die jetzt schon über ihre Belastungsgrenzen kommen, verschärft sich die persönliche Situation und die Armut. In erster Linie tragen zudem die Frauen die Belastungen”, erinnerte Auer, die festhielt: “Wer bei Sozialeinrichtungen spart, der spart bei der Menschlichkeit. Soziale Verantwortung ist keine freiwillige Aufgabe, sie ist Pflicht.”

Sofortige Rücknahme der Sparmaßnahmen gefordert

Danach gab es eine verbale Attacke in Richtung der Landesregierung: “Sie, Herr Landeshauptmann Wallner, schieben gemeinsam mit der Landesrätin Rüscher den schwarzen Peter den Institutionen zu und sagen, dass sie nicht verstehen, warum sie nicht sinnvoll sparen können. Sie sagen hier nicht Wahrheit – dabei haben Sie die Sparvorgaben gegeben.” Die SPÖ fordere eine “sofortige Rücknahme der Sparmaßnahmen im Sozialbereich und einen Dialog mit allen Beteiligten. Untermalt wurde die Rede von Manuela Auer mit einem Plakat mit der Aufschrift “Das steht drauf – das steckt drin” und einigen Unterpunkten zum Sparpaket, das SPÖ-Klubobmann Mario Leiter am Redepult anbrachte.

Sparkurs im Sozialbereich: Hitziger Schlagabtausch und eine lange Liste
Mario Leiter brachte die Liste am Rednerpult an, Auer dankte für die “persönliche Assistenz”.

Grünen-Sozialsprecherin Christine Bösch-Vetter machte auf den Aktionstag zur Gleichstellung für Menschen mit Behinderung vom Montag aufmerksam: “Ich hatte den Eindruck, dass es vielen Eltern gutgetan hat, zu sehen, dass sie nicht alleine sind.” Besonders berührt haben mich Gespräche mit Eltern, die schon im Pensionsalter sind und die ihren Schmerz darüber zeigen, dass das Land kein verlässlicher Partner mehr ist.” Dass man mit weiteren Einschnitten rechnen müsse, erzeuge bei ohnehin mehrfach belasteten Angehörigen Stress und raube ihnen Energie, die sie zur Bewältigung des Alltags benötigen, so Bösch-Vetter.

Sparkurs im Sozialbereich: Hitziger Schlagabtausch und eine lange Liste
Auch Christine Bösch-Vetter forderte die Rücknahme der Kürzungen.

“Man kürzt und schaut, wo die Dinge implodieren”, warf die Grünen-Abgeordnete der Landesregierung vor. Diese Regierung zeige, wo ihre Priorität liege: “Im Bau von Straßen und Tunnels. Wo sie zuallererst Sparpotenzial sieht, sehen wir auch: Bei Menschen mit Behinderung. Ein Land zeigt seine Stärke nicht an Straßenkilometern, sondern daran, wie man mit den Schwächsten umgeht.” Eindringlich appellierte auch sie: “Nehmen sie die Kürzungen zurück!”

“Soziales Netz muss treffsicher sein”

Fabienne Lackner (Neos) betonte: “Das soziale Netz muss immer treffsicher, stabil und generationengerecht sein.” Die budgetäre Situation sei “nicht vom Himmel gefallen” – man müsse sparen, aber mit Verantwortung. “Natürlich muss man sich jeden Bereich anschauen, aber im Sozialbereich muss man das mit Weitblick und einem klaren Plan machen.” Da stelle sich die Frage, wie viel Plan hinter den aktuellen Maßnahmen stecke. “Man hat als Landesregierung keine Vorgaben oder Priorisierung gemacht und so für viel Verunsicherung bei den Betroffenen gesorgt. Das ist kein geordneter Reformprozess, das ist ein Blindflug.” Lackner forderte einen Reformprozess mit einem Neustart, mehr Transparenz und einer besseren Einbindung der Betroffenen.

Sparkurs im Sozialbereich: Hitziger Schlagabtausch und eine lange Liste
Neos-Sozialsprecherin Fabienne Lackner

Nach dieser Welle an Kritik meldeten sich die Regierungsfraktionen zu Wort. Heidi Schuster-Burda (ÖVP) forderte Zusammenhalt und Sachlichkeit in der Diskussion um die Sozialkürzungen. “Die Situation ist ernst: Die Pandemie, die Energiekrise und die Inflation haben die öffentlichen Haushalte stark belastet. Gleichzeitig steigt der Bedarf und damit die Ausgaben. Die Gesellschaft wird älter, der Pflegebedarf steigt und die sozialen Systeme geraten unter Druck.” 552,3 Millionen Euro seien in diesem Jahr für Soziales vorgesehen: “Das ist ein Plus von 3,7 Prozent.”

Sparkurs im Sozialbereich: Hitziger Schlagabtausch und eine lange Liste
Heidi Schuster-Burda (ÖVP) wies die Kritik zurück.

“Innerhalb der letzten Jahre ist der Finanzierungsbedarf im Sozialfonds um 30 Prozent gestiegen”, erklärte Schuster-Burda und stellte klar: “Es geht nicht um das Sparen, sondern die Kostensteigerung einzudämmen. Wir müssen das soziale Netz langfristig sichern. Das tun wir nicht aus Kaltherzigkeit, sondern aus Verantwortung.” Die Sorgen betroffener Familien über Leistungen, die für sie von zentraler Bedeutung sind, nehme man ernst. Doch über Leistungskürzungen zu sparen, sei nie das Ziel gewesen. Die Kritik, dass Sozialträger nicht eingebunden werden, sei falsch, stellte die ÖVP-Sozialsprecherin klar. Ziel des Sozialfonds sei, zielgerichtet, effizient und nachhaltig zu arbeiten. “Wir müssen nicht einsparen auf Kosten der Schwächsten, aber wir müssen für Transparenz und bessere Koordination sorgen.” Jedes gewachsene System müsse überprüft werden, so Schuster-Burda.

“Finanzielle Belastungen nicht mehr bewältigbar”

Ähnliche Töne schlug Andrea Kerbleder (FPÖ) an: “Gerade in den letzten Jahren sind die Kosten im Sozialfonds massiv gestiegen. Wir müssen alle gemeinsam erkennen, dass diese Entwicklungen so nicht weitergehen können, weil die finanzielle Belastung für das Land und für die Gemeinden so nicht mehr bewältigbar sind.” Klar sei, dass es Einsparungen brauche, damit das soziale Netz und die Leistungen für die Vorarlberger auch in Zukunft sichergestellt sei. Darum brauche es in allen Bereichen strukturelle Reformen, befindet Kerbleder. An die SPÖ richtete die freiheitliche Sozialsprecherin: “Wenn Sie die Landesregierung für ihren Sparkurs kritisieren, würde ich Sie bitten, Ihre Kritik auch an Ihren SPÖ-Finanzminister in Wien zu richten. Denn bei dessen Vorhaben handelt es sich um echte Kürzungen, wenn jetzt die automatische Wertanpassung der Familiensicherung ausgesetzt werden soll.”

Sparkurs im Sozialbereich: Hitziger Schlagabtausch und eine lange Liste
FPÖ-Sozialsprecherin Andrea Kerbleder (links)

Landesrätin Martina Rüscher (ÖVP) äußerte “großes Verständnis für die Sorgen, die ausgelöst wurden.” Enttäuscht sei Rüscher von Manuela Auer: “Warum treten sie so auf, suchen aber nie das Gespräch mit mir?” Die Situation sei herausfordernd: “Uns ist bewusst, dass soziale Sicherheit nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden darf.” Ihr sei “sehr bewusst”, dass jede Kürzung im Sozialbereich Menschen treffe. “Ich bedaure, dass es bei einigen Leistungen zu Kürzungen gekommen ist und dass diese nicht über strukturelle Einsparungen, Rücklagen oder Umschichtungen abgefangen werden konnten”, betonte Rüscher.

Sparkurs im Sozialbereich: Hitziger Schlagabtausch und eine lange Liste

Den Vorwurf der sozialen Kälte weist sie zurück: “Wir schaffen keine Ungleichheit, wir schaffen Prioritäten. Und wir tun das nicht aus Kälte, sondern aus Verantwortung.” Abschließend hielt die Soziallandesrätin fest: “Wir stehen für sozialen Zusammenhalt und daran wird sich nichts ändern.”