BH-Fusionen: “Nicht mehr so denken wie zu einer Zeit, als wir mit Kutschen unterwegs waren”

Die Neos antworten auf die Kritik an der von ihnen vorgeschlagenen Reform der Bezirkshauptmannschaften. Zudem präsentieren sie weitere Anträge und sprechen über Gemeindefusionen.
Einschneidende Reformideen werden nicht überall wohlwollend aufgefasst. Das sieht man aktuell beim Neos-Antrag, die Bezirkshauptmannschaften (BH) in Vorarlberg zu zwei Landesverwaltungsbehörden zu zentralisieren. Herbert Burtscher, Sprecher der Vorarlberger BHs, kritisierte, das Ansinnen mache “keinen Sinn” (die NEUE berichtete).
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Klubobfrau Claudia Gamon verteidigte die Idee am Montag bei einer Pressekonferenz gemeinsam mit dem Landtagsabgeordneten Garry Thür: “Wir können die Verwaltungseinheiten nicht mehr so denken wie zu einer Zeit, in der man mit der Kutsche unterwegs war. Die Wege sind kürzere, viel ist in Vorarlberg auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich. Dafür könnte eine Zusammenlegung tatsächlich zu mehr Service und einer besseren Leistung für die Bürgerinnen und Bürger führen.”

“Wir hören aus Hintergrundgesprächen, dass das Effizienzsteigerungspotenzial enorm ist. Es kann nicht sein, dass man für dieselben Themen in vier verschiedenen BHs vier verschiedene Herangehensweisen hat. Wir glauben, dass man hier Kompetenzen und Know-how an zwei Einheiten bündeln kann, um besser funktionierende Bezirkshauptmannschaften mit besserem Service zu etablieren – und natürlich auch, um Geld einzusparen”, führt Gamon weiter aus.
Welche beiden BH-Stellen aufgelassen werden sollten, beantwortete sie nicht direkt: “Wir sind der Meinung, dass aus vier zwei werden sollen. Wie die aber am besten zusammengelegt werden, das soll man sich einmal wirklich ernsthaft anschauen. Wir sind nicht die Landesregierung, teilweise haben wir gar nicht den Zugang dazu, uns das in dieser Art und Weise anschauen zu können. Deshalb bringen wir konkrete Ideen und die Bereitschaft, sie mitzutragen, wenn sie denn kommen. Was für uns aber nicht reicht, ist einfach nur die Argumentation: Es war immer schon so.”
“Bürger wollen keine Bittsteller sein”
Die Kritik von BH-Sprecher Burtscher, wonach die Schaffung zwei neuer BH-Stellen neue Kosten verursachen würde, sei “absurd”, kommentierte Gamon im Anschluss der Pressekonferenz gegenüber der NEUE. “Der Bürger würde eine Nummer werden und das wollen wir nicht”, äußerte der BH-Sprecher vergangene Woche weitere Bedenken. “In einer professionellen Serviceorganisation kriegen Bürgerinnen und Bürger schon jetzt eine Nummer, damit sie wissen, wann sie dran sind. Ich glaube, was sie wirklich wollen: Dass sie eine Serviceleistung von ihrer Republik erhalten und keine Bittsteller sind. Wir wollen, dass diese Leistungen verbessert sind”, antwortet Gamon darauf.

Im Rechtsausschuss, wo das BH-Thema vergangene Woche behandelt wurde, kam keine Mehrheit für den Antrag der Neos zustande – ebenso wurden vier weitere Anträge der Liberalen abgelehnt. “Das geschah mit der Begründung, dass es einen gemeinsamen Beschluss vom letzten Jahr gäbe, der das alles eigentlich schon erledigt hat”, erklärt Gamon und zitiert: “Die Landesregierung wird ersucht, den Landeshaushalt im Sinne der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Projekts Haushaltskonsolidierung der Firma ICG (…) nachhaltig zu konsolidieren und die dafür notwendigen Strukturreformen in die Wege zu leiten.” Mit dieser Begründung, dass das ausreichen würde, habe man alle diese Anträge abgelehnt.
Transparenz und Digitalisierung
Die besagten vier weiteren Neos-Anträge umfassen weitere Verwaltungs- und Transparenzanliegen. Gamon schlägt einen “Regierungsmonitor” vor, der digital anzeigen soll, wie weit die Vorhaben des Regierungsprogramms umgesetzt sind -grün für “erledigt”, gelb für “in Arbeit” und rot für “noch in Planung”. Hier orientiert man sich am Vorbild Wien – die SPÖ-Neos-Stadtregierung führte ein solches digitales Ampelsystem in der vergangenen Legislaturperiode ein. Außerdem fordert die Neos-Klubobfrau eine Digitalisierungsstrategie “Verwaltung 2035” mit messbaren Kennzahlen und einem jährlichen Fortschrittsbericht. Dadurch soll die Verwaltung digitaler und unkomplizierter werden – Stichwort Bürokratieabbau.

Neos-Budgetsprecher Garry Thür ergänzt die beiden weiteren Vorhaben: Eine transparente Budgetplanung durch öffentliche Datenbank und “klare finanzpolitische Leitlinien”, damit zukünftige Budgets auf Grundlage messbarer Daten geplant werden. “Es braucht eine ehrliche, vorausschauende Finanzpolitik und nicht ein finanzielles Flickwerk wie bisher”, so Thür. Last but not least fordern die Neos eine Evaluierung aller Landesförderungen, abermals mit Veröffentlichung via Transparenzdatenbank.

Der Landesregierung werfen die Pinken “mangelnde Strategien, veraltete Strukturen und versäumte Reformen” vor. Gamon kritisiert: “Das einzige Vorhaben der Landesregierung war bisher, die Genehmigungen von Schneekanonen zu verlängern. Ansonsten kommt von ÖVP und FPÖ rein gar nichts.”
Braucht es 96 Gemeinden?
Bei großen Verwaltungsreformen fällt immer wieder auch die Idee von Gemeindezusammenlegungen. Auf Nachfrage der NEUE erklärt Gamon: “Wir glauben, dass man sich vor dieser Diskussion nicht drücken darf. Manche Gemeinden tun sich aktuell schwer, dieselben Services bieten zu können, weil die Aufgaben und Herausforderungen gewachsen sind.” Als Beispiel nennt sie die Kinderbetreuung. “Wer nicht bereit ist, solche Dinge anzusprechen, will nicht, dass es den Gemeinden besser geht”, so das Fazit der Neos-Klubobfrau. Über das Thema Gemeindefusionen werde man auch auf der nächsten Neos-Bundesversammlung diskutieren, fügt sie hinzu.