Chapeau, Adi Hütter!

Vor fast auf den Tag genau neun Jahren, am 11. April 2012, unterschrieb Adi Hütter einen Vertrag beim Zweitligisten Grödig, nachdem er eine Woche zuvor in Altach entlassen wurde, weil der Aufstieg in die Bundesliga zu scheitern drohte. Viele wähnten Hütters Trainer-Karriere mit seinem Wechsel nach Grödig in einer Sackgasse. Hinter vorgehaltener Hand gab es da und dort regelrecht Spott für Hütter. In Wahrheit wäre der Altacher ohne diesen Wechsel nicht das, was er spätestens jetzt mit dem Wechsel zu Borussia Mönchengladbach ist: ein internationaler Top-Trainer. Hütter führte Grödig nicht nur in die Bundesliga, sondern gar in den Europacup. Der Erfolgscoach spürte damals instinktiv, dass mit Grödig nicht mehr möglich war und ließ seinen Vertrag auslaufen – ohne eine andere Option zu haben. Tage später meldete sich Red Bull Salzburg bei ihm, wo er das Double holte und trotzdem schon nach einem Jahr aus freien Stücken wieder ging.
Im September 2015 folgte der Wechsel zu den Young Boys nach Bern, wieder irrten sich die vielen, die glaubten, er hätte falsch entschieden. Als die NEUE Hütter am 10. Februar 2016 für eine Reportage in Bern besuchte, erklärte der Altacher, dass sich seit seinem Wechsel zu Bern die österreichische Presse nicht mehr für ihn interessiert habe. Er sprach auch offen darüber, dass er in seinen Anfangsjahren als Trainer Fehler gemacht hätte. Und fürwahr: Sein Charme war einst rau. Auf Interviewfragen konnte er jederzeit die Gegenfrage stellen, ob das nun wirklich interessant genug sei, um darüber zu sprechen. In solchen Situationen brauchte es vom Fragesteller Selbstbewusstsein und das Gespür, dass diese Reaktion eher ein Schutzmechanismus, denn eine echte Abweisung war.
An jenem Februartag in Bern jedenfalls wirkte Hütter aufgeräumt, gelöst, zielbewusst, klar; es war mit Händen greifbar, dass er Karriere machen würde. Zwei Jahre später, im Frühjahr 2018, führte er YB zum ersten Meisterteil seit 1986 – und wieder verließ er am Höhepunkt seines Wirkens den Verein, wechselte in die Deutsche Bundesliga zu Eintracht Frankfurt. In seiner dritten Saison bei den Hessen ist Hütter jetzt drauf und dran, die Eintracht in die Champions League zu führen. Wieder geht er am Höhepunkt. Wieder wechselt er mit Borussia Mönchengladbach zu einem Verein, der vermeintlich einen Abstieg darstellt: Die Fohlen liegen nur auf Rang acht. Doch das Potenzial von Gladbach ist ungleich größer als das von Frankfurt, zumal die gesamte sportliche Leitung die Eintracht verlässt. Gladbach ist ein Traditionsverein, Gladbach ist Netzer, Heynckes, Vogts, Simonsen, Matthäus, Effenberg. Adi Hütter steht für Systemfußball, für Pressing, Gegenpressing, Angriffsfußball, für Mut. Hütter-Fußball ist Spektakel, und auch wenn es wie ein Gegensatz klingt: gepaart mit einem nüchternen taktischen Abwägen, was clever und was möglich ist. Setzt er diesen Weg in Gladbach fort, wird er endgültig in den Fokus von international titelfähigen Top-Klubs kommen.
Und es steht außer Zweifel, dass Hütter mit seinem Plan von Fußball in Gladbach Erfolg haben wird. Vorarlberg kann stolz auf Adi Hütter sein. Denn der Mann ist nicht nur zu einem großen Trainer gewachsen, sondern auch zu einer Persönlichkeit. Chapeau, Adi!