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“Ich lege für Kleber meine Hand ins Feuer”

22.09.2024 • 09:33 Uhr
"Ich lege für Kleber meine Hand ins Feuer"

VEHV-Präsident Simon Schwark bezieht im Sport-Talk sehr offensiv Stellung zum Eishockey-Leistungszentrum.

Der Vorarlberger Eishockeyverband wird 70 Jahre. Gestern waren auf dem Dornbirner Marktplatz Kinder in Eishockeymontur zu sehen. War das eine Aktion im Rahmen der Feierlichkeiten?
Simon Schwark
: So ist es. Wir wollen nämlich in unserem Jubiläumsjahr nicht uns als Verband in den Vordergrund stellen, sondern die Kinder – sie sind die Zukunft des Eishockeysports. Deshalb wollten wir mit dieser Aktion die Nachwuchsarbeit im Vorarlberger Eishockey sichtbar machen. Unser Verbandssponsor „Vo üs“ hat uns Learn-to-Play-Dressen zur Verfügung gestellt. Über 50 Kinder waren dabei. Wir haben uns am Kirchplatz getroffen, dort haben sich die Kinder umgezogen, und danach begann ein Marsch zum Marktplatz und wieder zurück. An einem Infostand haben wir die Menschen über unsere Arbeit informiert. Es ging bei der Aktion nicht um einzelne Vereine, sondern um das Gemeinsame. Deshalb waren die Kinder in einem einheitlichen Dress gekleidet und hatten nicht ihr Vereinsdress an. Die teilnehmenden Vereine durften mit ihrem Maskottchen auftreten und auch Flyer verteilen, das schon, aber es ging darum, Brücken zu bauen. Wir haben von Manuel Ganahl und Dominic Zwerger ein ÖEHV-Trikot an zwei Kinder verschenkt, die von allen Nationalspielern unterschrieben waren. Wir wollen gerade bei den Kleinsten einfach neue Wege gehen.

Eishockey: Kindermarsch am Marktplatz, Etwa 40 Kinder laufen in Eishockey-Montur über den Marktplatz.
Etwa 15 Kinder nahmen am Marsch über den Dornbirner Marktplatz teil.Philipp Steurer.

„Learn to play“ ist ein weltweites Programm im Eishockey, das sich an Kinder von sechs bis neun Jahren richtet.
Schwark:
Genau. Wir werden in dieser Saison sechs, sieben Turniere für Kinder dieser Altersgruppe ausrichten, im Gespräch ist zum Beispiel eine Zusammenarbeit mit dem Tiroler Verband. Außerdem können wir uns eine Kooperation mit dem Inlinehockeyclub IHC Wolfurt Walkers vorstellen, der Verein veranstaltet im Sommer ja immer ein Turnier, an dem viele Vorarlberger Eishockeyspieler teilnehmen. Eine Kooperation mit den Walkers wäre genau so ein Brückenschlag, wie wir ihn wollen: Im Winter können die Kinder Eishockey spielen, im Sommer Inlinehockey. Beide Sportarten würden davon profitieren. Es geht darum, so viele Kinder wie möglich fürs Eishockey zu begeistern, schon im Bambini-Alter. Denn wir haben im Vorarlberger Eishockeyverband mit dem neugegründeten Eishockey-Leistungszentrum sehr viel vor in der Nachwuchsarbeit. Die Ideen haben wir, jetzt brauchen wir möglichst viele eishockeybegeisterte Kinder, um so viele Mannschaften wie möglich aufzubauen.

Was das Stichwort ist. Der Vorarl­berger Eishockeyverband hat unter maßgeblicher Beteiligung der Pioneers Vorarlberg und des EC Bregenzerwald im Frühjahr das Eishockey-Leistungszentrum ins Leben gerufen. Mit welchem Konzept wird beim ELZ die Nachwuchsarbeit umgesetzt?
Schwark:
Unser Ziel ist ein Drei-Säulen-Konzept. Die erste Säule deckt den Profisport auf Nachwuchsebene ab. Aktuell stellen wir eine U15, die an der österreichischen U15-Bundesliga teilnimmt. Mittelfristig wollen wir Vorarlberger Auswahlen in den Altersklassen U14, U15, U16, U18 und U20 formen, aber das wird Zeit brauchen. Wir werden unseren Weg Schritt für Schritt gehen. Für nächstes Jahr haben wir anvisiert, eine zweite Mannschaft auf die Beine zu stellen, das wird entweder eine U14 oder eine U16 sein, oder gegebenenfalls sogar eine U18. Das ist noch offen. Unser Ziel ist es, den Vorarlberger Nachwuchsspielern eine so professionelle Ausbildung zu bieten, dass sie nicht schon ab der U14 in die Schweiz, zu Salzburg oder zum KAC abwandern. Das ist momentan nämlich die Realität in Vorarlberg.

Wie viele junge Talente verlassen denn jährlich Vorarlberg?
Schwark:
In diesem Jahr waren es in den Jahrgängen U14 bis U16 fünf Spieler. Je nach Standpunkt ist das viel oder nicht viel. Aber es ist um jeden einzelnen Nachwuchsspieler schade, der Vorarlberg verlässt, nur weil wir hier bislang keine passende Ausbildung bieten konnten. Deshalb wollen wir mit dem ELZ eine Akademie auf die Beine stellen, die eine bestmögliche altersgerechte Förderung der Kinder und Jugendlichen bietet; samt eben den Spielen in den jeweiligen Altersklassen der österreichischen Bundesliga – und damit auf einem sehr hohen Wettbewerbsniveau.

"Ich lege für Kleber meine Hand ins Feuer"
Schwark lag einiges auf dem Herzen beim Sport-Talk. Klaus Hartinger

Heißt das im Umkehrschluss, dass es das Ziel des ELZ ist, es in Zukunft mit der Akademie von Salzburg aufnehmen zu können?
Schwark:
Nein, das heißt es nicht, das wäre vermessen.

Aber wenn ein Nachwuchstalent ein Angebot bekommt von Salzburg, um bei dem Beispiel zu bleiben, warum sollte es dann in Zukunft in Vorarlberg bleiben?
Schwark:
Weil das Kind auch bei uns in der Bundesliga spielen kann, auf hohem Niveau ausgebildet wird, bei seinem Verein bleibt, nicht aus dem Familien- und Freundeskreis herausgerissen wird. Wir haben eine Kooperation mit den Bulldogs, mit dem EC Bregenzerwald und den Pioneers Vorarlberg. Unser Ziel ist es, dass die Kinder bis zur Profistation in Vorarlberg bleiben.

Sie sprechen einen wichtigen Punkt an: Die Kinder bleiben bei ihrem Stammverein gemeldet, trainieren und spielen aber beim ELZ. Was bedeutet das in der Praxis?
Schwark:
Wenn ein Kind ein so außergewöhnliches Talent hat, dass es beim Verein nicht so gefördert werden kann, wie das nötig ist, kann es bei uns an einem Sichtungstraining teilnehmen. Nach dieser Sichtung nehmen wir die größten Talente beim ELZ auf, bei uns bestreiten diese Kinder wöchentlich drei Trainings plus ein bis zwei Spiele, und das zusätzlich zu ihrem Pensum beim Verein. Die Kinder können nämlich bei ihrem Stammverein weiterhin mittrainieren und mitspielen. Wobei unsere erste Erfahrung zeigt, dass die Trainingsqualitiät und Trainingsintensität beim ELZ so hoch sind, dass sich die Kinder eher auf ihre Trainingsarbeit bei uns konzentrieren, wobei das jeweils die persönlichen Entscheidungen der Kinder sind.

Bei der VFV-Fußballakademie ist es so: Die Jugendlichen bleiben bei ihren Vereinen gemeldet und können, sofern sie im Spielbetrieb der AKA nicht zum Einsatz kommen, für ihren Stammverein spielen.
Schwark:
Wir wollen uns schon eher in die Richtung der Eishockey-Akademie von Red Bull Salzburg entwickeln, mit dem großen Unterschied, dass die Akademie in Salzburg an einen Verein gekoppelt ist und bei uns das ELZ vom Vorarlberger Eishockeyverband getragen wird.

Wie viele Kinder betreut das ELZ aktuell?
Schwark:
25, wir stehen ja erst ganz am Anfang unseres Weges.

Wir sind bei den drei Säulen stehen geblieben.
Schwark:
Bevor ich zur zweiten und dritten Säule komme, möchte ich zur ersten Säule, der Ausbildung von potenziellen Profispielern, noch etwas anmerken. Anders als andere Nachwuchs­ausbildner aus der Region sind wir der Meinung, dass Kinder, die Profis werden wollen, sich spätestens ab der U15 an das Leben eines Profis gewöhnen müssen. Dazu gehört es, dass man Spiele in der Steiermark, Wien oder Kärnten bestreitet. Wenn man diese Reisebereitschaft als 15-Jähriger nicht hat, wird man sie mit 19 auch eher nicht aufbringen.

Die U15 des ELZ spielte vergangenes Wochenende in Graz. Wie läuft eine Auswärtsfahrt ab?
Schwark:
Die Fahrt wird vom Verband durchgeführt. Die Kinder steigen in den Bus ein, tragen wie die Profis eine einheitliche Ausgehbekleidung, das Essen und die Unterkünfte sind organisiert, die Spieler werden von Trainern begleitet, die den Ablauf vorgeben. Ob die Kinder für eine Fahrt in die Schweiz zwei Stunden im Bus sitzen oder für eine Anreise nach Graz sechs Stunden macht keinen wesentlichen Unterschied aus. Unterwegs sind sie so und so.

"Ich lege für Kleber meine Hand ins Feuer"
Schwark erklärt das Drei-Säulen-Konzept des ELZ. Klaus Hartinger

Die zweite und dritte Säule?
Schwark:
Bei der zweiten Säule widmen wir uns dem Breitensport, was es so bisher noch gar nicht gab. Mit dieser Säule möchten wir diejenigen Kinder im Eishockey halten, die gar nicht Profis werden wollen – weil sie nicht die Zeit und den Antrieb haben, drei Mal wöchentlich zu trainieren und am Wochenende zwei Spiele zu bestreiten. Es gibt Jugendliche, die haben schon sehr früh einen konkreten Berufswunsch oder eine erste Freundin, nicht jeder Jugendliche, der gerne Eishockey spielt, träumt davon, eines Tages in der ICE Hockey League zu spielen. Nicht wenige wollen einfach aus Spaß Eishockey spielen. Und genau für diese Jugendlichen ist die zweite Säule gedacht: Sie bekommen ein Mal wöchentlich in Hard ein Training, bald wollen wir einen zweiten Standort anbieten. Sobald wir einen gewissen Zulauf haben, werden wir auch Spiele organisieren. Perspektivisch sollen diese Jugendlichen dann in den Vorarlberger Landesligen unterkommen, was auch dringend notwendig ist, denn die Mannschaften in den Ligen VEHL 1, 2, 3 und 4 werden immer älter, ohne junge Spieler sterben diese Breitensportbewerbe aus. Die dritte Säule ist als Zwischenstufe zwischen unserer Profiausbildung und dem Breitensportangebot angedacht. Es gibt ja einen regionalen Ausbild­ner, der auf durchaus gutem Niveau eine Nachwuchsausbildung anbietet, aber den Spielbetrieb auf die Grenzregion beschränkt. Diese Ausbildungsschiene, die meiner Meinung nach nicht auf die Entwicklung von Profispielern abzielt, aber auch keine reine Hobbyspieler hervorbringt, könnte eines Tages zum Bindeglied zwischen unserer Profi- und Breitensportsäule werden.

Sie sprechen vom Rheintal Future, bei dem sich Dornbirn, Hard, Hohenems, Lustenau und Widnau zusammengeschlossen haben. Inwieweit stellt das ELZ eine Konkurrenz zu Rheintal Future dar?
Schwark:
Wir sehen uns überhaupt nicht als Konkurrenz, im Gegenteil, von unserer Seite sind die Türen offen. Wir haben alle Vorarlberger Vereine zur Zusammenarbeit eingeladen, einige Vereine haben dieses Angebot angenommen, andere noch nicht.

Wie finanziert sich denn das ELZ?
Schwark:
Wir haben Sponsoren, außerdem erhalten wir als Eishockeyverband eine Landesförderung für das Eishockey-Leistungszentrum. Einen Teil des Budgets machen die Beiträge der Vereine aus, die ihre Kinder zu uns ins ELZ weiterreichen.

Das heißt also: Vereine, die ihre Kinder mit einem Zusatztraining beim ELZ fördern wollen, zahlen diese Ausbildung beim ELZ mit?
Schwark:
So ist es. Natürlich müssen diese Vereine einen Beitrag leisten, weil wir dann ja ihre Nachwuchsarbeit bei den betreffenden Spielern übernehmen.

Der Vorstand des Vorarlberger Eishockeyverbands setzt sich aus Funktionären des EC Bregenzerwald und zwei ÖVP-Politikern zusammen. Der ECB stellt mit Florian Kleber den Präsidenten für den Fachbereich Leistungssport sowie Mario Kleber und Wolfgang Mitgutsch. Sie sind als Präsident des Fachbereichs Breitensport für die ÖVP in der Dornbirner Stadtvertretung, Vizepräsident Michael Felder ist in Bregenz für die ÖVP Sportstadtrat. Wie ist es zu dieser Konstellation gekommen?
Schwark:
Ich war ja schon zwischen 2018 und 2020 VEHV-Präsident und bin dann nach internen Unstimmigkeiten zurückgetreten. Im Frühjahr 2023 hat mein Nachfolger Reinhard Pierer resigniert. Danach wurde ich gefragt, ob ich mir eine Rückkehr vorstellen kann. Florian Kleber und ich haben dann einen Wahlvorschlag erarbeitet, dem natürlich Personen unseres Vertrauens angehörten. Ich erkläre gerne, warum Michael Felder auf meinen Vorschlag hin dem Vorstand angehört: Wir zwei sind eng befreundet, es ist bekannt, dass er mein Trauzeuge war. Ich wollte, dass wir im Vorstand einen Politiker haben, der sich im Förderwesen auskennt, der politische Verbindungen hat. Michael hat sich perfekt angeboten, denn als Sportstadtrat in Bregenz bringt er all das mit, außerdem gibt es in Bregenz keinen Eishockeyverein, dadurch ist er neutral. Und so ist das auch bei Florian, der aus seinem Umfeld Personen vorgeschlagen hat. Ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass weder Florian noch Mario Kleber und auch nicht Wolfgang Mitgutsch ihre Position im Verband dafür ausnutzen, um dem EC Bregenzerwald einen Vorteil zu verschaffen. Ich weiß, dass es diesen Vorwurf gibt, aber kein einziger Verein hat einen Gegenvorschlag zu unserem Wahlvorschlag gemacht.

"Ich lege für Kleber meine Hand ins Feuer"
Schwark glaubt, dass die Zukunft der ÖEL in Gefahr ist. Klaus Hartinger

Der österreichische Eishockeyverband hat angekündigt, zur Saison 2025/26 eine neue Ligenstruktur aufzubauen. Konkret will der ÖEHV eine semiprofessionelle nationale Liga als Alternative zur Alps Hockey League anbieten. Wissen Sie mehr?
Schwark:
Nein. Ich bin im Austausch mit dem ÖEHV, aber die Ankündigung hat uns überrascht.

Der EHC Lustenau, das KAC Future Team und die Steel Wings Linz sind bereits in dieser Saison nicht mehr dabei. Nach NEUE-Informationen plant ein weiterer österreichischer Verein nächstes Jahr den Ausstieg, zudem läuft der Ligavertrag 2025 aus. Hat die Alps Hockey League in der jetzigen Form eine Zukunft?
Schwark:
Ich glaube, dass viel eher die ÖEL vor dem Zusammenbruch steht. In dieser Saison haben Hohenems und Lustenau so starke Kader, dass beide als Finalisten praktisch schon feststehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass den anderen ÖEL-Vereinen diese Zustände gefallen. Die Alps Hockey League wird sicher bestehen bleiben, leider wird der österreichische Einfluss sehr gering sein.

Den schwindenden österreichischen Einfluss in der Alps Hockey League hat ECB-Präsident Guntram Schedler ja schon 2019 kritisiert, als Österreich den Ligavorsitz verloren hat. Schedler munkelte, dass sich der italienische und slowenische Verband zukünftig absprechen.
Schwark:
Dass der ÖEHV den Ligavorsitz verloren hat, war sicherlich ein herber Schlag, aber es hilft eben auch nicht, wenn reihenweise österreichische Vereine aus der Liga austreten.

2020 stiegen die Vienna Silver Capitals aus, mit dem Einstieg der Pioneers ging 2022 auch der AlpsHL-Standort Feldkirch verloren.
Schwark:
Trotzdem wäre ich überrascht, wenn im kommenden Jahr ein weiterer österreichischer Verein aus der Alps Hockey League aussteigt. Die Liga funktioniert, auch wenn Korrekturen nötig sind. Ich sehe für ambitionierte österreichische Vereine keine Alternative auf diesem Niveau, die italienischen Vereine haben eine Alternative, nämlich die Neugründung der Serie A, Sie haben bestimmt von diesen Gedankenspielen gehört. Es ist im Moment noch völlig unklar, wie diese neue Liga aussehen soll, die der ÖEHV plant. Wir brauchen in Österreich einen qualitativ hochwertigen Unterbau zur ICE-Liga, der finanziell natürlich stemmbar sein muss. Was wir aber nicht brauchen, ist eine Amateurliga als zweite Spielstufe, weil dann der Weg nach oben in die ICE Hockey League abreißt, was schlecht für unseren Nachwuchs wäre.