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„Mit unserem Jahrgang fing alles an“

16.02.2025 • 15:52 Uhr
„Mit unserem Jahrgang fing alles an“
Robert Weber am Einführungsabend der Wall of Fame, dem 7. Februar, im Kreise der Harder Legenden in der Kabine. Klaus Hartinger

Vorarlbergs Handball-Titan Robert Weber (39) wurde zusammen mit zehn anderen Legenden in die neue Wall of Fame des Alpla HC Hard eingeführt. Ein Gespräch.

Sie wurden am 7. Februar in der Sporthalle am See in die Wall of Fame des Alpla HC Hard eingeführt. Wie fühlt es sich an, als lebende Legende?
Robert Weber: Es ist schon noch ein komisches Gefühl. Der ganze Abend war eine völlig neue Erfahrung für mich, denn es war tatsächlich das erste Mal, dass ich live in der Sporthalle am See ein HLA-Spiel von Hard gesehen habe. Ich war in den vergangenen Jahren schon ein paarmal in der Halle, so ist es nicht – mein Sohn spielt in Dornbirn, dadurch war ich an Jugendspieltagen da. Doch ich war eben noch nie bei einer Partie der Harder Kampfmannschaft in der Halle. Das liegt daran, dass ich selbst noch spiele: Ich bin gerade erst zum Schweizer Erstligisten TSV St. Otmar St. Gallen gewechselt. Das Halbjahr davor habe ich in der NLB gespielt. Und dann ist es eben so, dass ich zwar wieder in Vorarlberg bin, sich aber die Spielpläne oft überschneiden. Außerdem möchte ich die wenige Freizeit, die mir bleibt, mit meiner Familie verbringen. Ich erlebe gerade durch den Spielbetrieb und meine Polizeiausbildung in der Schweiz eine sehr intensive und zeitraubende Doppelbelastung. Das alles ist schon sehr fordernd.

Empfinden Sie es als Ehre, dass Sie in die Wall of Fame des Alpla HC Hard aufgenommen worden sind und Ihr Bild nun in der Sporthalle am See hängt?
Weber: Selbstverständlich, als ganz große Ehre sogar. Ich habe mich sehr gefreut, als ich davon erfahren habe. Denn mal ehrlich: Ich kann wahrscheinlich von den Jungs, die zu Legenden gekürt wurden, am wenigsten als Spieler beim Alpla HC Hard selbst aufweisen – ich wurde nur je ein Mal Meister und Cupsieger mit Hard. Aber ich glaube, es ist nicht arrogant zu behaupten, dass unser Nachwuchsjahrgang von damals um Oliver Drechsel, Michael Jochum und des Weiteren mir die erste sehr erfolgreiche Harder Jugendmannschaft war. Ich kann mich erinnern, zu meiner Anfangszeit haben wir mit der ersten Mannschaft noch in Deutschland gegen Wangen oder Biberach gespielt. Da hat dann die Erfolgsgeschichte des Alpla HC Hard angefangen, was nicht zuletzt an Gründungspräsident Hans Wolff lag, dessen Söhne auch in der damaligen Jugendmannschaft gespielt haben. Dieser Jahrgang hat es dann geschafft, den Verein auf eine andere Ebene zu heben. Ich muss da einen großen Dank an Olli Drechsel aussprechen. Er hat mich von klein auf, ich war sieben, bis hoch in die erste Mannschaft mitgezogen. Ein großer Teil dieser damaligen Nachwuchsmannschaft hat dann in Hard in der HLA Fuß fassen können.

Wären Sie ohne Hard der Handballspieler, der Sie heute sind, also zum Beispiel der fünftbeste Torschütze in der Geschichte der deutschen Handballbundesliga?
Weber: Ohne Hard? Auf keinen Fall. Ohne Hard wäre ich gar kein Handballspieler geworden. Hard ist mein Heimatverein – und es ist auch kein Geheimnis, dass ich gerne in Hard meine Karriere beendet hätte und damit dort, wo alles angefangen hat. Ich bin damals durch Michi Jochum zum HC Hard gekommen, mit dem ich ins Sportgymnasium gegangen bin, er hat mich zum Handball nach Hard gebracht. Für mich hat es als Jugendlicher nur den HC Hard gegeben, für mich wäre kein anderer Verein infrage gekommen. Wir hatten so ein Freundschaftsgefüge in der Mannschaft, das war die Basis für alles. Jetzt fügt sich alles wieder so ein bisschen zusammen. Ich wohne wieder in meiner Heimat, treffe Michi Jochum manchmal – und bin in die Wall of Fame aufgenommen worden und damit, wie Sie am Anfang so schön sagten, zur Legende erklärt worden. Das ist unvorstellbar. Als Jugendlicher hätte ich mir das nie träumen lassen.

„Mit unserem Jahrgang fing alles an“
Robert Weber und Golub Doknic begrüßen sich. Klaus Hartinger

Sie haben es schon so ein bisschen anklingen lassen: Was wäre der Alpla HC Hard ohne den Nachwuchsjahrgang 1985, dem Sie damals angehörten – stünde der Hard da, wo man jetzt steht?
Weber: Vermutlich nicht. Das ist aber nur eine Behauptung, weil alles so gekommen ist, wie es gekommen ist, kann das Gegenteil nicht bewiesen werden. Hard hat so viele Titel gesammelt: Mich macht es stolz, dass ich beim ersten Titel, dem Meistertitel im Jahr 2003, als 17-Jähriger dabei sein durfte und sogar eine Rolle gespielt habe. Danach haben wir in der Champions League ge­spielt. Damals hast du gespürt, dass hier was entsteht, dass der Verein Ambitionen hat, sich entwickeln will. Hard war danach über viele Jahre hinweg das Nonplusultra in Österreich, was ich aus der Ferne natürlich mitverfolgt habe, also, wie man Bregenz als Dominator ablöste und etliche Titelgewinne feiern konnte.

Sie sind der perfekte Stichwortgeber, das ist meine nächste Frage: Wie eng haben Sie die Entwicklung des Alpla HC Hard verfolgt?
Weber: Ich behaupte jetzt einfach mal, mir ist nie etwas Relevantes entgangen – weil ich absolut handballverrückt bin. Ich bin über jeden meiner Ex-Vereine informiert. Sei es Magdeburg, Olympiakos, die Füchse Berlin oder der Alpla HC Hard. Ich bin eigentlich mit allen meinen Ex-Vereinen auf irgendeine Art in Kontakt. Natürlich hängt mein Herz auf eine ganz spezielle Weise am HC Hard. Das heißt nicht, dass ich mir in meiner Zeit in Magdeburg oder Berlin ganze Spiele von Hard angeschaut habe, es waren dann einfach mal ein paar Minuten, aber ich kannte eigentlich immer die Ergebnisse, die besten Torschützen, den Tabellenstand. Das gab es nie, dass ich nach einer Saison nicht wusste, was Hard erreicht hat.

Gab es denn wen am Legenden­abend, auf den Sie sich ganz besonders gefreut haben?
Weber: (überlegt) Das war Michi Jochum, auch wenn ich ihm davor schon einige Mal im Sommer am See über den Weg gelaufen bin. Mit den anderen habe ich ab und zu mal Kontakt, aber Michi Jochum ist ein ganz besonderer Mensch in meinem Leben: Er ist mein erster und längster Schulfreund, mit ihm bin ich in Hard-Markt schon in die Volksschule gegangen. Ich habe mich tatsächlich ganz besonders darauf gefreut, mit ihm ein Gläschen Wein zu trinken; und das haben wir auch. Wir haben gefeiert, dafür waren wir ja auch an dem Abend da in der Sporthalle am See. (lacht)

„Mit unserem Jahrgang fing alles an“
Die Harder Wall of Fame. Klaus Hartinger

Wäre es vorstellbar für Sie, dass Sie, wie etwa Michael Knauth, eines Tages eine Funktion beim Alpla HC Hard übernehmen?
Weber: Sag niemals nie. Ich bin noch jung, alle Möglichkeiten stehen offen. Ich würde nie dazwischen grätschen und jemand den Posten streitig machen, aber falls eines Tages meine Rückkehr in den Verein gewünscht wäre, hätte ich ganz sicher ein offenes Ohr. Es ist offen gestanden sogar mein Traum, auf Vereinsbasis meine Erfahrungen und mein Herzblut einzubringen, auch mein Studium ging ja in diese Richtung: Ich habe Sportmarketing studiert. Aber noch bin ich selbst aktiv.

Sie können es noch nicht lassen, oder?
Weber: Es ist tatsächlich so, trotz meines schon höheren Alters als Handballspieler: Wenn ich eine Sporthalle betrete, werde ich wieder ein kleines Kind. Dann brennt meine Begeisterung für den Sport und den Handball in mir. Ich weiß gar nicht so recht, woran das liegt, vielleicht hat es damit zu tun, dass ich noch so topfit bin und keine Beschwerden habe. Wenn der Rücken oder das Knie zwicken würde oder ich andere chronische Wehwehchen hätte, wäre es wahrscheinlich anders. Aber so? Durch meinen Wechsel zum TSV St. Otmar St. Gallen habe ich wieder neue Leute kennengelernt. Gleichzeitig erlebe ich gerade wieder, wie klein doch die Handballwelt ist. Der Berater eines Mannschaftskollegen in St. Gallen war bei Magdeburg mein Mitspieler. Nein, im Moment bin ich noch nicht bereit, meine Karriere zu beenden.

Was ich verstehen kann: Wenn Sie jetzt aufhören würden, käme womöglich eines Tages der Augenblick, in dem Sie Ihr zu frühes Karriereende bereuen würden.
Weber: So ist es, und dann gäbe es wahrscheinlich keinen Weg zurück mehr. Solange ich noch kann und mich noch wer nimmt, möchte ich weiterspielen.

So gesehen kommt diese Art Interview viel zu früh, und doch: Was ist denn die erste Erinnerung, die Ihnen zu Ihrer Zeit beim Alpla HC Hard einfällt?
Weber: Das ist tatsächlich das Meisterschaftsfinale 2003 gegen Linz. Damals haben wir noch in Lustenau gespielt. Ich bin in der Saison als 17-Jähriger im Oberen Playoff zum Einsatz gekommen, weil Emanuel Ditzer eine Daumenverletzung hatte. Rechtzeitig zum Finale ist er wieder fit geworden. Natürlich bin an „Emse“ Ditzer nicht vorbeigekommen. Er hatte Weltklasse-Format, war in der Nationalmannschaft ein wichtiger Spieler. Aber es war eine große Ehre für mich, von ihm lernen zu können. Ich bin ja schon mit 15 in die HLA-Mannschaft gekommen, Trainer Frank Bergemann hat mir das Vertrauen geschenkt. Dank ihm hatte ich die Chance, mir von Ditzer einiges abschauen zu können; das war unbeschreiblich wertvoll. Bis ich es dann geschafft habe, mich durchzukämpfen. Dieser Schritt ist in einer Karriere natürlich ganz wichtig. Das sind so die Erinnerungen. Als wir 2003 Meister wurden, sind wir von Lustenau zurück nach Hard-Mittelweiherburg, die Sporthalle am See gab es damals noch nicht, und haben dort feuchtfröhlich gefeiert.

Handball Liga Austria
Weber im Dress der Harder – im Derby gegen Bregenz im Dezember 2007. Stiplovsek

Sie sind damals im Finale aber schon kurz zum Einsatz gekommen.
Weber: Ganz kurz, ja, Emanuel hat sich etwas weh getan, dadurch bin ich kurz, aber doch am Parkett gewesen und darf mich mit Fug und Recht Meister 2003 nennen. An was ich mich auch noch erinnere, sind die Auswärtsfahrten in der Champions-League-Saison 2003/2004. Wir hatten eine Hammergruppe, wir hatten Montpellier, Ademar Leon und Medwedi Tschechow als Gegner. Bei Montpellier hat Nikola Karabatić gespielt, im Tor war Thierry Omeyer, die beiden haben mit Frankreich und ihren Klubs jeden wichtigen Titel zigfach geholt. Diese Spiele auf dem Niveau gegen solche Größen waren wunderbare Erlebnisse. Ich sehe noch vor mir, wie wir damals im VIP-Klub von Montpellier Champagner getrunken haben. Das war für uns als damals kleiner Provinzverein eine völlig andere Welt – einfach eine Bombenerfahrung. Das Heimspiel gegen Montpellier haben wir damals in der Eishalle Dornbirn gespielt. Das sind unvergessliche Momente.

Wie gefällt Ihnen denn generell die Idee mit der Wall of Fame?
Weber: Die Idee ist Bombe, es ist der richtige Weg, verdiente ehemalige Spieler zu ehren. Wobei es dabei nicht nur um die Leistungen auf dem Parkett gehen sollte, nicht nur um Titel, sondern genauso darum, wer auch abseits vom Spiel viel für den Verein getan und geleistet hat: wie Michi Jochum. Es geht um das große Ganze. Wer weiß, wie alles gekommen wäre, wenn wir damals in unserer Jugendmannschaft nicht so ein Freundschaftsgefüge ge­habt hätten. Zu so einer Atmosphäre tragen sehr viele Menschen etwas bei. Am Ende müssen die Spieler natürlich das alles mittragen, nicht nur auf dem Parkett, sondern im gesamten Vereinsleben, mit einem Zusammengehörigkeitsgefühl und der Ambition, etwas aufbauen zu wollen. Nur dann kann sich ein Verein so entwickeln, wie es Hard getan hat.

Ich meine, eine solche Wall of Fame ist nicht nur eine Ehrung für Spielergrößen, sondern auch Inspiration für die Jugend.
Weber: Das ist der Punkt. Als ich in Magdeburg in die Halle gegangen bin, habe ich das Bild von Stefan Kretzschmar und anderen Klubgrößen oben hängen gesehen. Mein Gedanke war damals: Ich möchte, dass mein Bild auch mal dort oben hängt. Es wäre schön, wenn wir Harder Legenden nun die Vorbilder für den Harder Nachwuchs wären. Die Botschaft dieser Wall of Fame ist ja ganz klar: Dein Bild wird für immer in der Sporthalle am See hängen, wenn du dich voll reinhängst und das Beste aus deinem Potenzial machst, dann werden die Menschen dich mit diesem Verein verbinden, möglicherweise sogar ein Leben lang. Das ist ein riesiger Anreiz.

„Mit unserem Jahrgang fing alles an“
Weber im Gespräch mit der NEUE. Klaus Hartinger

Wie bewerten Sie allgemein die Entwicklung der HLA-Meisterliga?
Weber: Ich war ja in der Saison 2023/24 als Spielertrainer bei Bärnbach/Köflach und habe dabei erlebt, dass die Liga in der Breite viel stärker geworden ist. Das ist sicherlich auch dem geschuldet, dass die Ausländerregelung aufgehoben wurde. Wir hatten neun Spieler vom Balkan. Davon kann man halten, was man will, aber wenn einem die Regularien diese Möglichkeiten geben und der eigene Nachwuchs nicht genügend Spieler hergibt, dann ist das ein Weg. Auch so kann man nämlich perspektivisch den Nachwuchs zum Handball bringen, indem sich ein Verein in der HLA etabliert und die Jungen dadurch ihre Chance sehen. Die Liga ist wie gesagt enger zusammengerückt. Das ist gut, denn die einstige Dominanz von Bregenz und danach Hard war extrem. Ich könnte heute nicht sagen, wer in dieser Saison Meister wird. Die BT Füchse mischen mit, die haben, das weiß ich aus meiner Zeit in der Steiermark bei Bärnbach/Köflach, eine hervorragende Jugendarbeit. Die haben auch immer eine volle Halle, was nicht mehr so selbstverständlich ist, dass so viele Leute kommen. Aber in der Steiermark ist die Handballbegeisterung groß. Wir waren in Bärnbach/Köflach Letzter – und trotzdem war die Halle immer voll. Das meine ich damit, wenn ich sage, dass es verschiedene Herangehensweisen gibt, um Euphorie zu entfachen.

Es führen eben viele Wege nach Rom.
Weber: So ist es. Es kann der Liga nur guttun, wenn das Handballfieber in vielen verschiedenen Regionen um sich greift. Meiner Meinung nach kann in der HLA inzwischen jeder jeden schlagen, ähnlich wie in der deutschen Bundesliga; auf einem anderen Niveau natürlich. Du kannst heute als Hard nirgendwo mehr hinfahren und sagen, das gewinnen wir mal ganz easy. Du musst in jedes Spiel konzentriert gehen, weil sonst verlierst du wichtige Punkte auf dem Weg zur Meisterschaft. Der Unterschied ist der Modus in Österreich. Durch den Play-off-Modus kannst du dir im HLA-Grunddurchgang eher ein, zwei Niederlagen leisten, ohne damit die Chancen auf den Titel zu verspielen. Linz war ja im Vorjahr nur Achter nach dem Grunddurchgang und wurde trotzdem Meister. Dieser Modus gibt den Vereinen schon interessante Möglichkeiten bei der Entwicklung einer Mannschaft.

Bleibt noch die Frage: Was wünschen Sie dem Alpla HC Hard?
Weber: Ich wünsche Hard, dass sie weiterhin ganz oben mitspielen, ich hoffe, dass ganz, ganz viele talentierte junge Harder in der HLA-Mannschaft Fuß fassen können und das erleben dürfen, was wir erlebt haben. Es ist nicht nur Handball. Es ist vor allem auch diese Zusammengehörigkeit, von der ich gesprochen habe. Handball ist eine Familie. Hier in Hard ist es eine kleine Familie, aber der Handball ist auch global gesehen eine Familie, sozusagen eine Weltfamilie, das unterscheidet Handball, glaube ich, ein Stück weit von vielen anderen Sportarten. Du hast zum Beispiel einen Spieler wie Ivan Horvat, der in Flensburg war und dir nicht nur Geschichten erzählt, wie es dort abläuft, sondern vielleicht kommt sogar einer seiner ehemaligen Mitspieler von Flensburg auf Besuch. Dann kannst du mit Benjamin Buric ein Bierchen trinken und mit ihm über Handball sprechen. Aus solchen Momenten nimmst du als Sportler so viel mit. Ich wünsche mir, dass die Harder Jugend einfach weiter Gas gibt und daran glaubt, dass alles möglich ist. Wenn wir Legenden dafür ein Vorbild sind, umso besser.