Im Eiltempo von den Ulmers lernen

HINTERGRUND. Von Montag bis Freitag haben die Eishockeybrüder Stefan und Martin Ulmer im Eissportzentrum Oberthurgau in Romanshorn (CH) ein Sommercamp für Kinder veranstaltet, als Gasttrainer waren unter anderen Raphael Herburger (KAC) und Daniel Woger (Pioneers) am Werk. Ein Lokalaugenschein.
Eissportzentrum Oberthurgau in Romanshorn, Montag, 14.17 Uhr. In der Trainerkabine haben sich um den mittig im Raum aufgestellten Tisch Stefan und Martin Ulmer sowie Philipp Hollenstein und Daniel Forscher versammelt. Einzig der heutige Gasttrainer Raphael Herburger fehlt, der KAC-Stürmer hat gerade einen Anruf erhalten. Besprochen wird nochmals das Eistraining, das um 15 Uhr ansteht. Wortführer ist Stefan Ulmer, der zusammen mit seinem Bruder Martin das Ulmers Skills Camp ins Leben gerufen hat. Der erste Trainingstag des Sommercamps ist fast schon sechs Stunden alt. Für 9 Uhr war der Treffpunkt bei der Eishalle in Romanshorn vereinbart, rund 30 Kinder der Jahrgänge 2012 bis 2017 nehmen an der Trainingswoche teil. Die Kinder spielen mehrheitlich bei den Rheintal-Future-Partnervereinen Dornbirner EC, EHC Hard, SC Hohenems, EHC Lustenau und SC Rheintal, zusätzlich nehmen Kinder vom EHC Uzwil Hawks teil.
Koordination
Nachdem die Kids zuerst die Trainer am Morgen kennengelernt hatten, stand um 10 Uhr ein erstes Eistraining auf dem Programm. Trainiert wurde das richtige Loslaufen, das Abbremsen und Richtungsänderungen. Nach dem Mittagessen, es gab mehrerlei Salate und Spaghetti, folgte vor der Halle eine Off-Ice-Einheit, bei der an die Eiseinheit anknüpfend Schnelligkeitsübungen umgesetzt wurden. Jeder der fünf Trainer betreute eine Gruppe von vier bis sechs Kindern. Die Sprintübungen wurden mit Koordinationsaufgaben verbunden. Trainer Hollenstein gab mit einer Farbangabe das Kommando zum Lossprinten, die Kids sollten allerdings nur losrennen, wenn die Farbe mit der Farbe des Hütchens übereinstimmte, das vor ihnen lag – und die Hütchen hatten die Farben orange oder rot. Rief Hollenstein „Grün!“, sollte eigentlich keines der Kinder zum Sprint ansetzen, doch wenig überraschend reagierten die Kinder reflexartig anfangs auf jeden Zuruf, statt darauf zu achten, welche Farbe der Trainer nannte. Mit Fortdauer der Übung lernten die Kids immer besser, auf die Kommandos zu achten.
Einen Steinwurf weiter trainierte Stefan Ulmer mit seinen Kids das richtige Lossprinten. Die Kinder warteten im Spreizschritt auf das Startkommando und mussten dann, so wie es auf dem Eis sein soll, mit dem hinteren Fuß den Sprint beginnen. Nach einigen Wiederholungen erhöhte Ulmer den Schwierigkeitsgrad der Übung. Nun sollten die Kinder ihren Kopf zur Seite drehen, die Augen auf einen vorgegebenen Punkt richten. Sobald das Kommando fürs Losrennen erfolgte, mussten die Kinder zeitgleich losstarten und den Kopf in Laufrichtung drehen.

Schnellkurs
Es ist also 14.17 Uhr, als die Trainer die anstehende Eiseinheit besprechen. Es gibt wieder fünf Trainingsgruppen, damit die Kinder eine individuelle Betreuung bekommen. Jetzt stößt auch Raphael Herburger zur Besprechung dazu, er ist bis Mittwoch als Gasttrainer dabei, außerdem engagieren sich Pioneers-Crack Daniel Woger und Timo Demuth vom EHC Lustenau. „Eigentlich“, weiß der langjährige NLA-Legionär Stefan Ulmer, „müssten wir jedem Programmpunkt mehrere Trainingstage widmen. Aber das machen wir bewusst nicht, um die Campdauer auf eine Woche beschränken zu können.“
Stefan und Martin Ulmer geht es nämlich nicht nur darum, dass die Kinder im Sommer an ihren Stärken und Schwächen arbeiten, sondern sie wollen auch, dass sich die Nachwuchscracks ans Sommertraining gewöhnen, wie die beiden nach der Vorbesprechung der Trainingseinheit schildern. So erzählt Martin Ulmer: „Als wir selbst noch Kinder waren, haben wir immer gerne an Sommercamps teilgenommen. Die fanden teilweise recht weit weg statt und waren mit Übernachtung. Für den Anfang ist dieser Schritt vielen zu groß und auch zu teuer.“
Stattdessen ist das Ulmers Skills Camp als Schnellkurs konzipiert. Ein Ansatz, der durchaus Sinn macht: Denn mit der Abwechslung bleibt auch die Konzentration der Kids sehr hoch. Auch der Zeitpunkt des Camps vom 21. bis 25. Juli ist bewusst als Teiler der Sommerpause gewählt. Die Kinder sollten nach der Saison erst Abstand bekommen, aber nicht bis zum regulären Start des Trainings warten müssen – das erste Eistraining kann erst am 11. August stattfinden. „Das ist viel zu spät“, weiß Stefan Ulmer und vergleicht: „In der Schweiz haben viele Vereine das ganze Jahr über Eis. Beim SC Langnau geht der Nachwuchs auch in den Sommermonaten wöchentlich zwei Mal aufs Eis, in Vorarlberg dagegen gibt es keine einzige Ganzjahreseisfläche. Diesen Nachteil kann man auch nicht mit einem polyvalenten Sporttraining ausgleichen.“ Darum eben findet das Camp auf der anderen Rheinseite statt.

Viel spielen
Jetzt ist es 14.35 Uhr. Herburger muss sich beim Umziehen sputen, damit er in 15 Minuten am Eis steht. Diskutiert wird jetzt über das Nachwuchskonzept Rheintal Future, bei der die Teams ab der U14 am Schweizer Meisterschaftsbetrieb teilnehmen. Stefan Ulmer erzählt stolz, dass seine U14 im Frühjahr zum Saisonabschluss gegen die Alterskollegen vom österreichischen Vizemeister HC Innsbruck mit 8:2 gewonnen hat. Der nächste Schritt sei, die Schulen noch stärker einzubinden. Das Sportgymnasium in Dornbirn konnte man bereits für das grenzüberschreitende Ausbildungskonzept Rheintal Future gewinnen, weitere Schulkooperationen sollen folgen. Zuletzt konnten sich regelmäßig Nachwuchsspieler von Rheintal Future für höhere Aufgaben empfehlen. So wechselten zwei Jungcracks zum EHC Kloten, andere sind bei Salzburg und dem KAC gelandet. „Wir befürworten dann einen Wechsel, wenn der Jugendliche bei seinem neuen Verein ein umfangreiches Trainingsangebot bekommt, öfter spielt, sich der Verein wirklich Gedanken um den Spieler gemacht hat und auch bei der schulischen Ausbildung einen Plan hat. Die Besten werden wir auf Dauer nie in Vorarlberg halten können“, weiß Stefan Ulmer, sagt jedoch auch: „Keinen Sinn macht ein Wechsel aus sportlicher Sicht, wenn beim neuen Verein nicht öfter trainiert und gespielt wird. Denn unser Ausbildungskonzept ist gut.“ Trainiert wird bei Rheintal Future wöchentlich vier Mal abends sowie im Rahmen der Schulkooperation ein Mal vormittags, am Wochenende stehen bis zu zwei Spiele an, mit überschaubaren Fahrtzeiten, da sich die Wegstrecken gegen die Ostschweizer Teams in Grenzen halten. Unter dem Motto: Viel spielen und wenig fahren, statt viel fahren und wenig spielen.

Zukunft
14.55 Uhr, jetzt steht das zweite Eistraining an. Die Kids sind mit großem Einsatz dabei, lauschen gespannt, was ihnen die Trainer vermitteln. Ein Zaungast ist mit Arno Ulmer der Vater der beiden Organisatoren sowie langjährige Dornbirner Nachwuchscoach, der einige große Talente auf dem Eis erkennt. Papa Ulmer hat große Hoffnung, dass die Zahl der Vorarlberger Eishockeyprofis bald wieder ansteigt. Sommerlehrgänge wie das Ulmer Skills Camp sind dafür unabdingbar. Für das Durchführen solcher Camps braucht es viel Idealismus, Geld ist damit weiß Gott nicht zu verdienen, aber ohne Idealismus bleibt sowieso das Feuer auf der Strecke.