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Einer, den man im Auge behalten sollte

01.09.2025 • 14:28 Uhr
Einer, den man im Auge behalten sollte
Lukas Fritsch will in der neuen Saison bei Hard durchstarten. Klaus Hartinger

Lukas Fritsch war für Österreich bei der U19-Handball-WM in Ägypten vom 6. bis 15. August im Einsatz. Beim Alpla HC Hard steht der Fußacher vor einem Karrieresprung.

Es huscht ein Lächeln über das Gesicht von Lukas Fritsch, als er in der Sporthalle am See über seine Erfahrungen mit der österreichischen U19-Nationalmannschaft bei der WM in Ägypten spricht. Der Harder Rückraumspieler erreichte im Land der Pharaonen an der Seite seines Vereinskollegen Jakob Achilles und des Bregenzer Jung-Goalies Jonas Bergmayer mit Österreich die Hauptgruppe bei der U19-WM. Möglich machte das ein sensationeller 37:36-Auftaktsieg gegen Portugal, die zwei Jahre zuvor in dieser Altersklasse noch WM-Sechster wurden. „Gegen so eine starke Mannschaft zu gewinnen, ist ein sehr großer Erfolg“, weiß Fritsch, zumal die portugiesische U21 Ende Juni Vizeweltmeister und die A-Auswahl der Iberer zu Beginn des Jahres als Vierter nur ganz knapp an einer WM-Medaille vorbeischrammte. Fritsch betont: „Solche Erfolge zeigen, dass gegen jeden Gegner alles möglich ist. Man darf sich von großen Namen nicht beeindrucken lassen, sondern muss bei sich bleiben.“
Fritsch nimmt von der U19-WM mit, dass er mit den Besten mithalten kann, auch wenn er weiß, dass er noch einiges an Muskelmasse zulegen muss. Doch der linke Rückraumspieler bringt etwas mit, das man eigentlich nicht lernen kann: Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor. 42 Treffer erzielte Fritsch bei der WM in Ägypten und war damit nicht nur der beste Werfer des ÖHB-Teams, sondern schloss die WM-Torschützenliste auf Platz 22 ab. Das ist mehr als nur ein kleines Ausrufezeichen.

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Lukas Fritsch hat nicht zuletzt in den Play-off-Spielen der zurückliegenden Saison sein großes Potenzial angedeutet. GEPA/Lerch

Ruhe bewahrt
Ruhe vor dem Tor bewies der Harder Eigenbauspieler just auch in den HLA-Play-off-Spielen im Frühjahr – und damit der wichtigsten Phase der Saison. Der 19-Jährige, den Hards Chefcoach Hannes Jón Jónsson schon davor regelmäßig zum Einsatz brachte, schlüpfte im Viertelfinalspiel gegen Bregenz in die Rolle von Ivan Horvat, nachdem der Kroate nach dessen Foul an Markus Mahr vom Platz flog. Die Atmosphäre war aufgepeitscht, das Spiel stand bei 20:20 auf Messers Schneide. Fritsch übernahm bei der hitzigen Stimmung viel Verantwortung. Der 19-Jährige behielt die Nerven, er verwandelte alle seine drei Torwürfe in Treffer. Hard-Coach Jónsson war danach begeistert über den Auftritt seines Schützlings: „Elf seiner elf Körperkontakte waren legale Fouls, er hatte drei Würfe und hat drei Tore erzielt. Das heißt, Lukas hat eine 100-Prozent-Leistung gegen Bregenz gezeigt.“ In dieser Tonart ging es weiter. In der dramatischen Halbfinalserie gegen die Fivers verwandelte er sieben von acht Würfen, im zweiten Finalspiel gegen Krems drei von fünf Abschlüssen. Womit Fritsch 13 von 16 Würfen verwandelte in den Play-offs. Zum Vergleich: Der sonst so verlässliche Torjäger Ante Tokic schwächelte im Finale und verwandelte in den Finalspielen gegen Krems nur vier von zwölf Versuchen, was die Leistung des Teenagers Fritsch noch außergewöhnlicher macht. „Ich wollte der Mannschaft in diesen Spielen unbedingt helfen“, kommentiert Fritsch seine Leistung in den Play-offs und betont: „Außerdem wollte ich auch beweisen, dass ich bereit für die Startsieben bin.“
Dieser Startplatz ist zum Greifen nahe für den Vorarlberger, der im Frühjahr seinen Vertrag bei den Hardern verlängert hat. Bei den Roten Teufeln setzen sie nach den Abgängen von Ivan Horvat und Karolis Antanavicius auf Fritsch. Der zwei Meter große Basketball-Fan sagt selbstbewusst: „Es ist mein Anspruch, in der Startsieben zu stehen.“

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Auch gegen den Ball arbeitet Fritsch intensiv mit. GEPA

Anspruch und Druck
Die Beförderung kommt zum richtigen Zeitpunkt, denn der Teenager hat im Sommer an der HAK Bregenz maturiert. Darauf angesprochen beweist der Handballer seine gute Kinderstube und sagt: „Ich möchte meinen Lehrern und der Direktorin der HAK Bregenz danken, sie haben mich immer vom Unterricht freigestellt, wenn wir unter der Woche ein Spiel hatten oder ich zur Nationalmannschaft durfte. Das war sehr wichtig für meine Entwicklung als Spieler, ohne dieses Verständnis von meiner Schule wäre ich heute nicht am Sprung in die Startsieben bei Hard.“ Fritsch will sich in Hard etablieren und einen Namen machen. Von sich selbst erwartet er, dass er in der kommenden Spielzeit einen Sprung nach vorne macht. Er will sein Spielverständnis verbessern und definiert sich dabei nicht nur nach den Toren: „Nicht nur die erzielten Tore sind wichtig, auch die verhinderten. Ich will der Mannschaft auch in der Abwehr helfen“, betont Fritsch.
Natürlich will der Fußacher mit den Hardern wieder um Titel mitspielen in der anstehenden Saison, und dabei auch den einen Schritt noch machen, der den Roten Teufeln in den vergangenen beiden Jahren als unterlegener Finalist und somit Vizemeister noch verwehrt blieb. „Der Druck in Hard ist hoch. Der Meistertitel wird von außen von allen erwartet, und auch der Verein selbst hat diesen Anspruch. Das macht einem im Kopf manchmal zu schaffen. Ein Totalausfall wie in der ersten Halbzeit im Finalspiel zu ­Hause gegen Krems darf uns nicht mehr passieren. Aus solchen Erlebnissen müssen wir lernen.“

Einer, den man im Auge behalten sollte
Fritsch im Gespräch mit der NEUE. Klaus Hartinger

Spuren hinterlassen
Fritsch weiß aber auch, dass ihn Negativerlebnisse manchmal mehr beschäftigen, als ihm lieb ist und ihm guttut. „Ich tue mir noch etwas schwer damit, Fehlwürfe oder technische Fehler abzuhaken. Aber ich glaube, das wird mit der Erfahrung besser. Einer vergebenen Chance nachtrauern bringt nichts, aber es hilft, wenn man in der nächsten Situation bereit ist und es besser macht.“
Wenn Hards Nummer 47 von Druck spricht, kommt er auch auf das Mediengetöse nach Horvats Foul an Mahr zu sprechen. „Es war heftig, was da passiert ist. Die meisten Medienberichte haben sich auf Ivan und auf uns eingeschossen, auch auf Facebook und Instagram gab es sehr viele Vorwürfe. Da haben einige maßlos übertrieben. Diese Unterstellung, dass Ivan absichtlich Markus Mahr verletzt hat, war eine Frechheit. Jeder, der Ivan kennt, weiß, dass er kein skrupelloser Spieler ist, es hat ihm auch sehr leidgetan, dass Markus so eine schwere Gesichtsverletzung hatte“, sagt Fritsch und lässt sogleich tief blicken: „Diese Berichterstattung ist nicht spurlos an uns als Mannschaft vorbeigegangen, den Vorwurf, wir seien eine unfaire Mannschaft, haben wir die restliche Saison mit uns herumgetragen.“ Auch Horvats ursprüngliche Sperre von zwei Jahren habe die Mannschaft geschockt. „Aber“, so der 19-Jährige, „uns haben diese Erlebnisse auch noch mehr zusammengeschweißt. Wenn von außen so viel auf ein Team einprasselt, rückt man noch näher zusammen.“

Sportlerherz
Was den Kreis zur U19-WM schließt. Viereinhalb Wochen war Fritsch in Summe mit der U19-Nationalmannschaft unterwegs. Die ÖHB-Auswahl absolvierte zwei einwöchige Vorbereitungen auf das WM-Turnier in Ägypten, zwischen den beiden Trainingslagern und vor dem Aufbruch zur WM waren Fritsch und Co. jeweils zwei Tage zu Hause. Die WM dauerte für die ÖHB-Auswahl 14 Tage. Österreich schloss die Weltmeisterschaft auf Platz 15 ab und lag damit nicht nur vor Portugal, sondern auch vor Kroatien. „Es wäre sogar noch mehr möglich gewesen, wenn wir gegen die starken Ungarn die Führung über die Zeit gebracht hätte“, resümiert der Hüne, der in Schülerzeiten auch Leichtathlet war und als Fußball-Fan ein Faible für Inter Mailand hat, „auch wenn ich sicher kein eingefleischter Inter-Anhänger bin“. Sein Sportlerherz gehört dem Handball. Fritsch will als Profi eines Tages eine Familie ernähren können und strebt nach Titeln und großen Spielen. „Ich weiß, dass ich mich noch weiterentwickeln muss, aber ich weiß auch, dass ich es schaffen kann. Dafür werde ich hart arbeiten.“
Lukas Fritsch wird auf jeden Fall einer sein, den es in der anstehenden HLA-Saison im Auge zu behalten gilt. Denn dass der 19-jährige Rote Teufel alles mitbringt, um bei Hard durchzustarten, ist spätestens seit seinen Leistungen im Frühjahr klar. Denn wer so cool ist, seine Feuertaufe als Ersatzmann für eine Größe wie Ivan Horvat in den Play-offs zu bestehen, kann ein teuflisch guter Spieler werden.