Die geheimnisvolle Nachtkerze

13.07.2025 • 14:00 Uhr
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Nachtkerzen ziehen Nachtfalter an und gelten als wertvolle Insektenpflanzen für naturnahe Gärten. Shutterstock

Nachtkerzen öffnen ihre Blüten abends und leuchten in der Dämmerung. Die vielseitige Pflanze zieht Nachtfalter an, ist essbar und besitzt heilende Kräfte.

Von Christine Moosmann-Hämmerle
neue-redaktion@neue.at

Die Gewöhnliche oder Gemeine Nachtkerze (Oenothera biennis) gehört zur Gattung der Nachtkerzen (Oenothera) innerhalb der Familie der Nachtkerzengewächse (Onagraceae). Sie ist auch unter den Namen Nachtlicht, Donnerkerze und Eisenbahnblume bekannt. Die Gattung umfasst etwa 120 bis 200 Arten. Die Nachtkerze blüht von Juni bis September.  Die Pflanzen stammen ursprünglich aus Amerika und zählen in Europa zu den Neophyten. Sie wurden Anfang des 17. Jahrhunderts nach Europa gebracht, wo sie zunächst in Parks angebaut wurden. Bald nannte jeder Aristokrat diese magische, in der Dämmerung erblühende Pflanze sein Eigen. Etwa hundert Jahre später war die Pflanze in den Bauerngärten angelangt, wo sie auch wegen ihrer wohlschmeckenden Wurzel angebaut wurde. Im Laufe der Zeit verwilderte sie und ist heutzutage in fast ganz Europa zu finden. Sie wächst wild an Straßenrändern, Bahndämmen und Böschungen.

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Die gelben Blüten der Nachtkerze öffnen sich in der Dämmerung und verströmen einen süßen Duft.

In der Dämmerung ereignet sich ein nahezu magisches Schauspiel. Etwa eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang öffnet die Nachtkerze ihre Blüten. Der Vorgang dauert einige Minuten und kann gut beobachtet werden. Kurz darauf verströmen die Pflanzen einen intensiv süßlichen Duft, der Nachtfalter anlockt. Die gelben, kelchförmigen Blüten blühen die ganze Nacht und am folgenden Tag. Danach verblühen sie. Allabendlich öffnen sich neue Blüten. Ideal ist es, sie in der Nähe eines Sitzplatzes zu pflanzen, an dem die Abendstunden verbracht werden. Nach der Blüte bildet die Nachtkerze kleine Schoten, die 200 bis 300 Samen enthalten, wodurch die Nachtkerze zu einer wahren Vagabundin im Garten werden kann. Wer dies vermeiden möchte, schneidet die Schoten ab, bevor die Samen ausgereift sind. Die Samen sind es auch, aus denen das wertvolle Nachtkerzenöl gewonnen wird, das in der Heilkunde bei vielfältigen Beschwerden eingesetzt wird. Innerlich angewandt wird es bei Frauenleiden, Magen-Darm-Erkrankungen, zur Vorbeugung von Arterienverkalkung, äußerlich zur Behandlung entzündlicher Hauterkrankungen. Bei den indigenen Völkern Amerikas, nahm die Nachtkerze eine besondere Stellung ein. Sie schätzten die Pflanze als Nahrungsmittel und als magisches Mittel gegen Faulheit, das Kraft verleiht.

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Ursprünglich aus Amerika gelangte die Nachtkerze im 17. Jahrhundert nach Europa.

Nachtkerzen sind zweijährige Pflanzen und blühen im zweiten Jahr nach der Aussaat. Im ersten Jahr bildet die Pflanze eine flache Blattrosette. Im zweiten Jahr wächst sie in die Höhe und bildet Blütenstängel, die eine Höhe von bis zu zwei Metern erreichen können. Der beste Zeitpunkt für die Aussaat ist von Anfang April bis in den Hochsommer. Sie gedeiht an warmen und sonnigen Standorten auf durchlässigen, mageren, sandig-lehmigen Böden.

Der Geschmack der Schinkenwurz

Die Nachtkerze bildet eine etwa fünf Zentimeter dicke, fleischige Pfahlwurzel. Ihre hellrosa Farbe erinnert an gekochten Schinken, weshalb die Pflanze vielerorts den Namen Schinkenwurzel oder Esswurzel erhielt. In katholischen Gegenden wurde sie dem heiligen Antonius geweiht, weswegen sie in Frankreich als „Jambon de Saint Antoine“ (Schinken des heiligen Anton) bekannt ist.  Am ehesten erinnert ihr Geschmack an die Schwarzwurz, sie wird auch wie diese zubereitet. Die stärkehaltige Wurzel wurde als Fleischersatz verwendet, ihr Anbau war weit verbreitet. Im 18. Und 19. Jahrhundert galt sie als Delikatesse und war ein beliebtes Wintergemüse. Die Wurzel der Nachtkerze kann im ersten Jahr der Pflanzung von Herbst über den Winter geerntet und gegessen werden. Sobald die Pflanze blüht, verholzt die Wurzel und wird ungenießbar. Die jungen Blätter der Nachtkerze können für Salate verwendet werden, die Blüten als essbare Dekoration.

 

wissenswertes

Name: Gewöhnliche Nachtkerze (Oenothera biennis)
Gattung: Nachtkerzen
Familie: Nachtkerzengewächse (Onagraceae)
Standort: Warm und sonnig auf sandigen, mageren Böden.
Verwendung: in sonnigen Staudenbeeten, als Gemüse, in der Heilkunde.