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Vor 40 Jahren: Becker-Triumph in Wimbledon

13.07.2025 • 09:30 Uhr
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AFP

Quasi aus dem Nichts besiegte Boris Becker am 7. Juli 1985 in seinem ersten Grand-Slam-Finale den Südafrikaner Kevin Curren in Wimbledon.

Noch zu Jahresbeginn 1985 war Boris Becker trotz seines Viertelfinaleinzugs bei den Australian Open im Dezember 1984 fast nur Tennis-Insidern bekannt. Anfang des Jahres bezwang er im Finale der Junioren-WM 1985 den Schweden Stefan Edberg in fünf hart umkämpften Sätzen und wurde im März mit einem Einsatz im deutschen Daviscup-Team belohnt. Am ersten Tag stellte er durch einen klaren Dreisatzerfolg gegen Juan Aguilera auf 2:0 und fixierte tags darauf an der Seite von Andreas Maurer gegen die spanische Spitzenpaarung Casal/Sanchez den Sieg der DTB-Auswahl. Der Durchbruch des Leimeners, der damals seit Langem von Günther Bosch trainiert und von Ion Tiriac gemanagt wurde, erfolgte im Sommer bei den Rasenturnieren in England.

Aufmerksamkeit immer größer

Zunächst trat Becker im Londoner Queen’s Club an, wo er nach Siegen gegen die Australier Pat Cash (Viertelfinale) und Paul McNamee (Semifinale) erstmals in einem ATP-Turnier im Finale stand. Dort traf der gerade einmal 17-Jährige auf Johan Kriek, dem er beim 6:2, 6:3 absolut keine Chance ließ. Nach der klaren Niederlage meinte der Südafrikaner: „Wenn Becker so wie heute jeden Tag in Wimbledon spielt, kann er das Turnier gewinnen.“
Wenig später startete Boris Becker in sein zweites Turnier im Süden Londons; im Jahr zuvor hatte er in der dritten Runde verletzungsbedingt aufgeben müssen. Nach zwei einfachen Runden traf der Youngster in Runde drei auf den Schweden Joakim Nyström und konnte sich im entscheidenden Durchgang mit 9:7 durchsetzen. Auch im Achtelfinale musste der junge Deutsche über fünf Sätze, siegte nach dem Gewinn des Tiebreaks im vierten Satz im letzten Satz mit 6:2 und genoss plötzlich immer größere Aufmerksamkeit.

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Becker (l.) und sein Trainer Günther Bosch (r.) am 12. Juli 1985 beim Empfang in seiner Heimatstadt Leimen. AP

Nur vier Sätze

In den nächsten beiden Runden setzte Boris Becker – nicht zuletzt wegen seines gerade auf Rasen enorm starken Aufschlags – seinen Erfolgsrun fort. Er bezwang mit Henri Leconte im Viertelfinale und Anders Järryd im Semifinale zwei weitere Weltklasseleute und benötigte dabei jeweils nur vier Sätze. Plötzlich stand der Nobody nun im Finale des wichtigsten Tennisturniers der Welt, und auch wenn sein Finalgegner Kevin Curren aus Südafrika auf dem Weg ins Finale nur einen einzigen Satz abgegeben hatte, trauten nicht wenige dem 17-Jährigen inzwischen auch die große Sensation zu.

Richtungsweisend

Das Match entwickelte sich von Beginn an zu einer packenden, technisch hochstehenden Finalentscheidung, bei der Boris Becker von seinem Kontrahenten alles abverlangt wurde. Letztlich konnte er sich allerdings in vier Sätzen mit 6:3, 6:7, 7:6 und 6:4 durchsetzen. Becker-Hecht und Becker-Faust sind seit damals Indiz für seine unnachahmliche Einsatzbereitschaft und seine später oft sprichwörtliche Willenskraft.
Sein Triumph war allerdings nicht nur für ihn persönlich ein Meilenstein, den er noch Jahrzehnte später als „unglaubliches und einschneidendes Erlebnis“ bezeichnete. Er war damals auch für das deutsche Tennis insgesamt einzigartig und dann auch richtungweisend. Der junge Mann aus Leimen hatte nämlich für den ersten Triumph eines deutschen Tennisspielers in Wimbledon gesorgt. Er war zudem der erste ungesetzte und der jüngste Spieler, der dieses Turnier auf dem „heiligen Rasen“ gewinnen konnte. Welch große Sensation dieser Triumph darstellte, war auch für den Sportler selbst nach seinem Sieg unmittelbar greifbar. „Menschen, die mich dreieinhalb Stunden zuvor angeschaut hatten, starrten mich an wie so ein Wunder aus einer anderen Welt“, sagte er später im Rückblick.

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Oben der 17-jährige Boris Becker am 7. Juli 1985 in Wimbledon. Reuters

Steffi Graf und Michael Stich

Mit seinem Triumph wurde Boris Becker in Deutschland zum neuen Sportidol und selbstverständlich im Dezember 1985 zum „Deutschen Sportler des Jahres“ gekürt. Er löste in seiner Heimat einen bis dahin ungekannten Tennisboom aus, der sich in den kommenden Jahren unter anderem auch in den Erfolgen einer Steffi Graf oder eines Michael Stich niederschlug. Dass es Becker selbst in seinem weiteren Leben, vor allem abseits des Platzes, nur schwer gelang, mit seiner Rolle als Superstar zurechtzukommen, zeigt auch wieder einmal die Schattenseiten sportlichen Ruhms.

von Otto Schwald

Boris Becker

Geboren: 22. November 1967
Geburtsort: Leimen
Erste Profisaison: 1984
Rücktritt: 13. Juni 1999
Preisgeld: 25.080.956 US-Dollar
Karriere-Titel: Grand Slam 6, Masters Series 7, World Series Grand Prix (34), Olympische Spiele 1