Vizebürgermeister Juen – Klarer Kurs nach dem Schock

Nach der Wahl in Dornbirn: Volkspartei startete mit Vizebürgermeister Alexander Juen und einem engagierten Team in einen Neuanfang. Im Gespräch mit der NEUE am Sonntag äußert sich Juen zur Wahlniederlage, anstehenden Aufgaben und dazu, ob er sich als künftiger Bürgermeisterkandidat sieht.
Herr Juen, die Gemeindewahl 2025 war ein Einschnitt für die ÖVP. Wie bewerten Sie das Ergebnis?
Alexander Juen: Die Gemeindevertretungswahl war für uns nicht so schlecht, wie sie auf den ersten Blick erscheint. 2020 hatten wir 43,53 Prozent – das war allerdings ein Ausnahmejahr: Corona-Zeit, viel Rückenwind durch den Kurz-Hype, und die FPÖ war durch die Ibiza-Affäre angeschlagen. 2025 haben wir 34,26 Prozent erreicht. Angesichts der Umstände ist das ein solides Ergebnis. Besonders freut mich, dass viele engagierte Kandidatinnen und Kandidaten in ihrem Umfeld aktiv waren und zahlreiche Vorzugsstimmen sammeln konnten.

Trotzdem: Der Bürgermeisterposten, seit 1945 in ÖVP-Hand, ging an Markus Fäßler (SPÖ). Hat Sie das überrascht?
Juen: Ja, das war ein Schock. Damit haben wir nicht gerechnet.
Warum hat die ÖVP die Bürgermeisterwahl verloren?
Juen: Es kam ein Mix aus Faktoren zusammen: Manche Menschen hatten das Gefühl, die ÖVP sei zu distanziert. Andere wollten einfach Veränderung. Markus Fäßler war sehr präsent unterwegs – das kam gut an. In unserem Wahlkampf haben manche wohl gedacht: „Das wird schon klappen.“ Diese Überzeugung war womöglich ein Fehler.

Wie hat die Partei auf das Ergebnis reagiert?
Juen: Gleich nach der Stichwahl haben wir uns zusammengesetzt. Da es keinen Plan B gab, war klar: Wir müssen uns neu aufstellen. Julian Fässler hat sofort Verantwortung übernommen und ist zurückgetreten. Ich wurde durch die Vorzugsstimmen hinter Julian Fässler auf Platz zwei gereiht und habe gesagt: Ich übernehme. Uns war es wichtig, nicht in eine Lähmung zu verfallen, sondern handlungsfähig zu bleiben – das ist gelungen. Ich wurde bald zum Klubobmann gewählt. Mit Thomas Winsauer als geschäftsführenden Parteiobmann der VP Dornbirn habe ich zudem einen erfahrenen Mitstreiter an meiner Seite.
Nach der Wahl sind einige erfahrene Persönlichkeiten ausgeschieden. Ein Verlust?
Juen: Ja, aus dem alten Team sind Andrea Kaufmann, Julian Fässler und Marie-Louise Hinterauer nicht mehr dabei. Umso erfreulicher ist es, dass sie uns weiterhin mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Ist das jetzt ein echter Neuanfang?
Juen: Ja, ganz klar. Viele neue Gesichter sind dabei – die Stadträte Barbara Röser, Johannes Zangerl und Valentin Sottopietra. Sie bringen frischen Wind und viel Kompetenz mit. Ich bin der Einzige, der vom alten Stadtratsteam noch dabei ist. Insgesamt sind wir gut und breit aufgestellt. Die Zusammenarbeit mit dem neuen Team läuft hervorragend.
Wie klappt die Zusammenarbeit mit Bürgermeister Markus Fäßler?
Juen: Wir haben im Parteiklub beschlossen, konstruktiv mit dem neuen Bürgermeister zusammenzuarbeiten – respektvoll und auf Augenhöhe, im Sinne der Bürgerinnen und Bürger. Bislang gab es nie das Gefühl, dass jemand den anderen ausspielen will. So soll Stadtpolitik funktionieren.
Zur Person
Alexander Juen ist seit April 2025 Vizebürgermeister und Klubobmann der Dornbirner Volkspartei. Der gebürtige Innsbrucker, Jahrgang 1973, ist seit vielen Jahren in der Messestadt verwurzelt. Nach Vorarlberg kam er 1998 – wegen der Liebe. Heute lebt er mit seiner Frau Bärbel Juen-Vetter in Dornbirn, hat zwei Söhne.
Beruflich ist Juen Rechtsanwalt. Er studierte Rechtswissenschaften in Innsbruck und ist seit 2004 als eingetragener Rechtsanwalt tätig. Seit 2023 ist er Partner in der „Anwaltskanzlei am Marktplatz“ in Dornbirn.
Politisch engagiert sich der 52-Jährige seit 2015 für die Dornbirner Volkspartei. Zuerst war er Ersatzmitglied in der Stadtvertretung und in Ausschüssen tätig, ab 2019 Stadtrat mit Zuständigkeiten für Jugend, Stadtmarketing und Tourismus, ab 2020 für Kultur, Vermögen und Beteiligung. Seit 2025 verantwortet er als Stadtrat die Bereiche Wirtschaftsangelegenheiten, Beteiligungsmanagement, Innenstadt mit Schwerpunkt Masterplan, Stadtmarketing und Tourismus. Neben der Politik ist Juen in Dornbirn auch privat vielseitig aktiv: Zehn Jahre lang war er Präsident des TC Dornbirn. In der Faschingszunft Oberschorbach bringt er sich als Schauspieler und Regisseur der Laientheatergruppe „Hetz und Petz“ ein. Seine Freizeit verbringt er am liebsten mit seiner Familie, beim Sport oder im Theater.
Was steht in dieser Legislaturperiode im Fokus?
Juen: Ein zentrales Thema ist das Budget. Wir wollen solide wirtschaften. Strategische Investitionen – etwa in Grundstücke – sind wichtig, müssen aber sinnvoll finanziert sein. Wir setzen auf eine aktive Bodenpolitik, wie sie Dornbirn immer gepflegt hat. Außerdem wollen wir als Volkspartei wieder näher an die Menschen rücken. Viele aus unserem Team sind in Vereinen aktiv – das schafft Nähe.

Ein großes Thema ist derzeit die geplante Spitalsreform. Wie positioniert sich die Dornbirner Volkspartei?
Juen: Wir stehen klar hinter dem Spital Dornbirn. Wir wünschen uns den Erhalt einer gut funktionierenden medizinischen Versorgung vor Ort. Die Abteilungen sind hervorragend organisiert. In der Orthopädie beispielsweise werden mehr Operationen durchgeführt als in Bregenz und Feldkirch zusammen. Das Spital ist nicht nur für Dornbirn, sondern auch für das Unterland und den Bregenzerwald essenziell. Wir sind offen für Weiterentwicklungen, warnen aber vor rein theoretischen Planspielen ohne echten Mehrwert für Patienten, Personal oder Finanzen.
Neu sind Sie im Stadtrat für Wirtschaftsangelegenheiten zuständig. Ihre Herangehensweise?
Juen: Ich habe das Kulturressort nur schweren Herzens abgegeben – die letzten fünf Jahre als Kulturstadtrat waren bereichernd. Dornbirn bietet ein vielfältiges Kulturprogramm. Aber auch der Wirtschaftsbereich ist spannend. Ich war die letzten fünf Jahre bereits für die Bereiche Vermögen und Beteiligung zuständig, konnte dort schon Erfahrungen sammeln. Mir ist es wichtig, Unternehmen beim Ansiedeln und Wachsen zu unterstützen. Wir müssen aktiv auf sie zugehen und Dornbirn als attraktiven Standort präsentieren. Die Zusammenarbeit mit dem Standort- und Gründerzentrum ist dabei zentral.

Der Messepark?
Juen: Der Ausbau ist für mich ein klares Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Dornbirn. Ich sehe kein Gegeneinander von Messepark und Innenstadt. Der wahre Gegner des stationären Handels ist der Onlinehandel.
Das bringt uns zur Innenstadt.
Juen: Mit vielen Initiativen haben wir dazu beigetragen, dass sich die Innenstadt gut entwickelt hat. Wir müssen unter anderem für die Grundlagen sorgen, wie Sicherheit und Sauberkeit. Es gibt eine gute Zusammenarbeit mit dem stationären Handel und der Gastronomie, in der Stadt finden zahlreiche Veranstaltungen statt.

Wie geht es mit dem Masterplan Innenstadt weiter?
Juen: Die Ergebnisse werden im Spätsommer schriftlich festgehalten und danach schrittweise umgesetzt. Erste Projekte sind etwa die Öffnung des Kapuzinergartens oder eine geplante Genusshalle beim kleinen Luger in Zusammenarbeit mit zwei namhaften Dornbirner Investoren. Die Kanalisation der Moosmahdstraße muss saniert werden, dies nutzen wir, um diesen wichtigen Straßenzug attraktiv umzugestalten – mit mehr Grün, breiteren Gehsteigen und Verkehrsberuhigung mit Tempo 30.

Wie steht es um den Tourismus?
Juen: Sehr gut! Seit Mai gibt es eine Gästekarte, mit der Urlauber den öffentlichen Verkehr gratis nutzen können. Wir bieten den Gästen somit einen Urlaub ohne Auto – etwa mit Skitagen in Mellau oder St. Anton, kombiniert mit Abendessen und Kultur in der Stadt. Auch im Sommer boomen Wandern und Radfahren. Die Hotellerie ist stark – es gibt viele großartige Betriebe in der Innenstadt und den Stadtteilen.
Wie hat sich Ihr Leben als Vizebürgermeister verändert?
Juen: Es ist intensiver geworden. Ich hatte bereits Erfahrung als Stadtrat, aber als Vizebürgermeister trägt man mehr Verantwortung. Zum Glück habe ich eine starke Familie – meine Frau Bärbel ist meine wichtigste Beraterin. Wir achten darauf, uns trotz allem Zeit füreinander zu nehmen.

Und zum Schluss: Gibt es Bürgermeisterambitionen für 2030?
Juen: Offen. Ich schließe es nicht aus, aber im Moment zählt die Arbeit. Wir haben den Klub neu aufgestellt, arbeiten engagiert und blicken nach vorn. Wer 2030 kandidiert, entscheiden wir zu gegebener Zeit. Jetzt heißt es: bürgernah Politik machen und Vertrauen gewinnen.