Wie steht es um das Vertrauen in die Führerscheinprüfungen?

Die praktischen Führerscheinprüfungen in Vorarlberg waren in den letzten Wochen ein heiß diskutiertes Thema. Die NEUE hat sich in Dornbirn umgehört.
Von Johanna Fußenegger und Paulina Summer
Enthüllungen der VN deuten auf ein Netzwerk von Sachverständigen hin, die Fahrschüler absichtlich durchfallen ließen, um sich durch Wiederholungsprüfungen finanziell zu bereichern. 2024 scheiterten 49 Prozent bei der ersten praktischen Prüfung in Vorarlberg, im Vergleich zu 21 Prozent in der Steiermark. Diese Vorwürfe führten zu einer Überprüfung durch die Staatsanwaltschaft Innsbruck.
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Daraufhin wurden ein großer Teil der Prüfer suspendiert, was zu kurzfristigen Prüfungsabsagen und organisatorischem Chaos führte.
Jetzt wird diskutiert, pensionierte Fahrprüfer einzusetzen, Verstärkung aus Tirol zu holen und Prüfungen gebündelt am Wochenende durchzuführen.
Die Landesregierung reagierte mit einem Maßnahmenpaket, das unter anderem die Anzahl der monatlichen Prüfungen pro Prüfer auf 40 begrenzt und die Vergütung von 51 Euro pro Prüfung festlegt. Fahrprüfer sollen künftig öffentlich ausgeschrieben werden, um Transparenz zu erhöhen und neue Prüfer anzuwerben. Für Landesbedienstete gilt: In ihrer Freizeit dürfen sie an maximal zwei Tagen Fahrprüfungen durchführen.
Fahrschulen kritisieren, dass sie seit Jahren auf Missstände hingewiesen hätten, ohne dass Maßnahmen ergriffen wurden. Sie fordern eine sofortige und umfassende Aufklärung sowie Entschädigungen für betroffene Fahrschüler, um Fairness und Transparenz zu gewährleisten.
Die NEUE befragte in Dornbirn Jugendliche mit und ohne Führerschein, wie sie die Causa beurteilen. Viele hätten beispielsweise Freunde, die öfter durchgefallen seien, oder sind selbst bereits mehrfach angetreten. Andere hoffen auf Besserung, bis sie selbst die praktische Prüfung machen müssen.
Was Vorarlbergerinnen und Vorarlberger dazu sagen

Kleinigkeiten zu streng bewertet
Ich muss leider zugeben, dass ich noch gar keinen Führerschein habe. Als ich 15 war, habe ich zwar mit dem L17 begonnen, aber ihn dann nie abgeschlossen. Ich war damals der Meinung, dass ich ihn eigentlich nicht wirklich brauche und hatte einfach keine Lust all die Kurse zu belegen, besonders die Theorie. Jetzt hätte ich den Führerschein aber echt sehr gerne und will ihn auch auf jeden Fall noch machen, weil es wäre einfach viel praktischer. Da ich in Wien lebe, könnte ich mit dem Führerschein viel flexibler und spontaner nach Vorarlberg fahren und müsste nicht über acht Stunden im Zug sitzen. Von der hohen Durchfallquote habe ich jetzt schon öfter gehört. Freundinnen sind einfach wegen kleinen Fehlern, die aus Nervosität entstanden sind, durchgefallen. In meinen Augen werden solche Kleinigkeiten mittlerweile viel zu streng bewertet. Wahrscheinlich werde ich jetzt bald meinen Führerschein in Wien machen, da es dort einfach viel günstiger ist und ich auch dort lebe.
Riccarda, 26, Bregenz

Mit den Öffis komme ich überall hin
Ich habe den Führerschein noch nicht und brauche ihn im Moment auch nicht wirklich. Mit Bus und Zug komme ich überall gut hin, deshalb reicht mir das derzeit völlig aus. Klar ist es irgendwann eine Möglichkeit, den Führerschein zu machen, aber solange die Öffis so gut funktionieren, sehe ich keinen Grund, ihn sofort zu machen. Vielleicht wird es einmal wichtig, wenn ich irgendwo arbeite, wo man nicht so leicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln hinkommt oder es längere Fahrten wären. Von Freunden habe ich schon mitbekommen, dass sie bei der Fahrprüfung wegen Kleinigkeiten durchgefallen sind. Teilweise haben sie selbst gar nicht bemerkt, dass es ein Fehler war, und trotzdem sind sie geflogen – oft völlig unbegründet. Wenn ich den Führerschein mache, werde ich ihn aber trotzdem in Vorarlberg machen. Auch wenn es in anderen Bundesländern günstiger oder schneller ginge, ist es mir das nicht wert, extra dafür wegzugehen. Ich muss halt hoffen, dass es funktioniert, wenn ich es hier mache.
Jonas, 21, Dornbirn-Hatlerdorf

Einige sind fünfmal durchgefallen
Ich habe meinen Führerschein nun schon seit zwei Jahren. Mit 17 habe ich ihn begonnen und dann mit 18 fertig gemacht. Ich wollte einfach mobil sein und habe deswegen mit den Kursen begonnen. Die Theorie habe ich beim ersten Mal geschafft, für die Praxis brauchte ich zwei Versuche. Dass ich beim ersten Mal durchgefallen bin, war aber nachvollziehbar. Es hätte nämlich etwas passieren können, denn ich habe eine Vollbremsung gemacht. Alles war zwar sicher und es ist auch nichts passiert, aber der Prüfer meinte, es hätte gefährlich werden können. Allerdings habe ich bei meinen Freundinnen teilweise mitbekommen, dass einige sogar vier bis fünf Mal durchgefallen sind. Manche einfach mit der Begründung, dass sie noch zu „unsicher und vorsichtig“ fuhren, aber das ist doch klar, dass man nach ein paar Fahrstunden nicht direkt perfekt fährt. Deswegen finde ich es unfair, wenn solche Kleinigkeiten als Grund fürs Durchfallen dienen. Mit meinem Prüfer war ich allerdings echt zufrieden.
Lena, 20, Hohenems

Damit ich mobil und unabhängig bin
Ich habe jetzt seit meinem 18. Geburtstag meinen Führerschein, einfach damit ich Autofahren kann, unabhängig und mobil bin. Den Führerschein habe ich hier im Ländle gemacht, und ich hatte wirklich das Glück, dass meine Eltern mir die Kosten übernommen haben. In den Nachrichten habe ich neulich von der besonders hohen Durchfallquote in Vorarlberg gehört. Bei zwei meiner Kollegen habe ich es dann auch mitbekommen, die sind nämlich beide beim ersten Mal durchgefallen. Bei einem war es auch begründet, beim anderen hat es aber eindeutig keinen Sinn gemacht, denn es waren nur kleine unbedeutsame Fehler. Ich selbst habe allerdings keine solchen Erfahrungen gesammelt. Mein Fahrlehrer versicherte mir von Beginn an, dass ich einen netten Prüfer haben werde. Das hat mir Sicherheit gegeben und ich war dadurch insgesamt entspannter und dann hat auch gleich beim ersten Mal alles super geklappt.
Nick, 18, Höchst

Zum Glück mache ich den Führerschein erst 2026
Ich bin gerade dabei, den Führerschein zu machen. Die Theorie habe ich zwar sehr lange hinausgezögert, aber mittlerweile abgeschlossen. Jetzt fehlen mir noch die Fahrstunden und dann die praktische Prüfung. Da ich ins Ausland gehe, habe ich die Ausbildung verlängern lassen und mache die Praxis erst nach meiner Rückkehr. Für mich ist der Hauptgrund einfach die Selbstständigkeit. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind in Vorarlberg zwar gut, aber gerade in der Nacht fühlt man sich als Mädchen nicht immer so sicher. Deshalb möchte ich unbedingt den Führerschein haben. Zum Glück übernehmen meine Eltern den Großteil der Kosten, ich zahle aber auch einen Teil selbst. Gehört habe ich tatsächlich schon öfter, dass es Prüfer gibt, die einen fast aus Prinzip durchfallen lassen. Da hat man natürlich kein gutes Gefühl. Ich bin fast froh, dass ich die Prüfung erst nächstes Jahr mache, hoffentlich ist es dann besser.
Lena, 18, Lochau