Hier gibt es Spitzenküche ohne Speisekarte

HARTINGER
Die Saison bestimmt das Menü im Hörnlingen: Jeden Abend warten kulinarische Überraschungen voller Kreativität.
von Johanna Fußenegger und Paulina Summer
Ein Restaurant ohne Speisekarte, trotzdem sind die Plätze oft Wochen im Voraus vergeben. Küchenchef und Inhaber Dominic Mayer setzt im Hörnlingen in Rankweil auf Regionalität, Saisonalität und Überraschung. Betritt man das Restaurant, so fallen einem das dunkle Holz, eine Bar mit großem Ausschank aus Stein und ein Räucherschrank sofort ins Auge. Im hinteren Bereich befindet sich der Gastraum, Augenfang ist wohl die große goldene Lampe in der Mitte des Raumes. Auch sonst wirkt das Restaurant edel und gemütlich. Eine Treppe führt durch das Gemäuer in die Tapasbar und den Weinkeller im Untergeschoss. Hier sieht man den Stein noch gut, was der Lokalität einen Charme und ein wohliges Gefühl verleiht.

Geschichtsträchtiges Lokal
Seit dem späten 19. Jahrhundert befindet sich im Haus in der Bahnhofstraße eine Gastronomie. Der Name „Hörnlingen“ stammt von einer Adelsfamilie, die das Gebäude zwischen 1880 und 1890 errichten ließ. 2018 hat Dominic Mayer das Restaurant übernommen und von Grund auf verändert. „Früher war hier ein Lokal zum Trinken und Ausgehen. Ich habe dann ein ganz neues Konzept hergebracht. Es hat von Anfang an gut funktioniert.“
Zum Start verzichtete Mayer bewusst auf Reservierungen. Drei Abende in Folge standen die Leute Schlange vor der Tür. „Ich wollte es versuchen wie in der Großstadt. Die Neugierde der Gäste war extrem groß.“ Ursprünglich sollten die Gäste drei Etappen durchlaufen: Weinbar, Essen und Liegestuhl. Doch, so Mayer: „Wenn der Vorarlberger sitzt, dann sitzt er.“ Also wurde das Konzept angepasst und Reservierungen angenommen. Anfangs wurde sogar in zwei Schichten (um 17 Uhr und um 20 Uhr) serviert. Seit Corona gibt es nur mehr eine Schicht. 30 Sitzplätze stehen pro Abend zur Verfügung.


Ein Konzept ohne Karte
Das Besondere am Hörnlingen ist, dass es keine Speisekarte gibt. Jeden Mittag zwischen zwölf und dreizehn Uhr bespricht Dominic Mayer mit seinem Team, was am Abend gekocht wird. Nach 25 Jahren im Geschäft entstehen die Ideen fast automatisch: „Irgendwann hat man die Erfahrung dazu. Ich sehe die Produkte und weiß, was ich daraus machen kann“, meint Mayer.
Je nachdem, was die Bauern und Lieferanten aus der Umgebung liefern, wird gekocht. Die Philosophie: frisch, regional und saisonal. Gäste können zwischen verschiedenen Mehrgang-Menüs wählen und sich überraschen lassen. Zum Team rund um Küchenchef Dominic Mayer gehören drei Köche, ein Küchenlehrling sowie zwei Servicemitarbeiterinnen und ein Servicelehrling. Damit die Überraschungsmenüs gelingen, sind höchste Präzision und ein perfektes Zusammenspiel des gesamten Teams gefragt.

Teilen oder klassisch
Sehr beliebt ist das „Sharing-Konzept“. Hier werden verschiedene Gerichte eines Ganges gemeinsam serviert – alles zum Teilen. Rund 70 Prozent der Gäste entscheiden sich für dieses Modell. Wer es klassisch bevorzugt, bekommt ein eigenes Gericht pro Gang serviert. „Das Drei-Gang-Sharing-Menü läuft eigentlich am besten“, so Mayer. Dazu kann eine Weinbegleitung gebucht werden.
Im Vorfeld können Gäste angeben, ob sie vegetarisch, vegan oder pescetarisch essen möchten. Auch auf Allergien oder sonstige Spezialwünsche geht die Küche ein.

Gäste und Veranstaltungen
Das Hörnlingen zählt mittlerweile viel Stammgäste. Aber auch Geschäftsleute schauen immer wieder vorbei. Meist entscheiden sie sich kurzfristig für ein Sharing-Menü oder ein klassisches – „je nach Erfolg des Geschäftes“, meint Mayer zwinkernd. Aber auch Gäste, die einfach gerne einen Abend mit guter Küche und feiner Weinbegleitung genießen wollen, kommen regelmäßig vorbei.
Das Lokal richtet auch private Veranstaltungen, Geburtstage und Weihnachtsfeiern aus. Besonders in Erinnerung geblieben ist Mayer eine Hochzeit für 50 Personen in der Villa Raczynski in Bregenz. Dort wurde kurzerhand ein Werkraum in eine provisorische Küche umgebaut, und das Team kochte frisch vor Ort. Trotz einiger kleiner Hürden, wie etwa einem sehr fein eingestellten Rauchmelder, konnten sie auch dort mit Spitzenküche überzeugen.

Einflüsse und Persönlichkeit
Dominic Mayer hat in vielen Küchen gelernt und gearbeitet. „Ich habe acht Jahre in der Top-Gastronomie gekocht und sehr viel gesehen.“ Seine Regel: Er kocht nur, was er selbst kennt und versteht. So prägen vor allem italienische und französische Einflüsse seine Gerichte. Mayer sammelte Erfahrungen in der französischen Schweiz, Portugal, Italien und der Südsteiermark.
In der Tapasbar setzt er auf mexikanische und spanische Küche; die brachte ihm eine Spanierin bei. „Zurzeit lerne ich von einer Thailänderin, wie man thailändisch kocht“, erzählt er.
Auch beim Wein setzt das Hörnlingen auf Qualität aus Österreich, aber auch andere Länder und ihre Weine kommen zum Zug. Dominic Mayer achtet auch hier auf hohe Qualität. Bier spielt nur eine Nebenrolle, wie Mayer verrät.

Blick in die Zukunft
Oft sind die 30 Plätze schon lange im Voraus ausgebucht. Für Mayer ein klarer Beweis, dass sein Konzept funktioniert. „Am Anfang war es provokant, ohne Speisekarte zu arbeiten – aber genau das hat die Leute neugierig gemacht.“ Ein geplanter Umbau mit größerer Küche und neu gestaltetem Gastraum soll in Zukunft noch mehr Raum für kreative Spitzenküche und besondere Genussmomente bieten.

