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Strolz: „Du musst im Jänner zulegen können“

08.11.2025 • 22:14 Uhr
Strolz: „Du musst im Jänner zulegen können“
Johannes Strolz beim Sport-Talk mit der NEUE. Dietmar Stiplovsek

Doppel-Olympiasieger Johannes Strolz (33) spricht vor dem Saisonstart nächste Woche über seine Ausgangsposition vor dem Olympiawinter.

Sie gehen als zweifacher Olympiasieger in die Saison, aber anders als Weltmeistertitel muss man einen Olympiasieg nicht verteidigen: Olympiasieger ist man für immer, zumal es die Kombination ohnehin nicht mehr gibt. Trotzdem: Sind die Olympiasiege von Peking mit Blick auf die Spiele 2026 eher eine Bürde, weil sie Erwartungen wecken – oder beflügeln Sie diese Erfolge?
Johannes Strolz:
Aktuell sind meine Erfolge von Peking ein Rückenwind für mich. Die Medaillen lassen mich ein bisschen entspannter auf das Ganze blicken. Ich möchte die Erfolge natürlich wiederholen. Diese Mission kann ich mit der Erfahrung angehen zu wissen, was es dafür braucht. Auch die Erfahrung mit der Nicht-Teilnahme an der Heim-WM macht mich irgendwie entspannter. Großereignisse wie eine WM oder Olympia sind natürlich die Höhepunkte einer Saison und einer ganzen Karriere, im Endeffekt kannst du aber einfach nichts erzwingen. Du kannst bloß alles tun, was in deiner Macht steht, um deine beste Leistung zu zeigen – wenn es dann trotzdem nicht reicht, ist das natürlich bitter, aber so ist der Sport. Ich gehe nicht mit der Einstellung in die Saison, dass ich mir oder sonst wem noch unbedingt was beweisen muss. Deshalb sind meine drei Olympiamedaillen keine Bürde. Die Medaillen sind vielmehr ein Ansporn. Auch wenn es abgedroschen klingt – die Olympischen Spiele haben sowieso ihre eigenen Gesetze. Das meine ich damit, wenn ich sage, dass mir die Erfahrung von Peking sehr hilft. Bei Olympia brauchst du nicht nur sportlich ein Top-Paket, auch die mentale Komponente spielt eine enorme Rolle, eine viel größere als bei einer WM. Wenn ich es zu Olympia schaffe, kann ich mit einer positiven Energie anreisen: Denn wie Sie es richtig sagen, Olympiasieger bleibt man, ich kann also in Bormio nichts verlieren, sondern nur gewinnen. Vielleicht ändert sich im Verlauf der Saison meine Einstellung noch. Aber das kann ich mir fast nicht vorstellen.

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Strolz räumte bei den Spielen in Peking groß ab. AFP

Die Slalomsaison beginnt nächsten Sonntag wieder im finnischen Levi. Wir haben ja schon im Vorjahr darüber gesprochen, dass Ihnen der flache Hang nicht sonderlich entgegenkommt, Sie aber sich auf Ihre positiven Erfahrungen konzentrieren, die Sie sehr wohl in Levi schon gemacht haben. Ab wann bereitet man sich mental intensiv auf den Saisonstart vor und beginnt sich positiv zu programmieren?
Strolz:
Also mit dem so richtigen Einstellen auf den Saisonstart habe ich eigentlich erst vor ein paar Tagen begonnen. Klarerweise habe ich auch im Sommer das ein oder andere Mal an Levi gedacht. Auch in Chile bei unserem ersten großen Trainingslager, da hatte ich ein paar Gespräche mit dem Trainer. Wir haben die Planung noch einmal besprochen, dabei war Levi natürlich ganz automatisch ein Thema, aber ich hatte eine gesunde Distanz.

Weil es einfach viel zu früh wäre, sich schon so früh verrückt zu machen?
Strolz:
Viel zu früh, das wäre extrem kontraproduktiv. Es geht bei einem Formaufbau nicht darum, so schnell wie möglich in Bestform zu kommen, es braucht eine gesunde Entwicklung, ausgerichtet auf den Rennkalender und den Saisonhöhepunkt.

Eine Woche nach Levi steht zwar in Gurgl gleich der nächste Slalom an, aber danach geht es erst Mitte Dezember weiter: Und so richtig Schwung nimmt die Saison ja erst mit dem traditionellen Slalom-Jänner mit den Torläufen in Madonna, Adelboden, Wengen, Kitzbühel und dem Nachtrennen in Schladming auf?
Strolz:
Natürlich willst du schon in Levi und Gurgl bei den Schnellsten dabei sein. Ein guter Saisonstart ist immer positiv. Aber wenn man im Slalomlager eine Umfrage machen würde, wann man lieber in Bestform ist, im November oder ab Jänner, würde die Antwort ganz eindeutig ausfallen: im Jänner. Es gilt, sauber zu arbeiten, während der Saison wichtige Schritte zu machen, und dann passiert es eh von selbst, dass man immer schärfer und schärfer wird. Die andere Seite ist, dass du im Jänner befreiter fahren kannst, wenn du bei den frühen Rennen schon was vorzuweisen hast. Denn die Quali für die Spiele wird mindestens so hart wie die Quali für die Heim-WM. Es ist eine Gratwanderung, im Jänner musst du definitiv noch zulegen können, gerade bei den Klassikern in Wengen, Kitzbühel und Schladming.

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Strolz will beim Saisonstart im finnischen Levi angreifen. GEPA

Bleiben wir bei den Spielen, aber mit einem Perspektivenwechsel: 2025 haben mit Lukas Mähr und Bettina Plank gleich zwei Vorarl­berger Olympiamedaillengewinner ihre Karriere beendet. Wie dicht haben Sie das verfolgt?
Strolz:
Man verfolgt es natürlich mit, insbesondere die Interviews von Betti Plank und Luki Mähr zu ihren Rücktritten. Es war, denke ich, für das Wintersportland Vorarlberg sehr speziell, dass wir im Sommersport zwei Olympiamedaillengewinner feiern konnten. Und dementsprechend war es auch sehr speziell, als die beiden ihren Rücktritt erklärten. Es ist natürlich schade, dass zwei so Kapazunder aufgehört haben, aber ihre Aussagen zeigen, dass beide für sich einen stimmigen Zeitpunkt gefunden haben. Was Bettina in ihrer Karriere jahrelang geleistet hat, ist einfach sensationell. Sie hat so viele Medaillen und Titel gesammelt und dann in Tokio ihre große Chance beim Schopf gepackt. Die Geschichte von Luki Mähr ist ein bisschen vergleichbar mit meiner, nach dem Wechsel zum Mixedformat stand seine Karriere vor dem Aus, aber er hatte den Mut und das Durchhaltevermögen, neu anzugreifen, aus diesem Mut ist mit dem Olympiasieg etwas Außergewöhnliches entstanden.

Bleibt noch: Sie und Ihr enger Freund Alessandro Hämmerle sind in Peking am gleichen Tag Olympiasieger geworden. Ist anvisiert, dass Ihr beide euch trefft und gemeinsam die positive Energie von damals neu aufleben lässt?
Strolz:
Geplant haben wir noch nichts, aber beim Olympiazentrum Vorarlberg haben sie in diese Richtung gedacht: Alle Athleten, die im Winter für Olympia infrage kommen, wurden zu einer Veranstaltung für einen interessanten Austausch eingeladen. Leider konnte ich es mir terminlich nicht einrichten. Aber, wer weiß, vielleicht schaffen es „Izzi“ und ich vor den Spielen noch uns zu treffen, eigentlich wäre das gar keine schlechte Idee. Denn positive Energie zu tanken ist immer gut.