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Wer trägt die Hauptschuld an der Montforthaus-Misere, Herr Bürgermeister?

14.11.2025 • 18:51 Uhr
Wer trägt die Hauptschuld an der Montforthaus-Misere, Herr Bürgermeister?
Manfred Rädler im NEUE-Interview. Stiplovsek

Feldkirchs Bürgermeister Manfred Rädler (ÖVP) über die Verantwortung in der Causa Montforthaus, die Finanzlage der Stadt, Sparmaßnahmen und warum sich die Feldkircherinnen und Feldkircher auf deutlich höhere Gebühren einstellen müssen.


Wir haben uns vor ziemlich genau einem Jahr zu unserem letzten Interview getroffen. Das war noch vor der Wahl. Sie waren damals rund fünf Monate im Amt und voller Optimismus und Tatendrang. Wie sieht das heute aus?
Manfred Rädler: Der Optimismus und Tatendrang sind ungebrochen. Mit der Zeit ist natürlich auch mehr Erfahrung dazugekommen. Das Arbeitspensum ist nach wie vor enorm. Man glaubt manchmal, es müsste weniger werden und ist dann doch überrascht, dass die Intensität gleichbleibt.

Bürgermeister wäre ein Traumjob, wenn da nicht die Finanzen wären. Zu diesem sinngemäßen Ergebnis kam eine Umfrage der FH Kärnten im Auftrag des Gemeindebunds im Jahr 2024. Sehen Sie das auch so?
Rädler: Eine Gemeinde muss sich ständig überlegen, wie sie ihre Aufgaben finanziert. Das ist eine immense und sehr verantwortungsvolle Arbeit, die untrennbar mit dem Bürgermeisteramt verbunden ist. In der nächsten Stadtvertretung wird ein neuer Stadtrat bestellt, dann gebe ich das Finanzressort ab. Aber die Finanzen bleiben natürlich immer ein zentrales Thema für mich. Wenn die Ertragsanteile des Bundes sinken und die Ausgaben für den Sozial- und Gesundheitsfonds steigen, sind wir leider nur Beifahrer.

Die Finanzlage ist jedenfalls mehr als herausfordernd. Die Stadt kann ihren laufenden Betrieb nicht mehr ohne Fremdmittel stemmen.
Rädler: Richtig, das ist eine Belastung. Im operativen Bereich sind ja auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter enthalten. Das heißt im Grunde, wir machen Schulden, um Personal zu bezahlen zu können. Hier braucht es sicher strukturelle Veränderungen. Das ist eine Hausaufgabe, die wir in der Gemeinde selbst erledigen müssen. Seitens des Landes gibt es ja auch Bestrebungen, etwa im Gesundheitsbereich. Da passiert derzeit viel und das ist auch notwendig. Denn genau dort müssen Einsparungen gelingen, damit wir als Gemeinden wieder positive operative Haushalte erzielen und wieder finanzielle Bewegungsfreiheit zurückgewinnen.

Wer trägt die Hauptschuld an der Montforthaus-Misere, Herr Bürgermeister?
Rädler zu den Erwartungen an das Montforthaus. “Damals ist man sicher von anderen Kennzahlen ausgegangen, die sich im Nachhinein so nicht realisieren ließen.” Stiplovsek

In unserem letzten Interview vor der Wahl haben Sie gesagt, Sie wollen eigene Akzente setzen und für die Bürger spürbar sein. Wie setzt man denn eigene Akzente, wenn man kein Geld hat?
Rädler: Das ist eine gute Frage (lacht). Das ist im Moment schwierig. Derzeit setze ich Akzente vor allem dort, wo ich das Budget konsolidiere. Das tut den Bürgerinnen und Bürgern dort, wo es Erhöhungen gibt, zwar weh, aber es ist leider unumgänglich. Wir haben in vielen Bereichen sehr rasch gehandelt, etwa beim Montforthaus. Gleichzeitig schaue ich, dass wir effizienter werden. Wir haben viele Bauvorhaben und eine sehr gut aufgestellte Bauabteilung im Rathaus. Wir werden da wieder mehr selbst machen, anstatt Aufträge nach außen zu vergeben. Das spart Kosten und steigert die Effizienz.

Das Montforthaus wurde bei seiner Eröffnung vor zehn Jahren als kultureller Motor und wirtschaftlicher Impuls für Feldkirch gefeiert. Das Gegenteil ist eingetreten. Hat man sich da verkalkuliert?
Rädler: Das Haus ist nach wie vor ein Vorzeigeobjekt. Ein Gebäude dieser Größe und Ausrichtung wird im Haushalt immer ein Minus abbilden. Man hat die Wirtschaftlichkeit des Hauses damals wahrscheinlich zu optimistisch eingeschätzt. Fakt ist: Die finanzielle Gebarung hat sich zuletzt schlechter entwickelt, als ursprünglich budgetiert. Deshalb haben wir in vielen Bereichen die Reißleine gezogen. Jetzt geht es darum, mit einer klaren Strategie, einer neuen Geschäftsführung und Überlegungen – etwa die Gastronomie auszulagern – das Montforthaus neu auszurichten.

Was sagen Sie den Feldkircherinnen und Feldkirchern, die sich fragen, warum sie jedes Jahr so viele Millionen zahlen müssen?
Rädler: Andere Städte haben vergleichbare Häuser, und im Vergleich ist unseres nicht teurer. Natürlich wird so ein Haus immer Geld kosten. Wichtig ist, dass uns die Abgänge nicht davonlaufen. Wir wollen gegensteuern, aber das wird nur bis zu einem gewissen Grad möglich sein. Wie groß dieser Spielraum tatsächlich ist, wissen wir noch nicht. Das hängt stark von der künftigen Auslastung ab und davon, wie breit das Haus bespielt wird. Wir müssen ein gutes Gleichgewicht finden: Veranstaltungen, die einen Deckungsbeitrag bringen, und andere, die zwar ein Minus machen, aber kulturell oder gesellschaftlich wichtig sind.

War das Montforthaus eine Fehlplanung?
Rädler: So wie es gebaut wurde, war es richtig und gut geplant. Es hat auch nach zehn Jahren noch eine sehr hohe Strahlkraft.

Ich meine wirtschaftlich.
Rädler: Das kann ich nicht sagen. Ich bin erst seit eineinhalb Jahren Bürgermeister.

Aber sie waren schon in der Stadtvertretung, als man den Bau beschlossen hat.
Rädler: Ja, das stimmt. Aber die Stadtvertretung hat bei weitem nicht den Informationszugang, den ein Bürgermeister oder ein Stadtrat hat. Damals ist man sicher von anderen Kennzahlen ausgegangen, die sich im Nachhinein so nicht realisieren ließen. Im Nachhinein lassen sich Fehler natürlich immer leichter beurteilen als in dem Moment, in dem Entscheidungen getroffen werden.

Wer trägt die Hauptschuld an der Montforthaus-Misere, Herr Bürgermeister?
Rädler: “Hätten wir die Zahlen, die wir jetzt kennen, schon vor einem Jahr gehabt, hätten wir sicher noch schneller reagiert.” Stiplovsek

Das Defizit der Montforthaus Feldkirch GmbH beträgt jedes Jahr durchschnittlich rund drei Millionen Euro, in den letzten zehn Jahren also 30 Millionen Euro. Hätte man da nicht schon viel früher die Reißleine ziehen müssen?
Rädler: Darüber müsste man mit jenen sprechen, die das damals in der Hand hatten. Als ich das übernommen habe, haben wir praktisch von Beginn an intensiv am Thema gearbeitet. Hätten wir die Zahlen, die wir jetzt kennen, schon vor einem Jahr gehabt, hätten wir sicher noch schneller reagiert.

Wer trägt aus Ihrer Sicht die Hauptschuld für die Montforthaus-Finanzmisere?
Rädler: Ich möchte niemandem, der heute nicht mehr im Amt und in Würden ist, nachträglich die Verantwortung zuschieben. Am Ende liegt die Verantwortung jetzt bei mir. Ich habe nach Kenntnis der Lage sofort gehandelt, den Aufsichtsrat und die Generalversammlung laufend informiert und die nötigen Beschlüsse herbeigeführt. Ich bin mit diesem Thema immer sehr offen umgegangen.

Aber der Aufsichtsrat wäre doch eigentlich genau dafür da, um solche Entwicklungen frühzeitig zu erkennen?
Rädler: Natürlich. Das ist laut Statuten das Gremium, das sich mit der Gebarung und den Abgängen befassen muss.

Im heurigen Budgetjahr wird der prognostizierte Abgang der Montforthaus Feldkirch GmbH für das Jahr 2025 um 900.000 Euro höher ausfallen als bisher angenommen. Ein Geschäftsführer sollte das sicher im Blick haben, aber wäre gerade hier nicht auch der Aufsichtsrat gefordert gewesen, frühzeitig zu reagieren.
Rädler: Ja, das wäre wünschenswert gewesen.

Hat der Aufsichtsrat Fehler gemacht?
Rädler: Der Aufsichtsrat bekommt die Quartalszahlen immer zeitverzögert bekommt. Zum Beispiel hatten wir erst kürzlich Einsicht in den dritten Quartalsbericht. Diese Berichte kommen mit etwas Abstand, und genau in diesem Zeitraum hat sich auch ein Teil des höheren Abgangs ergeben.

Gegen den früheren Geschäftsführer läuft ein Ermittlungsverfahren. Die Stadt hat ihn angezeigt, weil er sich kurz vor seinem Abgang angeblich unrechtmäßig 10.000 Euro überwiesen haben soll. Gibt es dazu Neuigkeiten?
Rädler: Nein, ich habe seither nichts mehr gehört. Ich weiß nur, dass schon Einvernahmen stattfinden.

Warum haben Sie die Öffentlichkeit überhaupt über die Anzeige an die Staatsanwaltschaft informiert? Das ist ja eher unüblich. Warum war Ihnen das so wichtig?
Rädler: Wenn solche Dinge über andere Kanäle bekannt werden, entsteht schnell der Eindruck, es würde etwas vertuscht. Ich stehe auch in solchen Fällen für Transparenz, genauso wie bei den erhöhten Abgängen des Montforthauses. Auch da hätte ich keine Presseaussendung machen müssen, aber mir ist wichtig, den Bürgerinnen und Bürgern reinen Wein einzuschenken und offen zu sagen, wie die Situation wirklich ist.

Wer trägt die Hauptschuld an der Montforthaus-Misere, Herr Bürgermeister?
Das Kultur- und Kongresshaus wurde bei seiner Eröffnung vor zehn Jahren als kultureller Motor und wirtschaftlicher Impuls für Feldkirch gefeiert. Das Gegenteil ist eingetreten. Stiplovsek

Wie geht es mit der Suche nach einer neuen Geschäftsführung weiter?
Rädler: Die Hearings haben bereits stattgefunden. Jetzt werden wir zwei bis maximal drei Kandidatinnen oder Kandidaten auswählen., die sich dann noch einmal in der Generalversammlung vorstellen. Dort soll dann eine möglichst einstimmige Entscheidung getroffen werden.

Bis wann soll feststehen, wer das Montforthaus künftig führen wird?
Rädler: Möglicherweise schon Ende dieses Monats.

Wie zufrieden sind Sie denn mit den Kandidatinnen und Kandidaten?
Rädler: Ich bin sehr zufrieden. Die Bewerberinnen und Bewerber, die beim Hearing teilgenommen haben, hinterließen wirklich einen guten Eindruck. Die Auswahl ist fast schon ein Luxusproblem.

Gab es auch Bewerbungen von außerhalb Vorarlbergs?
Rädler: Das Bewerberfeld war breit gespannt. Das Interesse ging deutlich über die Grenzen Vorarlbergs hinaus. Es gab auch Bewerbungen aus dem Land selbst.

Gab es auch Bewerbungen aus den Reihen der ÖVP Feldkirch? Bekanntermaßen gibt es da ein paar Personen, die in diesem Bereich arbeiten bzw. gearbeitet haben.
Rädler: Dazu möchte ich nichts sagen. Das Bewerbungsverfahren ist vertraulich.

Zurück zu den Finanzen: Im Dezember soll der Budgetvoranschlag beschlossen werden. Wie ist die finanzielle Lage der Stadt?
Rädler: Die finanzielle Lage war schon im letzten Jahr angespannt, und das hat sich mit dem heurigen Budget nicht verbessert. Unsere Pro-Kopf-Verschuldung, die jahrzehntelang auf einem sehr guten Niveau befand, liegt mittlerweile bei knapp 3000 Euro. Für 2026 rechnen wir mit etwa 3500 Euro. Die Schulden werden also weiter steigen, weil wir auch 2026 noch keinen positiven operativen Haushalt haben werden. Deshalb konzentrieren wir uns jetzt auf notwendige Investitionen und stellen das Wünschenswerte hintan. 2025 war herausfordernd. Wir haben drei neue Kindergärten gebaut, die Volksschule in Tosters erweitert, die Innenstadtkanalisation saniert. Viele sagen zu Recht, dass es in Feldkirch noch nie so viele Baustellen gleichzeitig gegeben hat wie jetzt.

Wer trägt die Hauptschuld an der Montforthaus-Misere, Herr Bürgermeister?
Rädler stellt sich den Fragen der NEUE. Stiplovsek

Stichwort Kindergartenausbau. Hat man damit zu lange gewartet?
Rädler: Nein, überhaupt nicht. Das war ein klarer gesetzlicher Auftrag. Seit Herbst 2025 müssen ja alle Zweijährigen einen Kindergartenplatz haben.

Aber das wusste man ja schon länger. Das Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz ist schon mit 1. Jänner 2023 in Kraft getreten.
Rädler: Wir haben aber zuerst Bedarfszahlen benötigt und diese auch laufend geprüft. Im Vergleich zu anderen Gemeinden sind wir sogar Vorreiter, weil wir tatsächlich für alle Zweijährigen einen Platz anbieten können. Und wir haben auch das Personal dafür – dank der zuständigen Abteilung Kinder, Schule, Sport, die hier wirklich großartige Arbeit geleistet hat.

Sie haben gesagt, dass Wünschenswertes hintangestellt werden muss. Was fällt da hinein, wo wird der Rotstift angesetzt?
Rädler: Es geht weniger ums Streichen als ums Verschieben. Wir haben im Bereich der Kanalsanierung ohnehin eine Situation, in der die Planungen und die Ressourcen der Stadtwerke nicht so schnell nachkommen. Deshalb wird 2026 vor allem ein Planungsjahr sein. Die nächsten Bauabschnitte beginnen dann erst gegen Ende des Jahres.

Gibt es konkrete Projekte, die, die man vorgehabt hat, aber jetzt gestrichen werden müssen?
Rädler: Nein.

Und was ist mit dem Kunstrasenplatz, auf den die Feldkircher Vereine schon so lange warten? Den haben Sie vor der Wahl in Aussicht gestellt.
Rädler: Der Kunstrasenplatz ist nach wie vor ein großes Thema. Im Moment haben wir das Geld dafür nicht. Es geht jetzt vor allem um eine vernünftige Standortsuche. Mein bevorzugtes Grundstück liegt in einem Bereich, über den ich noch mit dem Bund verhandeln muss. Erste Gespräche hat es bereits gegeben, sie müssen aber noch weitergeführt werden.

Könnte der Platz noch in dieser Periode kommen?
Rädler: Ja, durchaus. Wir hoffen, dass sich in Österreich insgesamt strukturelle Reformen ergeben und sich die Wirtschaft erholt. Wenn sich die Einnahmensituation im Bund und Land wieder verbessert, dann könnte sich auch unsere Lage in den nächsten Jahren deutlich entspannen.

Wie schaut es einnahmenseitig aus? Müssen sich die Feldkircherinnen und Feldkircher auf Gebührenerhöhungen gefasst machen?
Rädler: Einnahmenseitig haben wir natürlich nicht so viele Stellschrauben, an denen wir drehen können. Da geht es vor allem um den Bereich Müll, wo wir in den letzten Jahren die Inflation und höheren Lohnabschlüsse nicht weitergegeben haben. Das straft uns jetzt. Von einer Kostendeckung in diesem Bereich sind wir weit entfernt. Auch bei den Wasser- und Abwassergebühren muss man sich auf deutliche Erhöhungen einstellen. Wir haben da in Zukunft hohe Investitionen zu stemmen.

Wer trägt die Hauptschuld an der Montforthaus-Misere, Herr Bürgermeister?
Rädler: Auch bei den Wasser- und Abwassergebühren muss man sich auf deutliche Erhöhungen einstellen. Wir haben da in Zukunft hohe Investitionen zu stemmen. Siplobsek

Um wie viel Prozent werden die Gebühren erhöht?
Rädler: Wir haben bereits eine Prognose erstellt, sind aber noch in Abstimmung mit den politischen Fraktionen, um dafür auch Mehrheitsbeschlüsse zu bekommen. Wichtig ist uns dabei auch der soziale Ausgleich. Für einkommensschwache Haushalte, etwa Personen, die einen Heizkostenzuschuss erhalten, überlegen wir zusätzlich eine Gebührenförderung.

Sie haben die steigenden Personalkosten angesprochen. Die Stadt und deren 100-Prozent-Töchter beschäftigen derzeit rund 1200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Werden es künftig weniger sein?
Rädler: Wir schauen uns derzeit die Strukturen genau an, so wie das Land oder andere Institutionen das auch tun. Es geht darum, das Personal optimal einzusetzen. Bei 1200 Mitarbeitern mitsamt allen unseren Tochterunternehmen gibt es immer eine natürliche Fluktuation. Da kann man überlegen, ob man in gewissen Bereichen Stellen nachbesetzen muss oder nicht, zum Beispiel bei Pensionierungen. In Kindergärten oder der Pflege geht das natürlich nicht, da muss man sofort nachbesetzen. Natürlich spielt auch die Digitalisierung eine Rolle.

Und welche Rolle spielt da die Künstliche Intelligenz?
Rädler: Die ist natürlich auch ein Thema. Es soll niemand Angst haben, dass er den Arbeitsplatz verliert. Aber wer sich mit KI nicht auseinandersetzt, wird irgendwann Probleme bekommen. Nicht wegen der KI selbst, sondern weil man sich dem Thema verweigert. Es soll niemand gegen die KI ausgespielt werden, aber sie bietet natürlich Effizienzsteigerungen, auch für die Kommunen.

Also wird es schon auch Einschnitte geben?
Rädler: Einschnitte nicht, aber wir haben in manchen Bereichen Strukturen, in denen regelmäßig Überstunden anfallen. Da kann man ansetzen. Kündigungen wären wirklich nur das allerletzte Mittel, das ist nicht das Ziel.

Es gibt also keine Überlegungen, Abteilungen auszulagern oder zu stutzen?
Rädler: Nein, überhaupt nicht. Aber wir schauen uns bestehende Strukturen an. Dort, wo es sinnvoll ist, kann man Synergien schaffen oder Bereiche zusammenlegen.

Die Stadt Feldkirch hat sich in Sachen Budgetkonsolidierung Unterstützung von der BDO Consulting GmbH geholt. Was ist dabei herausgekommen?
Rädler: Der Abschlussbericht liegt bald vor. Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rathaus bedanken. Sie haben sich wirklich engagiert eingebracht. Insgesamt wurden rund 570 sogenannte Potenziale identifiziert. Darunter sind nicht nur direkte Einsparungen – etwa bei Drucksorten oder beim Postversand, der künftig stärker digital erfolgen soll – sondern auch strukturelle Anpassungen, zum Beispiel im Förderbereich. Diese Veränderungen können aber nicht alle sofort umgesetzt werden.

Wer trägt die Hauptschuld an der Montforthaus-Misere, Herr Bürgermeister?
Rathaus Feldkirch: Auch in der Verwaltung muss gespart werden. Hartinger

Was sind das konkret für Potenziale?
Rädler: Da geht es zum Beispiel darum, dass die Politiker keine Gehaltserhöhungen bekommen und dass auch die Parteienförderung nicht steigt. Außerdem sollen Weihnachtsessen und andere kleine „Goodies“ reduziert werden. Früher hat man bei jeder Kindergarten-Eröffnung oder ähnlichen Anlässen ein kleines Fest für die Bevölkerung gemacht, weil viele durch Baustellen oder Umstellungen betroffen waren. Aber genau bei solchen Dingen wird man jetzt etwas zurückfahren müssen.

Und welche Förderungen sollen gestrichen oder gekürzt werden?
Rädler: Wir können da nicht mit dem Rasenmäher drüberfahren, vor allem im sozialen Bereich geht das nicht. Ich nenne jetzt als Beispiel den Kulturbereich, auch da muss man prüfen, was wirklich notwendig ist und was wünschenswert. 2026 müssen wir alle gemeinsam sparen.

Die Stadt Feldkirch hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten viele Liegenschaften gekauft. Muss man aufgrund der angespannten finanziellen Situation jetzt wieder ein paar verkaufen?
Rädler: In guten Zeiten hat man Liegenschaften gekauft. Teils aus strategischen Gründen, teils als Investment. Jetzt müssen wir klar priorisieren: Was ist für die Stadtentwicklung wirklich notwendig, und wovon können wir uns trennen? Diese Überlegungen laufen bereits. Es gibt auch Grundstücke außerhalb der Gemeindegrenzen, die für die Stadt keine Bedeutung haben. Die können wir mit höherer Priorität verkaufen. Natürlich muss der Preis passen. Wir werden nichts unter Wert verkaufen, nur weil wir gerade eine finanzielle Lücke haben.

Für Unmut sorgte 2021 der Ankauf des Hauses Schmiedgasse 14 (BIPA) um 3,25 Millionen Euro, der damals in einem raschen Umlaufbeschluss abgesegnet wurde. Könnte diese Immobilie auch bald zum Verkauf stehen?
Rädler: Ja, durchaus.

Die Vermögens- und Liegenschaftsverwaltung der Stadt bezeichnete den Kauf des Hauses damals auf NEUE-Anfrage als „Bestandteil unserer erfolgreichen Grundstücks- und Immobilienankaufsstrategie, die sicherstellen soll, dass die Nutzungs- und Gestaltungshoheit in den Händen der Stadt bleibt“. Wie passt das zusammen? Das war ja in dem Fall kein reines Investment
Rädler: Liegenschaften in Rathausnähe waren für die Stadt immer schon interessant und attraktiv. Inzwischen wurden die Innenstadtgebäude im städtischen Besitz neu analysiert und bewertet. Dabei hat sich gezeigt, dass diese Liegenschaft nicht mehr über diesen Stellenwert, wie ursprünglich gedacht, verfügt.

Kurz noch zum Feldkircher Stadttunnel. Was sagen Sie zum monatelangen Baustopp, der jetzt erst kürzlich wieder aufgehoben wurde?
Rädler: Bei aller Rechtsstaatlichkeit: Wie ein Baukran oder Baucontainer aufgestellt wird, hat doch kaum Auswirkungen auf die Bevölkerung. Gerade in Bereichen, in denen die Anrainer ohnehin durch Lärmschutzwände geschützt sind, kann man schwer nachvollziehen, warum solche Dinge einen Baustopp auslösen. Und wenn ich höre, dass es auch um die Größe eines Dieseltanks ging, der 20.000 Liter statt 5000 fasst, dann muss ich ehrlich sagen, dass mir da völlig das Verständnis fehlt. Ein größerer Tank bedeutet doch, dass der Tankwagen viermal weniger oft fahren muss. Das reduziert den Verkehr sogar. Ich hoffe wirklich, dass wir in Vorarlberg bald zu einer behördlichen Praxis kommen, die bei derart marginalen Anpassungen rascher und pragmatischer entscheidet.

Die Kassen-Hausarztstellen platzen in Feldkirch aus allen Nähten und nehmen teilwiese keine neuen Patienten mehr auf. Immer mehr Menschen stehen praktisch auf der Straße. Wie sehen Sie die Situation und was kann man als Stadt überhaupt dagegen tun?

Da haben wir in Feldkirch tatsächlich keine komfortable Situation. Meine Stadtratskollegin Julia Berchtold ist hier intensiv im Austausch, und ich bin, wo immer möglich, mit eingebunden. Wir versuchen, mit zinslosen Darlehen für Niederlassungen den Ärztinnen und Ärzten beim Start unter die Arme zu greifen. Am Ende braucht es aber natürlich die Kassenärzte sowie die Ärztekammer, die im Auftrag der ÖGK diese Stellen ausschreiben und besetzen muss. Die ÖGK sagt, es seien nur eineinhalb Stellen unbesetzt, aber gefühlt sind es drei. Da wäre es wichtig, die Zahlen einmal zu evaluieren.  Stimmen die Zuordnungen der Kassenstellen wirklich zur Bevölkerungsdichte und Größe der Stadt?

Letzte Frage: Man hört,Sie liebäugeln mit einer zweiten Amtsperiode. Ist das so?
Rädler: Das entscheide ich rechtzeitig, aber sicher nicht heute. Es macht mir jedenfalls nach wie vor Spaß.