Kultur

Hinter die sichtbaren Dinge blicken

18.11.2025 • 18:23 Uhr
Hinter die sichtbaren Dinge blicken
Bechtolds Betonporsche zählen zu den prominenten Arbeiten der Stadt. Dieses Bild von der Aufstellung im Jahr 2006 erinnert an den Aufwand hinter dem vertrautem Objekt. Gmeiner

Die Stadt Bregenz versteht ihre neue Ausstellung als Bekenntnis zu Kunst im öffentlichen Raum.

Keine Ausstellung im eigentlichen Sinne, mehr eine Vorstellung und Reflexion verspricht „Beyond Decoration – Kunst im öffentlichen Raum“. Die Schau des Kulturservice der Stadt Bregenz wird am Donnerstag, dem 20. November, um 18.30 Uhr im Magazin 4 eröffnet und dürfte dank einer neuen Broschüre weit über dem Schlusstermin des 31. März präsent sein.

Beyond Decoration – Kunst im öffentlichen Raum
An der Fassade des neuen Stadtbads dreht sich Roman Signers „Weltuhr“ (2025) um sich selbst. bregenz

Raum für Auseinandersetzung

Herbert Meusburgers „Der Knoten“ (2023), Gottfried Bechtolds „Betonporsche Elf El“ (2006) oder das von Nataša Sienčnik entworfene Widerstandsdenkmal (2015) sind drei der 26 Arbeiten, die dauerhaft zwischen Seebad, Molo und Belruptstraße installiert sind und im Rahmen der Schau näher beleuchtet werden.

Bürgermeister Michael Ritsch schätzt sie als Ausdruck eines jahrzehntelangen Engagements der Stadt, das einen niederschwelligen Zugang zu Kunst garantiert. Er erlebe oft, wie sie spontane Diskussionen anrege, gerade auch bei Personen, die üblicherweise weder Museen noch Galerien aufsuchen. In den Augen von Kulturstadtrat Reinhold Einwallner schaffen sie einen Raum für Auseinandersetzungen, „Demokratiebildung im ursprünglichsten Sinne“. Den vom Land beschlossenen Förderstopp für „Kunst am Bau“ sieht er daher als falsche Entscheidung. Vielmehr bekräftigt Einwallner beim Pressegespräch die Absicht der Stadt, Kunst im öffentlichen Raum auch weiterhin zu finanzieren, wobei private Sponsoren eine bedeutende Rolle einnehmen, wie Bürgermeister Ritsch anmerkt.

Beyond Decoration – Kunst im öffentlichen Raum
Bürgermeister Michael Ritsch mit Kulturamtsleiterin und Kuratorin Judith Reichart, Otto Huber (u.a. „Horizon Fields“) und Kulturstadtrat Reinhold Einwallner. Bregenz

Diskussionen

Jetzt gewährt das neue Format einen mit Details bespickten Überblick zu den Arbeiten. Die im Magazin 4 ausgestellten Infosheets decken sich im Wesentlichen mit dem Gehalt der Broschüre. Dass sich ein Besuch dennoch lohnt, offenbart ein Blick auf den Veranstaltungskalender. Das Gespräch zum Auftakt widmet sich dem Thema „Kunst im öffentlichen Raum / Kunst am Bau“. Mit Hauptrednerin Cornelia Offergeld (Kunst im öffentlichen Raum Wien) sprechen Andreas Cukrowicz (Architekt), Michael Kasper (Vorarlberg Museum) und Barbara Keiler (Bundesdenkmalamt/Landeskonservatorat für Vorarlberg). Am 26. Februar wendet sich der Blick weg vom städtischen zum Thema „ländliche, hochalpines Gebiet“. Dann diskutieren Hauptredner Otto Huber („Horizon Field“/ „Skyspace Lech“) mit Gottfried Bechtold (Künstler), Marina Hämmerle (Architektin), Andreas Neuhauer (Kommunikation Illwerke vkw) und Miriam Prantl (Künstlerin).

Beyond Decoration – Kunst im öffentlichen Raum
Die neue Ausstellung im Magazin 4. Bregenz

Am 6. März folgt ein Gespräch über Erinnerungskultur und kollektivem Gedächtnis. Ein Vortrag des Historikers Meinrad Pichler eröffnet die Dikussion, an der Hanno Loewy (Jüdisches Museum Hohenems), Sarah Schlatter (Künstlerin) und Petra Zudrell (Stadtmuseum Dornbirn) teilnehmen werden.
Stadtführungen zum Thema „Kunst im öffentlichen Raum“ runden das Programm ab. Sie finden jeweils am 21. November, 1. März und 6. März unter der Leitung von Karin Fetz statt.

Hinter die sichtbaren Dinge blicken
Wilfried Koflers „Knoten gegen das Vergessen“ (1990). hartinger

Widersprüchlich

„Beyond Decoration“ vermittelt eine widersprüchliche Botschaft. Einerseits bekennt sich die Stadt Bregenz, dem kulturellen Auftrag finanziell nachzukommen. Andererseits zeigt die augenscheinlich kostengünstige Schau keine neuen Arbeiten.

Ob das Format zu mehr Diskussionen anregt, als es die Objekte ohnehin schon tun, wird sich zeigen. Es ist durchaus möglich, dass sich das philosophische Gerüst (Stichwort Reflexionsräume) dahinter als bloße Dekoration entpuppt. Entscheidend ist dabei, ob und wie sich die Besuchenden äußern. Denn ohne eine lebendige Öffentlichkeit gib es keine öffentliche Kunst, die ihrem Namen gerecht wird.