Vorarlberg

16 Tage gegen Gewalt an Frauen: Opfer suchen sich Hilfe

25.11.2025 • 09:54 Uhr
16 Tage gegen Gewalt an Frauen: Opfer suchen sich Hilfe
„Nur ja heißt Ja!“ Brigitte Stadelmann von der Amazone in Bregenz sieht eine Reform des Sexualstrafrechts als wichtiges Mittel in der Gewaltprävention. Amazone

Gewalt ist vielfältig und kann in unterschiedlichsten Formen vorkommen. Die NEUE hat Frauen aus dem Beratungsbereich gefragt, wie sie Gewalt gegen Frauen auf ihrem Gebiet wahrnehmen.

Elisabeth Gruber-Vögel ist Leiterin der ifs-FrauenNotwohnungen in Vorarlberg. Auf die Frage, wie sich das Thema „Gewalt an Frauen „ in den letzten Jahre verändert hat antwortet sie: „Das Thema ist glücklicherweise nicht mehr so tabuisiert wie noch vor ein paar Jahren. Das führt auch dazu, dass die Schere des Alters unser Klientinnen die letzte Zeit weiter auseinander gegangen ist. Wir haben inzwischen mehr Frauen die beispielsweise erst zwischen 18 bis 25 alt sind. Gleichzeitig kommen auch mehr Pensionistinnen zu uns.
An was es laut Gruber-Vögel derzeit fehle, wäre die Anerkennung und Unterstützung gegenüber der Sozialarbeit. Noch immer würde es weniger Plätze an Frauennotwohnungen in Vorarlberg geben als von der EU empfohlen wird. Die Organisation sei leider seit Jahren chronisch überlastet.

Elisabeth Gruber-Vögel
Elisabeth Gruber-Vögel, Leiterin der ifs-FrauenNotwohnungen in Vorarlberg. Rhomberg

Gewalt am Arbeitsplatz

Für Eva Fischer-Schweigkofler, Leiterin der Abteilung Familie und Beruf bei der AK Vorarlberg, spricht das Thema Gewalt am Arbeitsplatz an.„Arbeitgeber sind aufgrund ihrer Fürsorgepflicht, aber beispielsweise auch aufgrund von Bestimmungen des Gleichbehandlungs- und ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes verpflichtet, Beschäftigte zu schützen“, betont Fischer-Schweigkofler. „Diese Verantwortung muss aktiv wahrgenommen werden – nicht erst, wenn etwas passiert.“ Dabei verweist sie auch auf internationale Standards: Das „Übereinkommen über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt“ der International Labor Organization (ILO) definiert Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz und hat deren Verhinderung zum Ziel. Es soll ein sicheres, respektvolles Arbeitsumfeld für alle Beschäftigten geschaffen werden, unabhängig von Geschlecht, Position oder Beschäftigungsform. „Egal, von wem sie ausgeht – etwa Vorgesetzten, Mitarbeiter, Kunden oder Patienten – fest steht: Gewalt darf niemals als ‚Missverständnis‘ oder ‚Scherz‘ abgetan werden. Jeder Betrieb muss sich entschieden gegen jede Form der Gewalt stellen“, unterstreicht Expertin Fischer-Schweigkofler.

Eva Fischer-Schweigkofler
Eva Fischer-Schweigkofler von der Abteilung Familie und Beruf bei der AK Vorarlberg AK

Gewaltprävention

Auch Angelika Wehinger, Leiterin des Gewaltschutzzentrum, konnte in den vergangenen Jahren beobachten, wie das Thema häusliche Gewalt nicht mehr ganz so tabuisiert ist wie früher. Wehinger geht davon aus, dass die bessere gesellschaftliche Aufklärung dazu führt, dass sich mehr Betroffene trauen, sich an Beratungsstellen zu wenden. „Trotzdem muss das Thema weiterhin in der Gesellschaft präsent sein, nicht nur in den 16 Tagen gegen Gewalt an Frauen“, erklärt Wehinger. Eine wichtige Maßnahme zur Prävention von häuslicher Gewalt wäre laut Wehinger das Vorantreiben der Gleichstellung zwischen den Geschlechtern. „Wir sehen dies besonders in Ländern, die bereits weiter bei der Gleichstellung sind als wir. Da kommt es für gewöhnlich auch zu weniger Problemen im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt“, betont Wehinger.

Angelika Wehinger
Angelika Wehinger vom Gewaltschutzzentrum Vorarlberg ifs/Dünser

Gewalt gegen Mädchen

Brigitte Stadelmann vom Verein Amazone sieht eher Verschlechterungen, wenn es ums Thema Gewalt geht. „Rund 90 Prozent aller Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen werden im familiären oder sozialen Umfeld verübt. Das bedeutet, dass Mädchen von klein auf erleben, wie verschiedene Formen von Gewalt durch Männer gegen Frauen zu ihrem Alltag gehören und scheinbar legitim erscheinen. In der amazoneBeratung berichten Mädchen zudem von Abwertungen, Grenzüberschreitungen, Kommentaren über ihre Körper sowie sexistischen Sprüchen in sozialen Medien“, stellt Stadelmann fest.
Neben der Förderung der Gleichstellung der Geschlechter betrachtet Stadelmann auch eine Reform des Sexualstrafrechts hinsichtlich des sexuellen Einverständnisses als einen wichtigen Hebel. Sie erklärt: „Es braucht Gesetze, die Frauen schützen und eine Täter-Opfer-Umkehr verhindern. In vielen europäischen Ländern gibt es bereits gesetzliche Regelungen, nach denen es für Sex eine explizite Einwilligung braucht: Nur Ja heißt Ja!“

Brigitte Stadelmann
Brigitte Stadelmann von der Amazone.Steurer