So geht es mit dem Kiesabbau in Altach weiter

Die Bürgermeister aus Altach und Götzis äußern sich zum Start des Kiesabbaus. Währenddessen hagelt es weiter Kritik: Die Bürgerinitiative wehrt sich gegen die Lkw-Straße “Kratten”, die BLA.G übt Kritik am Kiesprojekt als Ganzes.
Viel Wirbel gab es in den letzten Wochen und Monaten um den geplanten Kiesabbau in Altach. Die umstrittene zweite Abstimmung in der Altacher Gemeindevertretung, der darauffolgende Abgang dreier ÖVP-Gemeindepolitiker und die Diskussion um die Verkehrslösung hielt die Rheintalgemeinde ganz schön auf Trab. Was dabei fast ein wenig untergegangen ist: Nachdem sich Altach und Götzis auf eine Kooperationsvereinbarung geeinigt haben und in den Gemeindevertretungen beider Kommunen eine Mehrheit für die Grundsatzvereinbarung erzielt wurde, könnte das Projekt Kiesabbau eigentlich gestartet werden. Doch so einfach ist die Sache nicht.
Ausarbeitung der Details
Zuerst müssen nämlich die genauen rechtlichen Rahmenbedingungen zum Abbau ausgearbeitet werden. Das wird wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Wann genau das Verfahren abgeschlossen sein wird, konnte Manfred Böhmwalder (ÖVP), Bürgermeister in Götzis, auf NEUE-Anfrage noch nicht verraten: „Das braucht eine gewisse Zeit. Wie lange das genau dauern wird, kann ich derzeit nicht seriös beantworten.“ Sein Altacher Pendant Markus Giesinger (ÖVP) verwies ebenfalls auf das laufende Verfahren. Es sei im Detail noch nicht absehbar, wie lange dieses dauern wird.

Sobald die Details ausgehandelt seien, müsse der fertige Vertrag in der Gemeindevertretung in Götzis und wohl auch in Altach beschlossen werden, so Böhmwalder. Das heißt, es wird nochmals abgestimmt, bevor die Bagger tatsächlich im Abbaugebiet auffahren.
Unterschriften gegen Straße
Unterdessen ist die Bürgerinitiative Naherholungsgebiet Altach weiterhin bemüht, Unterschriften gegen die von der ÖVP forcierte Lkw-Straße im Altacher Ried zu sammeln. Die Online-Petition hat, Stand Montag, über 1200 Unterschriften, mehr als 500 Altacher haben unterzeichnet. Auch eine Unterschriftenliste auf Papier sei noch im Umlauf, wie Bernd Schnetzer, Sprecher der Initiative, bestätigt. Die Zahl jener, die schriftlich unterzeichnet haben, liege im dreistelligen Bereich. Für März plant die Bürgerinitiative eine weitere Informationsveranstaltung, genauere Details hierzu will Schnetzer in absehbarer Zeit noch folgen lassen.

Kritik im “Klartext”
Die “Bürgerliste Altach + Grüne” (BLA.G) haben sich indes vergangene Woche in ihrem Parteimagazin „Klartext“, das auch an die Altacher Haushalte geschickt wurde, zur Causa um die zwei Abstimmungen in der Gemeindevertretung zum Kies-Deal kritisch geäußert. Zudem macht man darin auf die Bürgerinitiative aufmerksam und führt Kritikpunkte an der Kooperationsvereinbarung zum Kiesabbau an.
Die BLA.G sieht zum einen die Umweltbelastung problematisch und bemängelt zum anderen das Fehlen von Businessplan, Ertragsprognose und Risikoabschätzung. Nach vorhandener Projektgestaltung liege das komplette finanzielle Risiko auf Seite der Gemeinde Altach. Riskant sieht man auch das Thema Aushubmaterial: „Verschiedene Erhebungen, Studien, öffentliche Unterlagen und die Stellungnahme des wasserwirtschaftlichen Sachverständigen lassen große Zweifel an einer lückenlosen und einfachen Verfügbarkeit des erforderlichen Aushubmaterials zu.“ Mangelt es an Aushubmaterial, sei mit einem „massiven Preisverfall“ des Aushubmaterials und einem „großen wirtschaftlichen Risiko“ zu rechnen. Auch die geplante Lkw-Straße im Altacher Naherholungsgebiet wird im Parteimagazin kritisiert.

BLA.G geht in die Offensive
Auf der letzten Seite des “Klartext” wird es besonders interessant. Dort geht die BLA.G kritisch auf Äußerungen und Statements der Altacher ÖVP ein. Jeweils vier Behauptungen der ÖVP werden genannt, es folgt die Begründung, warum diese nicht stimmen, und danach eine Richtigstellung.
Die erste Behauptung, um die es geht, ist wohl die pikanteste: „Ministerin Leonore Gewessler hat den Autobahnanschluss über die Raststätte verhindert.“ Um dies zu widerlegen, ist im Magazin eine Mail der Asfinag aus dem Jahr 2020. Darin steht, eine Anbindung von Rohstoffgewinnungsstandorten an Bundesstraßen sei entsprechend der aktuellen Bestimmungen des Bundesstraßengesetzes nicht möglich. Die BLA.G kritisiert, dass Giesingers Vorgänger, Bürgermeister Gottfried Brändle, diese Erkenntnis „wissentlich verschwiegen“ habe und dadurch die Volksabstimmung zum Kiesabbau (im Dezember 2019, Anm. d. Red.) „wesentlich zu Gunsten des Projektwerbers beeinflusst.“
Günter Fritz von der Asfinag bestätigte nach einer Anfrage der NEUE aus dem Jänner 2020, dass das Land Vorarlberg im März 2019 und die Gemeinden im Juni 2019 davon informiert wurden, dass ein Autobahnanschluss nicht möglich ist. Ursprünglich war ein Autobahnanschluss als Verkehrslösung für das Kiesprojekt angedacht.

Weitere Vorwürfe
Die zweite Richtigstellung der BLA.G besagt, dass die Gemeinde nicht gezwungen sei, den Kiesabbau aufgrund der Volksabstimmung umzusetzen. „Richtig ist vielmehr, dass bei der Volksabstimmung darüber abgestimmt wurde, ob die Gemeinde die Realisierung des Projektes weiter vorantreiben soll. Das heißt natürlich nicht, dass man auf „Teufel komm raus“, ohne Verkehrslösung und mit möglicherweise großem finanziellem Risiko den Kiesabbau umsetzen muss“, heißt es im “Klartext”.
In einer Aussendung vom Montag greift die BLA.G erneut die ÖVP an: „Diese bewussten Täuschungen der Bevölkerung hatten unlängst zur Folge, dass mehrere Mandatare der ÖVP die Partei verließen. Auch sie berichteten, dass über allem der unbedingte Wille innerhalb der Altacher ÖVP sei, das bestehende Kieswerk, das seit Jahren im Besitz der Familie Kopf ist, mit allen Mitteln weiterzubetreiben, koste es was es wolle.“
Standpunkt des Bürgermeisters
Die Gemeinde Altach hat ihrerseits bereits vor zwei Wochen eine Presseaussendung ausgeschickt und darin Position zur Verkehrsthematik bezogen, ein inhaltlich übereinstimmender Artikel wurde auch im Altacher Gemeindeblatt abgedruckt. Sie will eine Lösung für eine Problematik schaffen, die nicht in Zusammenhang mit dem Kiesabbau steht. „Schon seit Jahren ist der Lkw-Verkehr ins Gewerbegebiet Große Wies/Unter Hub eine Belastung für die Bevölkerung in diesem Ortsteil. Das Ziel der Gemeinde Altach ist es, die schmalen Wohnstraßen in diesem Gebiet vom Schwerverkehr zu entlasten und damit zu mehr Sicherheit für Kinder und Anrainer beizutragen“, heißt es in der Aussendung. Daher prüfe die Gemeinde aktuell unterschiedliche Verkehrslösungen, unabhängig vom Kiesabbau.

Für die Variante „Kratten“, die die Bürgerinitiative verhindern möchte, soll eine Variantenprüfung in diesem Frühjahr abgeschlossen werden. Zur Bürgerinitiative äußert sich Bürgermeister Markus Giesinger wie folgt: „Als Gemeinde begrüßen wir es, dass sich die Altacherinnen und Altacher aktiv am Gemeindeleben beteiligen. Fakt ist aber auch, dass es bei der Volksabstimmung 2019 ein klares, demokratisches Votum für den Kiesabbau und eine Verkehrsentlastung gegeben hat.“ Deshalb prüfe die Gemeinde weiter die möglichen Varianten und plane zeitnah eine Umsetzung – für die belasteten Anwohner, wie die Gemeinde in der Aussendung schreibt.