„Ich hatte tausend Schutzengel“

Vor wenigen Wochen hatte Patrick Loteritsch (28) einen schweren Arbeitsunfall, bei dem er fünf Meter tief abstürzte. Er berichtet, wie er die Situation erlebt hat.
Patrick Loteritsch, Juniorchef des Familienunternehmens PP-Kutzer, hat Anfang Jänner einen schweren Arbeitsunfall erlebt. Der 28-Jährige stürzte bei Sanierungsarbeiten auf einem Flachdach in Bürs durch eine Lichtkuppel etwa fünf Meter tief in eine Werkstatt. Nur ein glücklicher Zufall verhinderte Schlimmeres: „Das parkende Auto hat mir wahrscheinlich das Leben gerettet“, sagt er heute.
Unglückliche Umstände
Loteritsch schildert die dramatischen Minuten, die sein Leben veränderten: „Wir bereiteten das Dach für eine Sanierung vor. Mit einem Saugbagger entfernten wir dafür das Kies, das auf dem Flachdach ausgebracht war. Dabei machte ich einen Schritt zurück, stolperte und wollte mich dann reflexartig an der Lichtkuppel auf dem Dach abstützen.“ Diese war jedoch spröde, brach unter seinem Gewicht und Patrick stürzte in die darunterliegende Werkstatt.
Der Absturz führte ihn fünf Meter in die Tiefe, wo er auf der Heckscheibe eines Autos landete. „Beim Aufprall zerbrach die Scheibe und dabei habe ich mir wohl auch die schlimme Kopfverletzung zugezogen. Das hat meinen Sturz aber zum Glück abgefedert. Ohne dieses Auto wäre ich direkt auf den Betonboden geknallt. Wer weiß, ob ich das überlebt hätte?“ Das laute Bersten der Scheibe höre er noch heute in seinen Gedanken.

Schwer verletzt
„Ich lag am Boden und spürte eigentlich kaum Schmerzen. Nachdem in der Lage war, Arme und Beine zu bewegen, war ich kurz erleichtert, aber ich konnte nicht aufstehen. Dann habe ich gesehen, wie sich von meinem Kopf ausgehend eine Blutlache bildete und mir war klar, dass das doch etwas Gröberes ist“, erinnert sich der Dornbirner. „Als ich meinen Kopf abtastete, fühlte es sich komisch an. Kein Wunder: Später stellte sich heraus, dass ich eine grobe Skalpierung hatte.“ Trotz der schweren Verletzungen blieb er bei Bewusstsein. Ein Kollege und der Besitzer der Halle waren sofort bei ihm und alarmierten die Rettung. Wenige Minuten später war der Notarzt vor Ort. Im Landeskrankenhaus Bludenz wurde ein CT durchgeführt, das zum Glück ergab, dass keine Knochenbrüche vorlagen. Dennoch musste Patrick Loteritsch umgehend notoperiert werden.

Bange Stunden
Besonders dramatisch waren die Stunden für seine Partnerin, mit der Loteritsch eine zweijährige Tochter hat. „Der Unfall passierte um 13.45 Uhr, und ich wurde nach der Untersuchung sofort operiert. Ihr wurde nur gesagt, dass ich einen Unfall hatte und am Kopf operiert werden muss. Sie konnte mich erst gegen 18 Uhr sehen.“ Als klar war, dass er keine Folgeschäden haben würde, war der erste Schock überwunden.
Dankbarkeit
Nach der Operation begann der Heilungsprozess überraschend schnell. „Schon nach wenigen Tagen war die Wunde fast verheilt. Die Ärzte hatten eigentlich von zwei bis drei Wochen gesprochen, aber ich muss eine unglaublich gute Wundheilung haben“, berichtet er erleichtert. Sein Kopf war zunächst komplett verbunden, ein Schlauch sorgte dafür, dass Druck und Flüssigkeit entweichen konnten. Als der Verband entfernt wurde, war er überrascht, dass nicht mehr viel von der Verletzung zu sehen war.
Heute, nur wenige Monate nach dem Unfall, bleibt eine lange Narbe, die von der Stirn bis zum Hinterkopf reicht. Doch er nimmt es mit Humor: „Vor wenigen Tagen wurden mir die Fäden gezogen. Zum Glück habe ich keine Glatze, sonst wäre die Narbe nicht zu übersehen“, erklärt er grinsend.
Den Ärzten und dem medizinischen Personal im LKH Bludenz ist Loteritsch besonders dankbar: „Sie wissen genau, was sie tun. Dieser Unfall hätte auch ganz anders ausgehen können. Ich hatte tausend Schutzengel!“
Arbeitssicherheit
Nach dem Unfall hat sich sein Blick auf die Arbeit grundlegend verändert. Als Juniorchef in einem Familienbetrieb, der in zweiter Generation geführt wird, trägt er nicht nur Verantwortung für sich selbst, sondern auch für seine Mitarbeitenden.
„Wir arbeiten in einer Branche, die mit einigen Risiken verbunden ist. Dieser Unfall war eine Mahnung für mich, wie schnell etwas Schlimmes passieren kann. Zukünftig werde ich noch mehr auf Arbeitssicherheit achten. Es darf keine Kompromisse geben, wenn es um Schutzmaßnahmen geht. Lieber doppelt und dreifach überprüfen, ob alles passt“, erklärt er entschlossen.
Rasche Rückkehr
In wenigen Wochen wird Loteritsch wieder in den Betrieb zurückkehren. „Ich freue mich darauf, meine Kollegen wiederzusehen und aktiv mitanzupacken. Der Betrieb ist ein kleines Familienunternehmen, und ich möchte, dass wir gemeinsam gestärkt aus dieser Erfahrung hervorgehen.“
Das Dornbirner Unternehmen PP-Kutzer ist auf Saugbaggerarbeiten und weitere Dienstleistungen in den Bereichen Tiefbau, Transporte und Dachbegrünung spezialisiert. Mit seinem Vater Bernhard und seinem Zwillingsbruder Pascal, leitet Patrick Loteritsch den Betrieb bereits in der zweiten Generation. Der Zusammenhalt innerhalb der Familie und des Teams gibt ihm jetzt neuen Antrieb.

Blick auf die Zukunft
Trotz des schweren Unfalls richtet der 28-Jährige den Blick optimistisch nach vorne. Gemeinsam mit seiner Partnerin plant er, in diesem Jahr ein eigenes Haus zu bauen. „Das ist ein großes Projekt, aber ich freue mich darauf. Es ist ein wichtiger Schritt für unsere kleine Familie.“
Er sieht den Vorfall als einschneidendes Erlebnis, das ihn jedoch nicht entmutigt hat. „Das Leben ist kostbar, und ich habe durch den Unfall gelernt, es mehr zu schätzen. Es ist beeindruckend, wie schnell alles anders sein kann. Dieser Unfall war eine Warnung, aber auch eine Chance, Dinge anders zu machen.“
Bewusstsein schaffen
Patrick Loteritsch möchte auch anderen ins Bewusstsein rufen, wie wichtig Sicherheitsvorkehrungen am Arbeitsplatz sind. „Viele denken, dass so etwas ihnen nicht passieren wird. Aber das habe ich auch gedacht. Ein einziger unachtsamer Moment kann alles verändern.“
Mit seiner Geschichte hofft er, andere zum Nachdenken zu bringen und die Bedeutung von Arbeitssicherheit hervorzuheben. „Dieser Unfall hat mir gezeigt, wie schnell das Leben aus der Bahn geraten kann. Ich bin unendlich dankbar, dass ich hier bin und dass ich bald wieder arbeiten kann. Aber ich werde nie vergessen, wie knapp es war.“