Vorarlberg

Erneut ist ein Vorarlberger Fahrradhersteller in Schieflage

05.02.2025 • 16:36 Uhr
Erneut ist ein Vorarlberger Fahrradhersteller in Schieflage
Das Unternehmen ist unter anderem auf das Custom-Bike-Prinzip spezialisiert. hartinger/canva

Ein Dornbirner Bikehersteller strebt ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung an. Es gibt 1,1 Millionen Euro an Passiva. Die Ursachen liegen ähnlich wie bei Simplon im Jo-Jo-Effekt der Corona-Pandemie.

Seit wenigen Wochen sorgt ein leerstehender Showroom des 2003 gegründeten Fahrradherstellers Kraftstoff in Dornbirn in der Vorarlberger Fahrradbranche für Spekulationen über die finanzielle Situation des Unternehmens. Schließlich steht die Branche seit längerer Zeit unter starkem Druck, wie auch das Beispiel des Harder Fahrradherstellers Simplon und dessen Sanierungsverfahren zeigt.

Erneut ist ein Vorarlberger Fahrradhersteller in Schieflage
Am Landesgericht wurde ein Sanierungsverfahren eröffnet. hartinger

Jetzt ist die Katze bezüglich Kraftstoff aus dem Sack. Denn die Kraftstoff Bike + Sport GmbH & Co KG hat am Landesgericht Feldkirch am Mittwoch die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung beantragt. Das wurde auf wpa-Anfrage im Beraterumfeld des Unternehmens bestätigt. Angestrebt werde eine Quote von 30 Prozent binnen zwei Jahren für die Gläubiger. Die Verbindlichkeiten belaufen sich auf 1,1 Millionen Euro, wobei gut ein Drittel davon auf vollständig besicherte Banken entfalle. Die Vermögenswerte (Aktiva) liegen bei etwa 500.000 Euro. 

Jo-Jo-Effekt der Pandemie

Bei der Lektüre der Begründung für diesen Schritt haben Marktbeobachter und Wirtschaftskenner ein Déjà-vu hinsichtlich Simplon. Denn die Ursachen für dieses Sanierungsverfahren liegen über weite Strecken erneut in dem durch die Bekämpfung der Covid-Pandemie ausgelösten Jojo-Effekt in der Branche: Auf eine beinahe unstillbare Nachfrage nach Fahrrädern bei gleichzeitig weltweit ausgebremsten Lieferketten folgten zu deutlich überhöhten Preisen angefüllte Lager und dann ein Nachlassen der Nachfrage und ein Sinken der Verkaufspreise. Dazu kommt aufgrund der immer kürzeren Entwicklungszeiten von neuen Features bei den Bikes eine vergleichsweise schnelle “Überalterung” von Lagerbeständen, die dann günstig abverkauft werden müssen.

Gespräche mit Investoren

Im Fall von Kraftstoff hätten zudem “enorm gestiegene Fixkosten” etwa für Miete und Energie sowie die ungünstige Entwicklung im Großhandel zu einem Liquiditätsengpass geführt. Mit dem nunmehr angestrebten Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung kann das Unternehmen von der bisherigen Geschäftsführung weitergeführt werden. Der Preis dafür ist eine höhere Quote von mindestens 30 Prozent. Gleichzeitig biete das Verfahren Kraftstoff mehr Zeit, um laufende Verhandlungen mit potenziellen Investoren vertiefen zu können, wie es in einer Stellungnahme des Unternehmens heißt. Außerdem werde der operative Betrieb dadurch abgesichert.

Restrukturierungsmaßnahmen angelaufen

Geschäftsführer und Miteigentümer Oliver Mößlang blickt deshalb optimistisch in die Zukunft. Erste Restrukturierungsmaßnahmen habe man bereits eingeleitet, wie etwa die Schließung des Showrooms in der Dornbirner Eisengasse und den Umzug an den vorigen Standort in der Bäumle-Gasse. Zudem seien zwei der insgesamt acht Mitarbeitenden freigestellt worden.

Rechtliche Begleitung

Bei dem angestrebten Sanierungsverfahren in rechtlicher Hinsicht begleitet wird Kraftstoff vom Dornbirner Rechtsanwalt Tobias Gisinger von der Kanzlei SKBGL. “Wir sind auf einem guten Weg”, so Gisinger zu den schon umgesetzten und noch vorgesehenen Maßnahmen im Zuge des Restrukturierungsprozesses.

Zu den Eigentümern von Kraftstoff gehört neben der Familie Mößlang unter anderen auch die Filzmaier Privatstiftung aus Lustenau.

wpa/red.