Vorarlberg

Wie zwei Schülerinnen Kindern den Tod erklären

04.03.2025 • 08:00 Uhr
Wie zwei Schülerinnen Kindern den Tod erklären

Julia Frick (19) und Aimee Zerlauth (19) haben im Zuge ihrer Diplomarbeit ein Kinderbuch zum Thema Tod und Sterben geschrieben.

Wenn ein Familienmitglied, oder eine nahestehende Person stirbt, ist das für alle Betroffenen schmerzvoll. Jeder geht mit Trauer anders um. Gerade in solchen Situationen ist jedoch eine Personengruppe besonders vulnerabel: Kinder. Dieses sensible Thema gilt es mit großer Vorsicht an Kinder heranzutragen. Aber wie erklärt man kindgerecht, wenn jemand stirbt? Mit genau dieser Frage haben sich Julia Frick (19) und Aimee Zerlauth (19) in ihrer Diplomarbeit beschäftigt. Die beiden Schülerinnen der HLW Rankweil kamen durch Zufall, nämlich durch Aimees Mutter zu dem Thema.

Wie zwei Schülerinnen Kindern den Tod erklären
Das Cover des Kinderbuchs.

„Sie besuchte eine Fortbildung zum Thema Kommunikation am Lebensende“, erzählt die Schülerin. Durch das gemeinsame Interesse an gesundheitlichen und psychologischen Themen kamen die beiden auf den Titel ihrer Arbeit. „Kommunikation am Lebensende. Über Sterben, Tod und Trauer sprechen“, behandelt das Thema, wie Kinder bestmöglich mit dem Thema Sterben vertraut gemacht werden können.

Wie zwei Schülerinnen Kindern den Tod erklären
Die NEUE traf die beiden Schülerinnen in der Bibliothek der HLW Rankweil.

„Ich hatte im Sommer letztes Jahr selbst einen Todesfall in der Familie, durch diese Situation fing ich an, mich vermehrt mit dem Thema zu beschäftigen“, erzählt Frick. In ihrer Arbeit behandelt sie Aspekte wie die Rolle der Familie im Kommunikationsprozess, altersgerechte Gesprächsführung und die räumliche Gestaltung bei solch schweren Themen. Diese ist nämlich wesentlich wichtiger als gedacht, schildert Frick. „Man muss sehr darauf achten, wo man kommuniziert. Während des Gesprächs sollten außerdem Pausen gemacht werden“, erklärt sie. Ein weiterer Fakt ist ihr besonders in Erinnerung geblieben: „Wenn die sterbende Person liegt, sollte für Gespräche unbedingt das Kopfteil höher gestellt werden.“

Wie zwei Schülerinnen Kindern den Tod erklären
Schülerin Julia Frick.

Zerlauth hingegen bearbeitet ihrer Arbeit die Fragestellungen, welche Bedürfnisse Kinder in solchen Ausnahmesituationen haben, welche Reaktionen sie zeigen und welche Faktoren die Trauer beeinflussen. „Was mich sehr überrascht hat, ist die Tatsache, dass man eher auf die Angehörigen, auf die Familie achten muss in der Trauerbegleitung, gar nicht so sehr auf die sterbende Person“, sagt sie. „Kinder trauern sprunghaft, da gilt es, sie in den Trauerphasen bestmöglich zu unterstützen.“

“Ich hatte im Sommer letztes Jahr selbst einen Todesfall in der Familie.”

Julia Frick, Schülerin

Ein weiterer Fakt ist der 19-Jährigen sehr prägnant in Erinnerung geblieben. „Wenn die sterbende Person liegt, sollte für Gespräche unbedingt das Kopfteil höher gestellt werden.“
Die eigentliche Besonderheit dieser Abschlussarbeit ist jedoch das praktische Projekt der beiden Schülerinnen. Sie haben ein Kinderbuch, passend zum Thema, geschrieben und illustriert.

Wie zwei Schülerinnen Kindern den Tod erklären
Schülerin Aimee Zerlauth.

Kindgerecht erklärt

Das Buch handelt von einer Hasenfamilie, bestehend aus drei Kindern, zwei Elternteilen und dem Großvater, Opahase. Hauptcharakter ist der kleine Hase Timo, der ein sehr inniges Verhältnis zu seinem Großvater, Opahase, hat. Timo und Opahase verbringen viel Zeit zusammen, der Großvater bringt dem Kleinen alles Mögliche bei und gibt ihm Lebensweisheiten mit.

„Doch genauso, wie der Baum im Frühling neue Blätter bekommt, wird die Traurigkeit leichter werden.“

Ein Zitat aus dem Kinderbuch

Speziell bei Themen wie Selbstwert arbeiten die beiden Schülerinnen mit Sinnbildern. So erklärt Opahase Timo beispielsweise eines Abends, als sie gemeinsam die Sterne betrachten, dass alle Sterne gleich wichtig sind, egal wie hell sie leuchten. „Bildlich kann man Kindern einfach so viel mehr vermitteln“, finden Frick und Zerlauth.

Wie zwei Schülerinnen Kindern den Tod erklären
Ein Textauszug aus dem Kinderbuch.


Doch Opahase ist krank und wird bald sterben. Für die Hasenfamilie ist das nachvollziehbar, sie wissen, was passieren wird und dass so nunmal der Lauf des Lebens ist. Doch der kleine Timo versteht nicht, wieso sein Großvater eines Tages nicht mehr da ist, für ihn bricht eine Welt zusammen. „Doch genauso wie der Baum im Frühling neue Blätter bekommt, wird die Traurigkeit leichter werden.“ Mit Sätzen wie diesen illustriert das Kinderbuch liebevoll und altersgerecht, was es bedeutet, wenn ein geliebtes Familienmitglied stirbt. „Wir haben sehr darauf geachtet, alles in kindgerechter Sprache zu formulieren, das Buch ist wirklich an Kinder gerichtet“, erklären die beiden Schülerinnen. Für die Illustrationen holten sie sich Hilfe bei den Cousinen von Zerlauth. Zoe (14) und Mia Köb (15) zeichnen beide für ihr Leben gerne und gestalteten jede Seite des Bilderbuchs individuell. Gedacht ist das Buch für Kinder im Alter zwischen drei bis acht Jahren. „Es war insgesamt ein riesen Aufwand“, schildern die Schülerinnen der HLW Rankweil.

Die Wahrheit erzählen

„Es ist ein sehr tabuisiertes Thema“, findet Frick. „Ich verstehe, dass man mit Kindern nicht darüber spricht, weil es natürlich sensible Inhalte sind, aber sie anzulügen, beziehungsweise ihnen die Wahrheit zu verschweigen, ist nicht der richtige Weg.“

Wie zwei Schülerinnen Kindern den Tod erklären
Der kleine Hase Timo ist traurig, weil er nicht versteht, was geschehen ist. Das Bild wurde ebenfalls von den beiden Cousinen von Zerlauth illustriert.


Aber auch unter Erwachsenen sollte das Thema vermehrt und besser kommuniziert werden, wenn es nach der Schülerin geht. “Unter Tod kann sich jeder etwas vorstellen, aber was das wirklich bedeutet, Trauer und Sterben, ist viel komplexer.“