Das planen Ritsch und Frühstück in Bregenz

Die rot-schwarze Zusammenarbeit in der Landeshauptstadt ist offiziell. SPÖ und ÖVP halten zusammen 75 Prozent der Sitze in der Stadtvertretung.
Mit einem Schulterschluss der beiden stärksten Fraktionen in der Stadtvertretung beginnt in Bregenz eine neue politische Phase: Bürgermeister Michael Ritsch (Team Bregenz/SPÖ) und Roland Frühstück (Bregenzer Volkspartei und Parteifreie) präsentierten das gemeinsame Arbeitsprogramm „Zukunft Bregenz 2025–2030“. Auf 34 Seiten sind darin die Vorhaben für die kommenden fünf Jahre skizziert – von Wohnen über Klimaschutz bis zur Finanzpolitik. Das Papier markiert zugleich das offizielle Ende des sogenannten freien Spiels der Kräfte.
27 der 36 Stadtvertretungsmandate entfallen auf SPÖ und ÖVP. Der daraus resultierende Gestaltungsanspruch wurde mit einem Arbeitsübereinkommen und einer neuen Ressortverteilung nun in politisch verbindliche Bahnen gelenkt. Formal handelt es sich um keine Koalition im klassischen Sinn – ein Koordinationsausschuss soll künftig inhaltliche Differenzen klären. Dennoch ist klar: Die beiden Fraktionen tragen die Verantwortung für eine stabile Mehrheit in der Landeshauptstadt.
Stabilität durch Vertrauen
In einer gemeinsamen Pressekonferenz betonten Ritsch und Frühstück den respektvollen Umgang und das gemeinsame Ziel, Bregenz konstruktiv weiterzuentwickeln. „Wir kennen uns seit 30 Jahren – es geht um die Stadt, nicht um parteipolitisches Kalkül“, so Ritsch. Frühstück ergänzte: „Wir sind politisch unterschiedlich, aber wir können miteinander arbeiten. Der Wille zur Gestaltung ist entscheidend.“


Diese Zusammenarbeit spiegelt sich auch in der Ressortverteilung wider. Bürgermeister Ritsch behält neben Finanzen und Personal auch das internationale Ressort. Roland Frühstück übernimmt als designierter Vizebürgermeister unter anderem die Liegenschaftsagenden sowie Hafen, Friedhöfe und Land- und Forstwirtschaft. Die übrigen Ressorts wurden auf beide Parteien aufgeteilt – etwa mit Robert Vögel (ÖVP) für Wirtschaft, Eveline Miessgang (SPÖ) für Bildung oder Robert Pockenauer (SPÖ) für Stadtentwicklung.
Breites inhaltliches Spektrum
Das Arbeitsprogramm orientiert sich an vier übergeordneten Leitlinien: Nachhaltigkeit und Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Stärke sowie Demokratie und Transparenz. Daraus leiten sich konkrete Projekte ab – darunter die Bregenzer Wohnbauoffensive mit über 600 neuen Wohnungen, die Sanierung der Achsiedlung, das Quartierszentrum Brachsenweg sowie die Umgestaltung von Jahnstraße und Fußgängerzone.
Auch die Mobilität wird ein zentraler Schwerpunkt. Eine City-Maut – in Kooperation mit dem Land – soll künftig Durchzugsverkehr aus der Stadt lenken. Der Bahnhofsneubau wird ebenso forciert wie Unterführungen bei Vorklostergasse und Hafen. Im Klimabereich stehen der Ausbau der Seewassernutzung, neue Nahwärme-Anschlüsse und Maßnahmen zur Entsiegelung öffentlicher Flächen auf dem Programm.

Inhaltliche Einbidung der FPÖ
Eine klassische Regierungsbeteiligung der FPÖ gibt es nicht – wohl aber eine themenbezogene Vereinbarung, die unterzeichnet wurde. Darin bekennen sich SPÖ, ÖVP und FPÖ zu mehreren strategisch zentralen Punkten: dem Erhalt der Fußgängerzone, der „Variante 4a“ beim Bahnhof, der Unterflurtrasse für die Bahn im Großraum Bregenz, neuen Unterführungen und einem Hotelstandort im Festspielbezirk.
Das Bekenntnis ist politisch nicht unbedeutend – insbesondere weil es in der Vergangenheit in Teilen der FPÖ teils gegenteilige Positionen gab. Die Vereinbarung stelle sicher, dass die Stadtregierung in diesen Fragen auch gegenüber Land und Bund mit einheitlicher Stimme auftreten kann. Hubert Kinz von der FPÖ Bregenz erhält die Ressorts Jugend, Musikschule und Energie im Bregenzer Stadtrat.
Grüne Kritik
Für Sandra Schoch (Die Grünen), bisherige Vizebürgermeisterin, ist die Neuaufstellung ein herber Rückschlag. In einer schriftlichen Stellungnahme kritisiert sie, dass es „keine ernsthafte Auseinandersetzung mit einer rot-grünen Koalition“ gegeben habe. Man habe die Grünen in die Gespräche nicht eingebunden. Inhaltlich wolle man dennoch konstruktiv bleiben – insbesondere im Umweltbereich. Schoch wird im Stadtrat für die Bereiche Klimaschutz, Umwelt und Tierschutz verantwortlich sein.
Tatsächlich betonten Ritsch und Frühstück, dass man das Arbeitsprogramm auch mit Blick auf gemeinsame Schnittmengen mit anderen Fraktionen gestaltet habe. Die Zusammenarbeit mit Neos und Grünen sei in mehreren Themenbereichen erwünscht – aber nicht formell gebunden. Die neue Stadtvertretung tritt am 10. April zur konstituierenden Sitzung zusammen.
Finanzielle Spielräume
Im Bereich Finanzen sprach Ritsch offen über die Herausforderungen: gestiegene Personalkosten, rückläufige Ertragsanteile und ein strukturell angespanntes Budget. Maßnahmen zur Konsolidierung seien geplant, jedoch „ohne Harakiri“. Gleichzeitig verwies Ritsch auf das Vermögen der Stadt, etwa den Immobilienwert des Festspielareals, das mit mehr als 500 Millionen Euro beziffert wird. Investiert werde nur, wo ein klarer Mehrwert für die Bevölkerung gegeben sei.

“Ich freue mich, dass ich meine Ressorts weiterführen darf – im Bereich Soziales und Wohnen haben wir viel angestoßen. Die Wohnbauoffensive mit 600 neuen Wohnungen ist ein großer Schritt für leistbares Wohnen in Bregenz. Gleichzeitig arbeiten wir an generationengerechtem Wohnen, etwa beim Sozialzentrum Brachsenweg. Besonders wichtig ist mir auch der Diskriminierungsschutz – Bregenz bekennt sich zur Vielfalt und zur Unterstützung aller Menschen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder sexueller Orientierung.”
Annette Fritsch (SPÖ): Soziales, Gesundheit, Senior:innen, Heime, Wohnungsangelegenheiten, Frauen, Gleichstellung und LGBTIQ+

Sport ist für viele Menschen weit mehr als Bewegung – er ist Teil ihrer Identität, ihrer Gemeinschaft. Deshalb wollen wir gezielt in Infrastruktur investieren. Besonders freut mich, dass wir im Jugendbereich modernisieren und das Between neu denken – als zeitgemäßen Ort für junge Menschen. Gleichzeitig ist mir wichtig, dass auch kleinere Sportvereine die nötige Unterstützung bekommen. Als ehemaliger Jugendstadtrat ist mir das Miteinander im Quartier ein großes Anliegen – daher auch der neue Fokus auf ,Zusammenleben‘.
Michael Felder (ÖVP): Sport, Sportplätze, Stadion und Zusammenleben (ehem. Integration).

Für mich steht im Mittelpunkt, dass Stadtentwicklung nachhaltig, menschlich und mit einem klaren Blick auf soziale Fragen passiert. Wir verdichten mit Augenmaß, schaffen neue Perspektiven im Quellenviertel und im Weidach und bekennen uns klar zur Fußgängerzone. Der Verkehr muss effizient geregelt sein – mit weniger Durchzugsverkehr, dafür mehr Aufenthaltsqualität. Mobilität und Lebensqualität gehen Hand in Hand. Besonders wichtig ist mir, dass wir bei jedem Bauprojekt die Energiefrage mitdenken – sei es beim Nahwärmenetz oder bei nachhaltiger Infrastruktur wie Radwegen und Verkehrsberuhigung.
Robert Pockenauer (SPÖ): Bau, Stadtentwicklung, Mobilität und regionale Angelegenheiten.

In der Kinderbetreuung und im Bildungsbereich haben wir in den letzten Jahren viel erreicht – und wir wollen diesen Weg konsequent weitergehen. Mit dem Kinderhaus Weinschlössle entsteht ein neuer, moderner Ort für frühe Bildung, und mit der Bildungsakademie setzen wir auf Qualität und Ausbildung im pädagogischen Bereich. Besonders wichtig ist mir auch das leistbare Mittagessen in unseren Einrichtungen: Drei Euro pro Kind – das ist soziale Politik, die direkt im Alltag spürbar wird. Spielplätze, Schuladaptierungen und mehr Platz für Ganztagsbetreuung sind weitere wichtige Bausteine für eine familienfreundliche Stadt.
Eveline Miessgang (SPÖ): Familie, Kinder, Schulen und Bildung

Unser Ziel ist es, die lokale Wirtschaft zu stärken – mit gezielter Unterstützung für Jungunternehmer, mit einem aktiven Leerstandsmanagement und mit dem Ausbau des Tourismusstandorts Bregenz. Ein neuer Hotelstandort, mehr Nächtigungen und moderne digitale Services sind zentrale Bausteine, um Bregenz zukunftsfit zu machen. Als Wirtschaftsstadtrat ist mir bewusst: Es geht um Lebensqualität, Arbeitsplätze und darum, Bregenz als Oberzentrum in der Region sichtbar zu machen. Gemeinsam mit Lindau wollen wir grenzüberschreitend neue Wege gehen – etwa im Kampf gegen den Fachkräftemangel.
Robert Vögel (ÖVP): Wirtschaft, Tourismus und Digitalisierung.

Kultur in Bregenz bedeutet nicht nur große Bühnen – sie bedeutet auch Vielfalt, Nähe und Begegnung. Ich freue mich, dass ich die Kulturagenden der Landeshauptstadt übernehmen darf. Wir wollen den Kinostandort im Vorkloster zu einem vielfältigen und lebendigen Zentrum ausbauen, das mehr ist als ein Kino: ein Ort für Veranstaltungen, Austausch und Gastronomie. Auch die Stadtbücherei wollen wir an einem zentralen Ort zusammenführen und modern gestalten. Mir ist außerdem wichtig, das Ehrenamt zu stärken – die vielen Menschen, die sich in Vereinen engagieren, sind das Rückgrat unserer Stadtgesellschaft.
Reinhold Einwallner (SPÖ): Kultur, Stadtbücherei, Denkmalpflege, Vereine und Ehrenamt