Pilotprojekt „Smarte Pause“ an der HLW Marienberg

Anlässlich der Fastenzeit fand an der HLW Marienberg für vier Wochen ein Projekt für mehr digitale Achtsamkeit statt. Ein Teil davon soll auch in Zukunft weitergeführt werden.
Das Thema des Handyverbots an Schulen wurde in den letzten Wochen und Monaten viel diskutiert. Allein um 20 Prozent verringert sich die Aufmerksamkeitsspanne, wenn ein Handy ausgeschaltet oder mit dem Bildschirm nach unten, auf lautlos gestellt, auf dem Tisch liegt.

In den Gesprächen standen jedoch immer Volksschulen, Mittelschulen und Unterstufen im Fokus. An Oberstufen wird das Thema meist lockerer gehandhabt, da die Schülerinnen und Schüler älter, teilweise auch schon volljährig sind. Die HLW Marienberg in Bregenz startete vor vier Wochen jedoch ein Pilotprojekt, ein Experiment, um dem Thema des ständigen-erreichbar-Seins entgegenzuwirken.
„Smarte Pause“, heißt die Idee, die von Qualitätschulkoordinatorin und Lehrerin Sonja Schöpf umgesetzt wurde. „Den Namen des Projekts hat ChatGPT gemacht“, erzählt Schöpf und lacht. Das Projekt wurde parallel zur Fastenzeit ins Leben gerufen, passend zum Thema geht es darum, auf eine Gewohnheit zu verzichten.
Auch Lehrpersonen gefordert
Die „Smarte Pause“ sieht vor, dass die Handys und Smartwatches der Schülerinnen zu Beginn der ersten Stunde in einer Box gesammelt und erst in der Mittagspause wieder ausgeteilt werden. Weggesperrt werden sie allerdings nicht, da die Handys als „Arbeitsgerät“, wie Schöpf sie nennt, erhalten bleiben sollen.
Während der kurzen Pausen zwischen den Stunden dürfen die Handys allerdings nicht benutzt werden. Das Projekt gilt jedoch nicht nur für die Schülerinnen der HLW, auch die Lehrpersonen wurden gefordert. „Es war den Schülerinnen total wichtig, dass auch die Lehrpersonen mitmachen“, sagt Schöpf. „Ich habe selbst gemerkt, wie oft ich tagsüber auf mein Handy schaue und wie oft ich es in der Hand habe“, erzählt sie. Allein die Organisation eines Schultags erfordere das Handy öfters, als man denke. „Das soll auch so bleiben“, ist sie sich sicher.

„Seitens der Eltern kamen gleich zu Beginn fast ausschließlich positive Rückmeldungen“, sagt Schöpf. Bei den Schülerinnen machte sich zuerst Skepsis breit, nicht alle waren mit dem Projekt sofort einverstanden. „Viele empfanden es, als würde ihnen ein Arm amputiert werden“, lacht die Lehrerin. Doch nach ausgiebigen internen Gesprächen und Diskussionen waren auch sie schlussendlich bereit, sich dem Experiment zu stellen. „Wir haben sie ins Boot geholt und ihnen klargemacht: Wir wollen euch keine Regeln vorschieben, es geht um euer ureigenstes Interesse.“

Auch Direktor Erwin Simma war zuerst noch nicht vollends überzeugt. Nach einiger Überzeugungsarbeit von Schöpf und Raum unterstütze er den „Digital Detox“ dann aber doch. „Das Projekt passt ideal zur Fastenzeit. Der bewusste Umgang mit dem Handy und wieder auf den Gedanken zurückzukommen: Was macht mich eigentlich als Mensch aus?“, sagt Simma.
Keine optimale Lösung
Schulsprecherin Leonie Schmölzer war von Anfang an in das Thema eingebunden. „Wir, die Schülerinnenvertretung, haben Gespräche mit Lehrpersonen geführt und die Meinung der Schülerinnen vertreten“, erklärt die Maturantin. „Unter unseren Mitschülerinnen sind wir schon teilweise auf Widerstand gestoßen, der Großteil fand die Idee aber dennoch gut“, sagt sie. Es sei schwierig, bei Schülerinnen, die teilweise bereits 20 Jahre alt sind, eine solche Regelung durchzubringen.

„Im Großen und Ganzen ist das eine gute Idee, die Art der Umsetzung war nicht ganz optimal.“ Sie spielt darauf an, dass das Absammeln der Handys in einer Box seitens der Schülerinnen nicht als beste Lösung gesehen wurde. Vom Ausgang des Projekts ist Schmölzer jedoch überrascht. „Wir haben jetzt gegen Ende des Projekts eine Umfrage unter den Schülerinnen durchgeführt und die Ergebnisse waren sehr positiv. Das hatte ich in diesem Ausmaß nicht erwartet. Desto glücklicher bin ich jetzt, dass das Projekt so gut funktioniert hat.“ Die Schülerin zieht ein positives Resümee des Pilotprojekts. „Wir haben in den Pausen mehr miteinander gesprochen. Die allgemeine Stimmung wurde entspannter, die Hektik, dass jeder nach dem Unterricht sofort auf sein Handy schaut und aus dem Klassenzimmer stürmt, das ist komplett weggefallen. Es hat gutgetan, etwas mehr Achtsamkeit zu haben.“

Für die Zukunft wäre Schmölzer nicht abgeneigt, das Projekt so weiterzuführen, wenn auch in einer adaptierten Form. Bei einer schulinternen Umfrage stimmten allerdings 82 Prozent gegen eine Weiterführung des Projekts. Auch Schülerin Helena Kremml spricht sich eher gegen eine Fortführung aus. „Trotz dieser positiven Erfahrung sehe ich ein generelles Handyverbot in der Oberstufe kritisch, da das Smartphone im Unterricht oft sinnvoll eingesetzt wird und meiner Meinung nach zur heutigen Lernumgebung irgendwie dazugehört“, findet sie.
Trotzdem zieht auch sie ein positives Fazit nach den vier Wochen handyfreiem Schulalltag. „Vor dem Start stand ich dem Projekt eher skeptisch gegenüber und dachte, der Verzicht würde mir schwerfallen. Überraschenderweise war das nicht der Fall. Ich hatte kaum das Gefühl, dass mir etwas fehlt.“

Von den Lehrpersonen wurde fast einstimmig gefordert, das Projekt in Zukunft so weiterzuführen. Nach den Osterferien will man sich nun auf die Hausordnung berufen. Diese besagt einen eigenverantwortlichen Umgang mit dem Thema. Auf den Schulgängen dürfen diese weiterhin nicht benutzt werden.
Social Media-Sprechstunde
Der zweite Teil des digitalen Achtsamkeitsprojekts ist die Social Media-Sprechstunde, die von Lehrerin und Social-Networkerin Carina Raum ins Leben gerufen wurde. Vorbild dafür war eine Schule in Niedersachsen, wie sie erklärt.
Die Sprechstunde soll Schülerinnen einen Raum geben, über Inhalte auf Social Media reflektieren zu können. Wenn beispielsweise unfreiwillig verstörende, oder beängstigende Inhalte konsumiert wurden. Aber auch bei rechtlichen Fragen, sexistischen und rassistischen Inhalten und Cybermobbing soll die Sprechstunde eine Möglichkeit bieten, darüber zu sprechen.

„Natürlich bleibt die Frage bestehen, ob die Schülerinnen sich in diesen komplexen Themen einer Lehrperson anvertrauen wollen. Das Projekt steckt noch in den Kinderschuhen, es ist kein Auslauf-, sondern eher ein Anlaufprojekt“, sagt Raum. Mit Fortbildungen und eigener Recherche eignet sich die Lehrerin im Thema Beratung rund um Social Media ständig neues Wissen an, um dieses bestmöglich in Marienberg umsetzen zu können.