„Viele rauschen hier einfach durch“

Nach einem mutmaßlichen Straßenrennen im Ortsgebiet von Alberschwende fordern Anwohner nun Konsequenzen.
Nach dem schweren Verkehrsunfall in der Nacht auf Sonntag, bei dem zwei Fahrzeuge mutmaßlich ein illegales Straßenrennen veranstaltet haben, ist die Erschütterung in der Gemeinde Alberschwende groß. Vier Menschen wurden verletzt, einer der Wagen prallte mit hoher Geschwindigkeit gegen die Kirchenmauer im Ortszentrum. Doch für viele war dieser Vorfall keine Überraschung, sondern ein Warnsignal, das Handlungsbedarf deutlich macht. Stimmen aus der Bevölkerung fordern nun konkrete Maßnahmen: Verkehrsberuhigung, Tempo 30 im Ortskern, sichere Schulwege – und ein Ende der Raserei.

Nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei waren beide beteiligten Fahrzeuge am 20. April gegen 23:53 Uhr mit überhöhter Geschwindigkeit im Alberschwender Ortszentrum auf der L 200 unterwegs. In einer Rechtskurve verlor einer der Lenker, ein Probeführerscheinbesitzer, die Kontrolle. Das Auto geriet auf die Gegenfahrbahn, überfuhr den Gehsteig, streifte eine Grünfläche und prallte gegen die Kirchenmauer. Der Wagen wurde durch den Aufprall in die Luft geschleudert und stürzte auf die Straße zurück. Dabei wurde das zweite Fahrzeug beschädigt, das erst rund 70 Meter später zum Stillstand kam. Alle Insassen wurden verletzt, teils schwer.
Sorge um Schulwege
Für viele Menschen in Alberschwende ist der Unfall kein Einzelfall. Zwar war der konkrete Vorfall besonders dramatisch, doch die tägliche Verkehrssituation sei längst problematisch, wie mehrere Anrainer berichten. Jürgen Meisl, der in der Nähe der Unfallstelle wohnt, war in der Nacht durch quietschende Reifen aufgeschreckt worden: „Ich glaube, der ist mit 120 Stundenkilometern durch den Ort gerast.“
Er fordert Konsequenzen: „Hier fahren viele mit Vollgas. Gerade vor dem Kindergarten und der Schule müsste Tempo 30 gelten. Wenn da jemand zu Fuß unterwegs ist, hat er bei dieser Geschwindigkeit keine Chance.“ Meisl ist nicht der Einzige mit dieser Forderung.


Auch Miriam Mayer zeigt sich besorgt: „Viele rauschen hier einfach durch, auch untertags. Sie machen sich nicht bewusst, dass das hier ein Schulweg ist – jeden Tag sind Kinder auf dem Gehsteig unterwegs.“ Sie plädiert daher für konkrete Maßnahmen: „Egg hat das gut gelöst. Dort wurde bereits etwas für die Verkehrssicherheit getan. In Alberschwende ist das überfällig. Tempo 30 wäre ein erster Schritt, aber eine echte Lösung wäre natürlich die Ortsumfahrung.“
Kein Radar
Der Straßenabschnitt, auf dem sich der Unfall ereignete, ist eigentlich auf 40 Stundenkilometer beschränkt. In beide Richtungen sind auf der L200 in Alberschwende sogenannte Dialog-Displays aufgestellt, die mittels Smileys anzeigen, ob man sich an die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 40 Stundenkilometern hält. Sie dienen ausschließlich der Sensibilisierung – es handelt sich dabei nicht um Radargeräte. Eine Überschreitung wird also nicht geahndet, sondern lediglich optisch zurückgemeldet. Ob diese Anzeigen jedoch eine tatsächliche Verhaltensänderung bewirken, wird im Ort unterschiedlich bewertet. Denn laut Polizeiangaben waren die Fahrzeuge am Sonntag weit darüber. Hinweise auf ein illegales Rennen stehen im Raum, ebenso wie riskante Überholmanöver. Zeugen berichten, dass ein entgegenkommendes Auto nur knapp ausweichen und so eine Frontalkollision vermeiden konnte.
Raser aus der Schweiz?
Der Fall hat mittlerweile auch eine internationale Dimension. Auf Anfrage der NEUE äußerte sich Florian Schneider, Pressesprecher der Kantonspolizei St. Gallen, zum Phänomen grenzüberschreitender Schnellfahrer: „Ich kann mir vorstellen, dass es eine Art Raser-Tourismus von der Schweiz nach Vorarlberg gibt. Ob das mit den strengeren Strafen bei uns zusammenhängt, ist schwer zu sagen, aber natürlich nicht auszuschließen.“

Freiheitsstrafen für Raser
In der Schweiz gelte „Rasen“ als Verbrechen. Wer etwa in einer 50er-Zone mit mehr als 50 Stundenkilometern zu viel geblitzt wird, muss mit drastischen Konsequenzen rechnen: ein Jahr Freiheitsstrafe, Eintrag ins Strafregister, zwei Jahre Führerscheinentzug und Fahrzeugsicherstellung. Schneider erklärt: „In der Schweiz beobachten wir weniger organisierte Raserszenen, sondern eher sogenannte Poser, also Leute, die mit aufgemotzten Autos durch Städte oder über Passstraßen fahren und durch Lärm auffallen.“ Für illegale Rennen gebe es kaum geeignete Straßen – ganz anders als etwa auf der geraden Strecke durch das Alberschwender Ortsgebiet. Woher die mutmaßlichen Raser von Alberschwende stammen, ist Teil der laufenden Ermittlungen. Noch in der Nacht zum Sonntag ordnete die Staatsanwaltschaft Feldkirch die Sicherstellung der Fahrzeuge sowie ein unfalltechnisches Gutachten an. Auch toxikologische Untersuchungen wurden angeordnet, um eine mögliche Beeinträchtigung durch Alkohol oder andere Substanzen zu klären.