Zurück am Netz, aber kein Normalbetrieb

Screenshot: Illwerke vkw/Youtube
Wie in der NEUE am Sonntag berichtet, ist Vorarlberg gut auf ein Blackout-Szenario vorbereitet. Wie steht es um Banken, Verkehr und Krankenhäuser?
Ein Stromausfall ist keine reine Ausnahmesituation mehr, sondern ein Szenario, auf das sich auch Vorarlberg vorbereitet. Wer die ersten Stunden übersteht, steht jedoch vor der nächsten Herausforderung. Denn auch wenn der Strom zurückkommt, ist noch lange nicht alles wieder in Betrieb.
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Im Artikel der NEUE am Sonntag erklärten die Illwerke vkw, dass Vorarlberg durch Pumpspeicherkraftwerke notfalls als eigene „Strominsel“ betrieben werden kann. Aber auch wenn der Strom wieder verfügbar ist, heißt das nicht, dass das System sofort automatisch wieder einwandfrei funktioniert. Infrastruktur, Kommunikation, Transport – alles muss parallel stabilisiert werden.

Notstrom für Spitäler
Die Vorarlberger Landeskrankenhäuser sind laut Krankenhausbetriebsgesellschaft auf einen großflächigen Stromausfall vorbereitet. Neben dem normalen Stromnetzzugang stehen zwei weitere Systeme zur Absicherung bereit: eine unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) für lebenserhaltende Geräte sowie Notstromaggregate, mit denen ein mehr als einwöchiger Betrieb sichergestellt werden kann. Darüber hinaus bestehen detaillierte Notfallpläne, die Abläufe, Kommunikation, Patientenaufnahme und die Zusammenarbeit mit Einsatzorganisationen und Behörden regeln.
Kritischer Faktor Bargeld
Die wichtige Rolle von Bargeld in Supermärkten wurde im ersten Artikel ebenfalls thematisiert. Die Blackout-Broschüre zeigt, dass Bankomaten bei längerem Stromausfall unweigerlich ausfallen. Eine Bargeldversorgung über klassische Wege ist dann nicht mehr gesichert. Der Zivilschutzverband empfiehlt, Bargeld für mindestens sieben Tage vorrätig zu halten, klein gestückelt und sicher aufbewahrt. Pro Person im Haushalt werden rund 100 Euro Bargeld empfohlen.
Auch die Banken haben das Thema auf dem Radar. Harald Giesinger, Vorstandsvorsitzender der Dornbirner Sparkasse und Spartensprecher in der Wirtschaftskammer Vorarlberg, betont, dass sich die heimischen Banken eng an die Vorgaben von Bund, Land und Nationalbank halten. „Bereits 2024 wurde ein Blackout-Versorgungskonzept thematisiert“, sagt Giesinger. Auch von Seiten der Banken werde der Bevölkerung empfohlen, Bargeld im Haushalt bereitzuhalten. Im Krisenfall habe der Schutz von Mitarbeitenden und Kunden oberste Priorität.
Verkehr kommt zum Erliegen
Ampeln, Verkehrssteuerung, Tunnelbeleuchtung fallen ohne Strom ebenfalls rasch aus. Busse fahren am ersten Tag nur, solange der Treibstoff reicht. „Die ÖBB verfügt über ein eigenes, vom öffentlichen Netz unabhängiges Bahnstromsystem mit eigenen Kraftwerken“, erklärt Pressesprecher Christoph Gasser-Mair. „Dadurch kann bei Bedarf ein eingeschränkter, aber geordneter Zugverkehr aufrechterhalten werden.“ Ziel sei es, jeden Zug sicher in den nächsten Bahnhof zu bringen und das System kontrolliert herunter- und später wieder hochzufahren.

Nach dem Ausfall
Nicht der Moment des Stromausfalls ist also entscheidend, sondern das, was danach kommt. Versorgungsketten, Datenverbindungen, medizinische Abläufe oder der Zahlungsverkehr lassen sich nicht per Knopfdruck wieder herstellen. Vorarlberg ist gut aufgestellt, aber sobald der Strom weg ist, entscheidet nicht nur Technik, sondern auch Kommunikation, Koordination und Eigenverantwortung. Die Systeme sind vorbereitet – entscheidend ist, ob wir es auch sind.
Notstromsysteme
Wie lange läuft was ohne Strom?
- Mobilfunk: 20 bis 40 Minuten
- Tunnelanlagen: ca. 80 Minuten
- Krankenhäuser: über eine Woche
- Vermittlungsstellen Mobilfunk: bis zu 72 Stunden
- Bankomaten: keine Funktion ohne Netz
- ÖBB: Züge fahren nur noch bis zum nächsten Bahnhof
Schritt für Schritt – So fährt das Netz wieder hoch
Der Wiederaufbau des Netzes ist ein hochsensibler Vorgang, bei dem jeder Schritt genau überwacht wird. Diese sechs Schritte zeigen, wie Vorarlberg im Ernstfall wieder schrittweise mit Strom versorgt werden kann.
- Start mit Pumpspeicherkraftwerk
Ein schwarzstartfähiges Kraftwerk wie Obervermunt II wird ohne externe Stromzufuhr in Betrieb genommen. Es liefert die erste stabile Grundlast. - Trennung vom europäischen Netz
Vorarlberg wird für den Wiederaufbau vom europäischen Stromnetz abgekoppelt. Die Region funktioniert als sogenannte „Strominsel“. - Aufteilung in Sektoren
Das Landesnetz wird in kleinere Abschnitte unterteilt, um Spannung und Frequenz lokal steuern zu können. - Leistung stufenweise zuschalten
Pro Kraftwerk dürfen maximal fünf Prozent zusätzlicher Last aktiviert werden, um eine Überlastung zu vermeiden. - Stabilisierung der Netzfrequenz
Die Frequenz von 50 Hertz ist der Takt des Stromnetzes. Wird sie unter- oder überschritten, können Geräte und Systeme beschädigt werden. Deshalb wird nach jedem Schritt geprüft, ob das Netz stabil bleibt – erst dann geht es weiter. - Vorarlberger Verbraucher werden schrittweise zugeschaltet
Erst wenn alle Systeme stabil laufen, werden Haushalte, Betriebe und öffentliche Einrichtungen wieder versorgt.
Dokumentation: „50 Hz – Wie wir einen Blackout vermeiden“
Ein Film der Illwerke vkw und des Landes Vorarlberg zeigt, was im Ernstfall passiert und wie wir vorbereitet sind.
Was passiert, wenn plötzlich nichts mehr funktioniert – keine Ampeln, keine Supermarktkassen, kein Handyempfang? Dieser Frage widmet sich der 26-minütige Film „50 Hertz – Wie wir einen Blackout vermeiden“, produziert von den Illwerken vkw und dem Land Vorarlberg. Die Doku ist öffentlich zugänglich und bietet einen ungewöhnlich klaren Blick hinter die Kulissen der Energieversorgung.
Der Film beginnt mit einer realistischen Eskalation: Dürreperioden und Netzüberlastungen, technische Wartungen und Naturereignisse treffen zusammen – und bringen das fein austarierte europäische Stromsystem aus dem Gleichgewicht. Binnen Sekunden bricht die Netzfrequenz unter die kritische Marke, automatisch greifen Schutzmechanismen. Die Folge: Der Strom fällt großflächig aus, auch in Vorarlberg.
Was folgt, ist ein nüchtern inszeniertes, aber hochspannendes Szenario. In Vorarlberg aktivieren Energieversorger und Behörden ihre Notfallprotokolle, Kraftwerke sichern sich selbstständig ab, Schaltstellen werden manuell besetzt. Der Film erklärt dabei nicht nur, wie das technische System funktioniert, sondern auch, warum stabile Frequenz, koordinierte Krisenkommunikation und schnelle Entscheidungsstrukturen in einem solchen Fall entscheidend sind.
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Bewusstsein schaffen
Der Film richtet sich an ein breites Publikum und vermittelt Fachwissen auf verständliche Weise. Er schafft Bewusstsein für die Verletzlichkeit unserer Infrastruktur und zeigt gleichzeitig, dass Vorarlberg über die technischen Mittel verfügt, um im Ernstfall handlungsfähig zu bleiben.