Vorarlberg

70 Jahre mit Ketten, Kraft und Können

31.05.2025 • 08:00 Uhr
Transporte Tschofen, Transportunternehmen, 60-Jahre-Jubiläum
Das Transportunternehmen ist auf besonders heikle Fahrten spezialisiert. archiv, feurstein

Der Montafoner Familienbetrieb Heinrich Tschofen Transporte ist auf besonders brenzlige Aufträge spezialisiert. Ein Rückblick zum Jubiläum.

Wir schreiben das Jahr 2004. Die Illwerke vkw nehmen den Bau des Pumpspeicherkraftwerks Kops II auf – doch wie bringt man das Baumaterial im Winter zum Stausee, der auf rund 1800 Meter Seehöhe liegt? Das Montafoner Unternehmen Heinrich Tschofen Transporte erhielt den Auftrag: Hubert Düngler und sein Team luden die 25 Tonnen schweren Rohre auf einen speziellen Lkw-Auflieger, montierten an allen Rädern Schneeketten und manövrierten die Fracht sicher ans Ziel. Für solchen heiklen Einsätze ist das Transportunternehmen bekannt. Zum 70. Firmenjubiläum plaudern Ulrike Düngler und ihre Tochter Stefanie aus dem Nähkästchen des Familienunternehmens.

70 Jahre mit Ketten, Kraft und Können
1910: Unterwegs mit schwerer Last auf Saumpfaden.

Auch wenn das Jubiläum auf das Jahr 1955 zurückgeht, datieren die Ursprünge der Tätigkeiten der Familie zurück auf die Anfänge des 20. Jahrhunderts. Franz Josef Tschofen, ein Bergführer, Landwirt und Frächter aus Partenen, betrieb seit 1910 einen Betrieb, der auf das Fuhrwerken und Säumen spezialisiert war. Mit Pferden lieferte sein Familienbetrieb schwere Güter auf engen Bergpfaden – beispielsweise für den Bau des Vermuntwerks oder der Silvrettasee-Staumauer.

70 Jahre Tschofen Transporte
Heinrich und Ilga Tschofen im Jahr 1955.

Sein Sohn Heinrich Tschofen, nach dem das Unternehmen bis heute benannt ist, suchte Mitte der 1950er-Jahre um die Gewerbegenehmigung für das Transportwesen an. „Es war gar nicht so einfach, damals das Transportgewerbe zu kriegen, obwohl er bereits das Frächter- und Lohnkutschengewerbe hatte. Es gibt einen langen Schriftverkehr zwischen meinem Papa und der Behörde, in dem er begründen musste, warum er diese Berechtigung bekommen soll“, erzählt Ulrike Düngler. Nachdem erst mehrmals abgeblitzt war, erhielt ihr Vater schließlich die Gewerbeberechtigung. Nach dem Kauf des ersten Lkw – ein Modell der Marke Steyr, 3,5 Tonnen schwer und mit 90 PS ausgestattet –nahm der Betrieb im wahrsten Sinne des Wortes Fahrt auf.

70 Jahre Tschofen Transporte
1959: Das erste Fahrzeug im Fuhrpark Tschofens, das mit Kran ausgestattet war.

Schon in den ersten Jahren sollte sich ein wichtiger Unternehmenszweig herauskristallisieren – die Schneeräumung. Mit einem Henschel TAK 150, dem dritten Lkw im Fuhrpark, gelangte auch ein Schneepflug – der erste in der Gemeinde Gaschurn – in Besitz der Familie Tschofen. So zog man 1958 einen wichtigen Auftrag an Land: die Schneeräumung im hinteren Montafon. 1969 erwarb man eine Schneefräse der Marke Peter-Unimog, die erste ihrer Art in Vorarlberg in Privatbesitz.

70 Jahre Tschofen Transporte
Schneeräumung im Winter 1960.

In den Folgejahren machte sich Heinrich Tschofen Transporte vor allem mit besonders anspruchsvollen Aufträgen einen Namen im Montafon und darüber hinaus. „Mein Papa war der erste, der mit einem Lkw auf den Muttersberg gefahren ist – noch bevor es eine Straße gab. Er war quasi der erste Tester“, erzählt Ulrike Düngler. Heikel waren auch die Transportfahrten bei der Errichtung des Kops-Speichers oder bei Skilift-Projekten in der Region.

70 Jahre Tschofen Transporte
Ein Bild vom Moorabbau beim Kops-Speichersee (1985). feurstein, archiv

Ein Meilenstein war auch die Übersiedelung des Unternehmens zum neuen Firmenstandort im Jahr 2009. Nach 54 Jahren in Partenen errichtete der Familienbetrieb, der sich inzwischen mit dem Erdbewegung, Kies- und Sandgewinnung weitere Geschäftsfelder dazugewonnen hat, am Suggadinbach einen neuen Firmenstandort. Der Fuhrpark war konstant angewachsen, sodass eine Garage mit zehn Stellplätzen errichtet wurde. 2012 trat mit Dominik und Philipp Düngler die dritte Generation ins Familienunternehmen ein. 2022 wurde das Firmenareal um eine weitere Halle mit 16 Stellplätzen ergänzt.

70 Jahre Tschofen Transporte
Philipp und Dominik Düngler führen das Unternehmen heute in dritter Generation.

„Bei extremen Naturereignissen sind wir oft die ersten, die angerufen werden“, berichtet Ulrike. Ein Beispiel ist das Jahrhunderthochwasser 2005, als Tschofen Transporte den vermurten Suggadinbach in Gargellen von Schlamm- und Steinmassen befreite. Flexibilität spielt eine zentrale Rolle bei solchen Einsätzen – frei nach dem Motto „geht nicht, gibt‘s nicht“. Verändert habe sich in den 70 Jahren vor allem die Technik – es gebe viel mehr Möglichkeiten, erklärt Stefanie. „Auch die Planung ist viel kurzfristiger geworden. Und es gibt im Vergleich zu früher deutlich mehr Bürokratie.“

70 Jahre Tschofen Transporte
Die Betreiberfamilie zelebrierte das Jubiläum ausgiebig.
70 Jahre Tschofen Transporte
Ulrike und Hubert Düngler bei der 70-Jahr-Feier.

Das 70-Jahre-Jubiläum feierte man bei Heinrich Tschofen Transporte im April mit einem großen Fest. „Es ist so viel Herzblut und Energie hineingeflossen, das hat man richtig gespürt. Es ist eine schöne Wertschätzung und eine Möglichkeit, den Mitarbeitern, den Kundschaften und den Geschäftspartnern Danke zu sagen. Und Papa Heinrich und Mama Ilga haben immer schon sehr geschätzt, solche Anlässe zu feiern“, sagt Ulrike.

70 Jahre Tschofen Transporte
Heinrich Tschofen (1932-2024)

Im September 2024 ist Heinrich Tschofen im Alter von 92 Jahren verstorben. Sein Erbe tragen die nächsten Generationen weiter.