“Solche Taten können auch bei uns nicht ausgeschlossen werden”

Wie sicher sind Vorarlbergs Schulen und was wird getan, um Risiken rechtzeitig zu erkennen? Sicherheitslandesrat Daniel Allgäuer über Prävention, Krisenpläne und den Umgang mit wachsender Verunsicherung.
Wie bewerten Sie den aktuellen Stand der Schul- und Objektsicherheit an Vorarlbergs Bildungseinrichtungen?
Daniel Allgäuer: Die Bildungsdirektion stellt den Schulen jedes Jahr einen Krisenplan zur Verfügung, darin werden wichtige Vorbereitungen auf unterschiedliche Krisenszenarien in der Schule zusammengefasst. Dieser leitet die Schulen dazu an, einen schulinternen Krisenplan zu erstellen, der konkret auf die Gegebenheiten vor Ort abgestimmt ist. In enger Abstimmung mit Bildungsdirektion und Polizei werden bestehende Krisen- und Notfallpläne laufend evaluiert und weiterentwickelt.
Welche Maßnahmen sind in Vorarlberg vorgesehen, um potenziell gefährdete Jugendliche frühzeitig zu erkennen und zu betreuen?
Allgäuer: Zur frühzeitigen Erkennung gefährdeter Jugendlicher ist die optimale Abstimmung der vorhandenen Unterstützungsangebote, die nachhaltige Verankerung von Angeboten direkt an den Schulorten und die Möglichkeit für die Schulen in Krisensituation sehr rasch Unterstützungsangebote zu erhalten, enorm wichtig.
Neben der Mobbing- und Gewaltprävention und sonstigen präventiven Angebote in den Schulen, die der Früherkennung dienen, wurde das Konzept des psychosozialen Unterstützungssystems mit der Kinder- und Jugendhilfe, der Bildungsdirektion Vorarlberg und dem Vorarlberger Gemeindeverband entwickelt. Das Unterstützungssystem besteht aus der jeweiligen Schulleitung, der Schulpsychologie, den pädagogischen Beraterinnen und Beratern und der Schulsozialarbeit. Gestartet wurde das Konzept in 10 Gemeinden in einem Kooperationsmodell mit den jeweiligen Gemeinden und Schulstandorten.
Ziel des psychosozialen Unterstützungssystems ist die
• Sicherung des Unterstützungsbedarfs von Kindern, wo Eltern oder Erziehungsberechtigte diese Aufgaben nicht wahrnehmen können
• Schaffung stabiler und lernfördernder Rahmenbedingungen an Schulen
• ein Frühzeitiges Erkennen und Bekämpfen von negativen Entwicklungen
• Präventive und stabilisierende Maßnahmen
• eine nachhaltige Entlastung und Unterstützung der Schule, wo ein geregelter Unterricht nicht mehr möglich ist und ein vernetztes Arbeiten der verschiedenen Systempartnerinnen und Systempartner.
Eine wichtige Säule in diesem System ist die Schulsozialarbeit. Diese wird aus Mitteln des Sozialfonds finanziert. Im Jahr 2023 wurde entschieden, die Planungsräume für Schulsozialarbeit auf das ganze Land innerhalb von 4 Jahren auszuweiten und somit zu ermöglichen, dass alle Pflichtschulen entweder direkt vor Ort oder bei Bedarf aus einem regionalen Pool Schulsozialarbeit erhalten sollen. Von 22 VZÄ sollen im Endausbau (Schuljahr 27/2028) 40 Vollzeitäquivalente Schulsozialarbeit als Ressource zur Verfügung stehen. Im übernächsten Schuljahr ist dieser Ausbau abgeschlossen.
Gibt es in Vorarlberg bereits konkrete Szenarien oder Einsatzpläne für Amoklagen?
Allgäuer: Die Polizei führt regelmäßig Schulungen an Bildungseinrichtungen durch. Dabei werden sowohl Lehrpersonen als auch Schülerinnen und Schüler über Maßnahmen zum Schutz der eigenen Sicherheit im Falle von Amok- oder Terrorlagen informiert und entsprechend geschult. Erst vor wenigen Jahren wurde außerdem eine umfassende Schulungsoffensive der Polizei für sämtliche Schulleitungen der Pflichtschulen umgesetzt. Mitarbeitende des Kompetenzteams für Gewaltschutz bei der Landespolizeidirektion Vorarlberg stehen Schulen bei Fragen unterstützend zur Verfügung.
Wie gehen Sie persönlich in Ihrer Rolle als Sicherheitslandesrat mit der Frage um, ob ein solcher Vorfall auch bei uns passieren könnte?
Allgäuer: So eine furchtbare Tat macht mich natürlich auch persönlich sehr betroffen. Nach dieser für unser Land beispiellosen Tragödie in Graz wurde uns schmerzhaft vor Augen geführt, dass solche Taten auch bei uns nicht völlig ausgeschlossen werden können.
Inwiefern sehen Sie Handlungsbedarf auf Bundesebene, etwa bei Waffengesetzen, Informationsflüssen oder schulpsychologischer Versorgung?
Allgäuer: Nach diesem schrecklichen Ereignis werden mit Sicherheit auch auf Bundesebene alle Gesetze und Prozesse auf Verbesserungsmöglichkeiten durchleuchtet. Fakt ist aber – auch wenn es unter dem Eindruck dieses fürchterlichen Amoklaufes in Graz für uns alle unbefriedigend ist –, dass wir akzeptieren müssen, dass solch tragische Ereignisse durch kein Gesetz der Welt gänzlich verhindert werden können.
Welche Botschaft möchten Sie den Schülerinnen und Schülern sowie deren Familien in Vorarlberg in dieser herausfordernden Zeit mitgeben?
Allgäuer: Ich kann allen Schülerinnen und Schülern, allen Eltern und allen Lehrpersonen versichern, dass ich als Sicherheitslandesrat, gemeinsam mit allen Partnern im Sicherheits- und Bildungsbereich, alles unternehme, um die Sicherheit an unseren Schulen bestmöglich zu gewährleisten.