Vorarlberg

Der Widerstand gegen die Schließung wächst

16.06.2025 • 16:51 Uhr
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Manuela Auer, Petra Frainer-Riedl und Elke Zimmermann. Am Rande der Pressekonferenz äußerten sich auch Mitarbeiterinnen der Bludenzer Geburtenstation. Hartinger (5)

Bei einer Pressekonferenz in Bludenz warnten Manuela Auer (SPÖ) und Betriebsratsvorsitzende Elke Zimmermann vor den Folgen einer Schließung der Geburtenstation im südlichsten Bezirk Vorarlbergs.

Die SPÖ Vorarlberg lud gestern zu einer Pressekonferenz vor dem Landeskrankenhaus Bludenz, nachdem die NEUE in den vergangenen Wochen mehrfach über die mögliche Schließung der dortigen Geburtenstation berichtet und damit eine breite öffentliche Debatte mit angestoßen hat.

SPÖ-Gesundheitssprecherin Manuela Auer und Betriebsrätin Elke Zimmermann äußerten dabei deutliche Kritik am laufenden Strukturprozess der Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG) und forderten ein klares Bekenntnis zum Standort. Unterstützt wurden sie von der schwangeren Petra Frainer-Riedl aus Bings, die im Herbst ihr zweites Kind zur Welt bringen will – in Bludenz.

Antrag und Petition

Auer kündigte an, dass die SPÖ einen Antrag im Landtag einbringen werde, mit dem die Landesregierung aufgefordert werden soll, gemeinsam mit der KHBG und den medizinischen Fachabteilungen ein tragfähiges Konzept zur langfristigen Sicherung der Geburtenstation Bludenz zu erarbeiten. Gleichzeitig wurde eine Petition gestartet, die sich an die Bevölkerung richtet und bereits über 3900 Unterschriften zählt. „Es braucht jetzt ein klares Bekenntnis, bevor Fakten geschaffen werden“, so Auer.

Massiver Einschnitt

Elke Zimmermann, Betriebsrätin am LKH Bludenz und Vizebürgermeisterin von Bürs, schilderte die Situation aus Sicht des Personals. Die drohende Schließung wäre nicht nur ein massiver Einschnitt in der Versorgung, sondern auch ein Angriff auf die Wahlfreiheit der Frauen im Bezirk: „Wir bestehen aus 29 Gemeinden in fünf Tälern. Eine zentrale Geburtshilfe in Feldkirch bedeutet für viele lange Anfahrtswege. Das kann dazu führen, dass Geburten unterwegs oder ungeplant zu Hause stattfinden, obwohl die Frau das nicht will.“

Zimmermann wies zudem auf die Bedeutung der Geburtenstation für die gesamte Frauengesundheit hin: „Wenn die Geburtshilfe wegfällt, gibt es in Bludenz auch keine gynäkologische Ambulanz mehr. Jede Frau mit Beschwerden müsste dann nach Feldkirch.“ Neben medizinischen Aspekten betonte sie die besondere Atmosphäre in Bludenz: „Das ist eine ruhige, familiäre Station. Die Frauen schätzen die 1:1-Betreuung, die niedrigere Sektionsrate und das einfühlsame Personal.“

Selbst entscheiden

Dass dies kein leeres Argument ist, machte Petra Frainer-Riedl deutlich. Die bald zweifache Mutter schilderte ihre Erfahrungen aus einer früheren Geburt im LKH Bludenz: „Ich wurde aufgenommen, obwohl es noch nicht richtig losgegangen war. Ich konnte mich entspannen, ankommen und wurde ohne Druck betreut. Das wäre in einem großen Zentrum so nicht möglich“, ist sie überzeugt.

Besonders hob sie auch die Nachbetreuung hervor: „Ich konnte mein Kind hier untersuchen lassen, ohne irgendwo hinfahren zu müssen. Ich wurde beim Stillen unterstützt und ich durfte selbst entscheiden, wie lange ich bleiben wollte.“

Mehr als ein Arbeitsplatz

Das Personal in Bludenz, so Zimmermann, sei hochqualifiziert: „Wir haben mehrere Stillberaterinnen mit IBCLC-Zertifizierung, Notfallversorgung für akute Sektios und eine sehr gute interdisziplinäre Zusammenarbeit. Mutter-Kind-Betreuung ist eine Philosophie, kein Job wie auf einer Unfallstation.“

Auf Nachfrage bestätigte Zimmermann, dass derzeit drei Facharztstellen für den dauerhaften Betrieb fehlen. Diese müssten besetzt werden, damit Bludenz eigenständig arbeitsfähig bleibt. „Wir stemmen den Betrieb momentan mit viel Engagement, Dienstübernahme aus Feldkirch und Freelancern.“

Kapazitäten in Feldkirch?

Auch bei einer vollständigen Verlagerung nach Feldkirch sieht Auer Probleme: „Das System dort ist bereits ausgelastet. Schon während der temporären Schließungen 2022 und 2023 mussten Frauen früher nach Hause, weil die Kapazitäten gefehlt haben.“ Die SPÖ plädiert in diesem Zusammenhang auch für ein grundsätzliches Umdenken: „In vielen medizinischen Bereichen mag Zentralisierung sinnvoll sein. Aber Geburt ist ein zutiefst persönliches, sensibles Ereignis. Hier braucht es Vertrautheit, Ruhe und Raum. Das ist in Bludenz gegeben und das wollen wir erhalten.“

Der Widerstand gegen die Schließung wächst

“Die Menschen sollten am wichtigsten sein”

Viele werdende Mütter entscheiden sich ganz bewusst für Bludenz. Das trifft nicht nur auf Familien aus dem Bezirk Bludenz zu, sondern wir haben hier Mütter aus ganz Vorarlberg. Wer im Urlaub „zufällig“ in Bludenz entbunden hat, kommt auch mit dem zweiten Kind wieder zu uns – sogar aus Bregenz oder anderen Vorarlberger Regionen.
Auch das Personal des LKH Bludenz entbindet hier. Das ist ein klarer Beleg, dass auch die anderen Abteilungen im LKH von der Qualität unserer Arbeit überzeugt sind. Wir sind auch nicht so überbelegt und es entsteht nicht das Gefühl einer Massenabfertigung, wie das in anderen Krankenhäusern oft der Fall ist.
Das Projekt, Abteilungen der Landeskrankenhäuser zusammenzulegen, ist meiner Meinung nach nicht wirklich gut durchdacht. Bei manchen Dingen sollten nicht die Zahlen, sondern die Menschen am wichtigsten sein. So wird Unsicherheit geschürt, bei den Mamas und dem Personal.

Katja Hackhofer, Pflegefachkraft und Stillberaterin
Der Widerstand gegen die Schließung wächst

“Es wäre sehr schade”

Ich bin bis vor Kurzem im Urlaub gewesen und habe aus der Zeitung von der Thematik erfahren. Der Zusammenhalt bei uns im Team ist sehr groß. Wir werden auf jeden Fall um den Erhalt der Station kämpfen, denn die hohe Qualität der Betreuung in Bludenz ist etwas ganz Besonderes und Erhaltenswertes.
Ich komme aus dem Montafon und gleich mehrere Bekannte von mir haben hier in Bludenz entbunden. Das Feedback war durchwegs positiv, auch weil sie selbst entscheiden konnten, ob sie lieber in der kleinen, familiären Station in Bludenz sein oder doch ins LKH Feldkirch möchten.
Auch für das Personal wäre es sehr schade, wenn die Station hier geschlossen würde, denn unsere gute Teamarbeit und die angenehme Atmosphäre sind hier etwas ganz Besonderes.

Ingrid Jäger, Pflegefachkraft
Der Widerstand gegen die Schließung wächst

“Stress ist ein großer Faktor”

Es geht hier nicht allein um die werdenden Mütter, sondern auch um die Familien im Allgemeinen. Wenn es jedes Mal eine Fahrt nach Feldkirch braucht, werden auch Besuche der Familie komplizierter. Auch die Pflege in Feldkirch ist anders. Es wäre unglaublich schade für die Region, wenn es die Möglichkeit, in der familiären und ruhigen Station im Bludenzer LKH zu entbinden, zukünftig nicht mehr geben würde.
Gerade im Umfeld einer Geburt ist Stress ein großer Faktor, der in einer überschaubaren Station viel weniger zum Tragen kommt, als in der Hektik einer großen Klinik. Ich fände es schön, wenn der Standort erhalten bliebe. Ein Wunsch wäre eher, das Angebot noch weiter auszubauen und hier in Bludenz eine Stillambulanz aufzubauen.

Daniela Mages-Larcher, Stillberaterin
Der Widerstand gegen die Schließung wächst

“Versorgungsengpass droht”

Schon seit Beginn der Zusammenlegung der Stationen Feldkirch und Bludenz läuft die Zusammenarbeit schlecht. Auch scheint es, als wüssten sie in Feldkirch über die drohende Schließung unserer Station schon mehr als wir selbst wissen.
Zum Zeitpunkt der Zusammenlegung hieß es, man sei bemüht, dass die Übergabe glatt läuft. Der dafür zuständige Primar, der auch unser Ansprechpartner in dieser Angelegenheit sein soll, fühlt sich aber nicht verantwortlich. Ich sehe ihn nur etwa fünf Mal im Jahr.
Es wird definitiv einen Versorgungsengpass geben, wenn wir schließen müssen. Wir brauchen die Gynäkologie-Ambulanz bei uns am Standort. Schon jetzt verlegt Feldkirch teilweise Patienten zu uns. Außerdem ist auch der niedergelassene Bereich bei uns im Bezirk sehr dünn aufgestellt, was die Situation verschärft. Das Argument, dass Feldkirch nicht weit weg sei, kann man so nicht stehen lassen. Da kann viel Zeit verloren gehen, insbesondere zu Stoßzeiten, in denen nicht einmal Blaulicht viel Zeitersparnis bringt.

Dr. Maria Behmann, Dienstplanführende Oberärztin
LKH bludenz, Tschann
Bürgermeister Simon Tschann übergab Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher das Dokument “Zukunft Landeskrankenhaus Bludenz”. Stadt Bludenz

Forderungskatalog für Martina Rüscher

Der Bludenzer Bürgermeister Simon Tschann hat Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher ein Schreiben zur Zukunft des Landeskrankenhauses Bludenz übergeben, im Namen der gesamten Region: Unterzeichnet haben auch Vertreter aus Bürs, Nüziders, Brand, dem Großen Walsertal, dem Klostertal und dem Stand Montafon. Gefordert wird eine klare Perspektive für das LKH Bludenz in der künftigen Spitalsstruktur. Konkret verlangt die Region Aussagen zur personellen Ausstattung, zu Investitionen und zur medizinischen Versorgung, insbesondere in der Geburtshilfe. Auch eine rasche Nachbesetzung offener Arztstellen wird betont.

„Es geht nicht um Schuldzuweisungen, sondern um tragfähige Lösungen“, so Tschann. „Die Menschen brauchen Klarheit und Vertrauen in ihre Versorgung.“

Landhaus Brgenz Eva Hammerer Die Grünen
Eva Hammerer, Gesundheitssprecherin der Vorarlberger Grünen, spricht sich deutlich für den Erhalt der Geburtenstation in Bludenz aus. Stiplovsek

„Täglich Kürzungen, aber keine Strategie“

Die Vorarlberger Grünen sprechen sich in einer Aussendung klar für den Erhalt der Geburtenstation in Bludenz aus. Gesundheitssprecherin Eva Hammerer betont: „Geburtshilfe ist Teil der medizinischen Grundversorgung. Diese darf nicht vom Wohnort abhängen.“

Die Station sei ein zentraler Bestandteil der Gesundheitsversorgung im Süden Vorarlbergs. Hammerer fordert von der Landesregierung „endlich Klarheit und Transparenz“ über die künftige Absicherung der Geburtshilfe und kritisiert die derzeitige Linie scharf: „Täglich neue Kürzungen, aber keine Strategie – so schafft man nur Unsicherheit.“