Wirtschaft

“Einmalige Chance, Österreich auf der Überholspur zu positionieren”

18.07.2023 • 18:43 Uhr
Staatssekretär Florian Tursky und AT&S-CEO Andreas Gerstenmayer
Staatssekretär Florian Tursky und AT&S-CEO Andreas Gerstenmayer.AT&S

Staatssekretär Tursky: European Chips Act für Österreich „bestmöglich nutzen“.

„Wir bei AT&S bieten mit unserem neuen Forschungs- und Fertigungszentrum in Leoben ein Best-Practice-Beispiel, in welche Richtung es für Europas Mikroelektronikindustrie gehen könnte“ – mit diesen Worten begrüßte Andreas Gerstenmayer, Vorstandschef von AT&S, am Dienstagnachmittag den Staatssekretär für Digitalisierung, Florian Tursky, in Leoben-Hinterberg. Der Standort wird derzeit um rund eine halbe Milliarde Euro ausgebaut. Neben bis zu 800 neuen Arbeitsplätzen entsteht u. a. ein globales Innovationszentrum für IC-Substrate, dabei geht es sowohl um Forschung als auch um Fertigung. „Diese Substrate für Hochleistungsprozessoren und zukunftsweisende Verbindungstechnologien können mit klugen Entscheidungen zur Keimzelle eines blühenden europäischen Mikroelektronik-Ökosystems werden“, sagt Gerstenmayer.

Vervierfachung der eruopäischen Produktion nötig

Der Besuch von Tursky bei AT&S erfolgt nur eine knappe Woche nachdem die österreichische Bundesregierung bei einem Chip-Gipfel, bei dem auch Gerstenmayer mit dabei war, die geplante rot-weiß-rote Marschroute rund um den European Chips Act abgesteckt hat. Letztlich gehe es um die Frage, wie sich Europa im globalen Wettlauf um Digitalisierung positioniert, betont Tursky, im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. „Im Hinblick auf ein funktionierendes EU-Chip-Ökosystem und die angestrebte technologische Souveränität Europas wird Mikroelektronik immer wichtiger.“ Der Chips Act, der EU-weit 43 Milliarden Euro an staatlichen und privaten Investitionen mobilisieren soll, zielt auch darauf ab, dass die EU bis 2030 einen Anteil von 20 Prozent an der weltweiten Halbleiter-Produktion erreicht. Ein ambitioniertes Ziel, derzeit liegt man bei zehn Prozent. Dafür nötig sei eine Vervierfachung der Produktion, so Tursky.

80 Prozent der Wertschöpfung in Steiermark und Kärnten

Europa müsse „wesentliches Know-how und Kompetenzen aufbauen, um sich aus bestehenden Abhängigkeiten zu befreien und Zugriff auf entscheidende Elemente der Lieferkette zu erlangen“, unterstreicht Gerstenmayer. Die Politik sei gefordert, „rasch zu handeln und der heimischen Mikroelektronik auch strategisch jenen Stellenwert zu geben, den diese im Alltag der Menschen längst einnimmt“. Derzeit bestehe die einmalige Chance, „Österreich und Europa klar auf der Überholspur zu positionieren“.

Das sieht auch Tursky so. Österreich soll jedenfalls eine Schlüsselrolle spielen – und hier vor allem Südösterreich, mit den Mikroelektronik-Hotspots Steiermark und Kärnten. Österreich sei, auch im internationalen Vergleich, „ein Mikroelektronik-Spitzenreiter“. In absoluten Zahlen liege Österreich im EU-Vergleich auf Platz vier hinsichtlich Wertschöpfung, Beschäftigten, Patentaktivitäten sowie auf Platz drei bei privaten Investitionen und F&E-Investitionen der Unternehmen. Und 80 Prozent der Wertschöpfung im Mikroelektronik-Bereich entfallen auf Kärnten und die Steiermark, so Tursky.

“Größtes standortpolitisches Projekt, das wir je hatten”

Investitionen von rund 6,75 Milliarden Euro sind, wie berichtet, von diesem Industriezweig bis 2030 in Österreich geplant. „Das ist wahrscheinlich das größte standortpolitische Projekt, das wir je hatten – und gerade für Kärnten und die Steiermark von enormer Wichtigkeit.“ Über den Sommer haben Unternehmen nun die Möglichkeit, potenzielle Investitionsprojekte über ein eigens eingerichtetes aws-Portal einzumelden, so Tursky. Im September soll dann der European Chips Act final beschlossen werden. Sobald alle Parameter klar sind, werden für das nächste Budget „gezielte Forschungs- und Wirtschaftsförderung im Rahmen des European Chips Acts für die Branche vorgesehen“. Es sei entscheidend, „diesen EU Chips Act für Österreich bestmöglich zu nützen“.