Wirtschaft

IV sieht Anzeichen für Deindustrialisierung

15.01.2024 • 19:46 Uhr
Elmar Hartmann, Präsident der Industriellenvereinigung Vorarlberg. <span class="copyright">hartinger</span>
Elmar Hartmann, Präsident der Industriellenvereinigung Vorarlberg. hartinger

Industriellenvereinigung Vorarlberg fordert Senkung der Lohnnebenkosten und Ausbau der Infrastruktur.

Vorarlberg droht seine industrielle Stärke zu verlieren. Diese Befürchtung äußerte Elmar Hartmann, Präsident der Industriellenvereinigung Vorarlberg, beim gestrigen IV-Neujahrsempfang vor 400 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Gleichzeitig wies er auf die Bedeutung des Superwahljahres 2024 hin, in dem das Europäische Parlament, der Nationalrat, der Vorarlberger Landtag und die Arbeiterkammer neu gewählt werden.

Drohende Deindustrialisierung

„2024 wird richtungsweisend sein. Vorarlberg muss sich entscheiden: Den Pfad der Deindustrialisierung oder jenen zum chancenreichsten Industriestandort wählen“, so Hartmann. Er warnte eindringlich davor, dass der derzeitige Kurs den Wohlstand und die hohe Lebensqualität gefährde. Seine Forderungen: Bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen, ein klares politisches Bekenntnis zum Standort und mehr Rückhalt in der Bevölkerung.

Laut Hartmann gibt es bereits erste Anzeichen für eine drohende Deindustrialisierung, etwa die Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland. „Das geschieht einerseits wegen der hohen Produktionskosten im Land, andererseits aber auch, weil Genehmigungsverfahren teilweise ewig dauern “, erklärt der IV-Präsident.

Bewusstseinsoffensive

Deshalb setzt die Industrie jetzt verstärkt auf Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung. „Die Industrie ist mit Abstand der bedeutendste Sektor unserer Wirtschaft“, unterstrich Hartmann und verwies darauf, dass 36 Prozent der Wertschöpfung in Vorarlberg aus der Industrie stammen. 38 Prozent der Erwerbstätigen haben ihren Arbeitsplatz in der Industrie. Viele Menschen, so Hartmann weiter, würden den Handel, Tourismus oder die Landwirtschaft als wichtiger erachten. „Diese Fehleinschätzung führt dazu, dass einige eine Deindustrialisierung fördern oder zumindest billigend in Kauf nehmen“, sagte Hartmann. Um das Bewusstsein für die Industrie zu schärfen, hat die IV Vorarlberg einen Folder mit einem Frage-Antwort-Spiel entwickelt. Die zentrale Frage lautet: „Willst du auch künftig eine starke Industrie in Vorarlberg?“

Infrastruktur

Hartmann erwartet sich mehr Verständnis für Zusammenhänge und Infrastrukturprojekte. „Als starkes Exportland sind wir auf Schiene und Straße angewiesen, um die Produkte zu den Kunden zu bringen“, so der IV-Präsident. Er hofft auf einen Bahnausbau im unteren Vorarlberger Rheintal ebenso wie auf die Realisierung der Bodensee-Schnellstraße (S 18), trotz der in einer Volksbefragung dokumentierten Ablehnung der Verbindung durch die Lustenauer Bevölkerung.

„Ich glaube an eine Lösung im Sinne von Lustenau und der Wirtschaft und gehe davon aus, dass die Straße kommt“, sagte Hartmann. Dass der Zeithorizont für beide Projekte relativ weit in der Zukunft – eher nach 2040 – liegt, motiviert die IV umso mehr, „die Projekte jetzt zu forcieren“. Als Interessensvertretung stelle die IV nicht nur Forderungen, sondern bringe sich auch mit Lösungsvorschlägen ein. Explizit erwähnte Hartmann in diesem Zusammenhang den Expat-Service von IV und Wirtschaftskammer. Es gelte, eine Willkommenskultur für qualifizierte Zuwanderer zu entwickeln – denn diese brauche man unbedingt.