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“Leider sind es noch zu wenige”

27.04.2023 • 19:46 Uhr
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Station beim Girls Day Hartinger (6)

Dem Heer fehlen Rekruten. Beim Girls Day sollten am Donnerstag womögliche Vorurteile abgebaut und Mädchen für das Heer begeistert werden.

Bei der Ankunft in der Einfahrt der Walgaukaserne sticht schon passend zum veranstalteten Girls Day ein großes Werbeplakat des Bundesheeres mit einer Soldatin darauf ins Auge. „Männerdomäne? Von Wegen“, ist darauf abgedruckt. Diesem Vorurteil soll der Tag der offenen Tür entgegenwirken. 110 Mädchen bekamen am Donnerstag Einblicke bei Stationen zum Thema Sport, Alltagsleben, Logistik und Soldatinnen im Gebirge.

In Vorarlberg gibt es derzeit nur acht Frauen beim Heer. Österreichweit liegt der Frauenanteil Stand März mit 4,3 Prozent noch weit entfernt vom angepeilten Ziel von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner von 15 Prozent. „Leider sind es noch viel zu wenige“, sagt dazu Brigadier Gunther Hessel. Er hofft, dass sich das ändert. Laut ihm ist es wichtig, mehr Frauen fürs Heer zu begeistern: „In einem Verband, in dem der Frauenanteil höher wird, entsteht eine Dynamik, dass auch andere Frauen animiert werden, dazuzukommen.“ Frauen würden zudem eine positive Wirkung auf die interne Kultur mitbringen.

Vordergründig ist für ihn aber, dass Rekruten gebraucht werden. Grund seien geburtenschwache Jahrgänge und dass über 50 Prozent den Zivildienst wählen. „Wir brauchen am Ende des Tages jeden Rekruten, ob männlich oder weiblich“, sagt er.

Bei der Ausbildung ist eine körperliche Grundfitness von Vorteil. Sie ist aber nicht Vorrausetzung.
Bei der Ausbildung ist eine körperliche Grundfitness von Vorteil. Sie ist aber nicht Vorrausetzung.

“Klischees stimmen nicht”

Um diese zu finden, sollen durch derartige Veranstaltungen Klischees abgebaut und Hemmschwellen überwunden werden. „Die Vorurteile gegenüber dem Bundesheer sind die, dass es mit sinnlosem Drill, Befehle und Gehorsam einhergeht“, so Hessel. Derartige Befürchtungen könnten durch den Girls Day genommen werden. „Die Teilnehmerinnen sollen sehen: da kann man etwas erleben und Persönlichkeitsentwicklung erfahren“, führt Hessel aus. Er spricht von einer wertschätzenden Basis beim Heer. Dem stimmt auch Oberstleutnant Alexander Pehr zu, der den normalen Umgangston betont: „Die ganzen Klischees, die meist in amerikanischen Filmen zu sehen sind, stimmen nicht mehr.“

Das Heer ist vielseitig: Bei verschiedenen Stationen bekommen die Mädchen Einblicke.
Das Heer ist vielseitig: Bei verschiedenen Stationen bekommen die Mädchen Einblicke.

Wie es beim Heer stattdessen ablaufen soll, sehen die Teilnehmerinnen beim Girls Day. Dort erklären unter anderem Soldaten und Soldatinnen der Militärmusik oder des Hochgebirgs-Jägerbateillon 23 den Mädchen, welche Fertigkeiten der Beruf benötigt und was in der Ausbildung auf sie zukommt. Kommandant des Aufklärungszugs Gerwin Stangl wird öfters gefragt, wie ausgeprägt die Fitness sein muss. Er nimmt den Mädchen bei solchen Fragen die Angst: „Man bringt den Auszubildenden alles bei, sie müssen davor nichts können. Sie müssen nur willig sein, über die Komfortzone hinauszugehen.“

Mehr Selbstbewusstsein

Dass sie so ihre Grenzen kennenlernen konnte, war für Sofie Mennel eine positive Erfahrung. Die 20-Jährige war selbst unsportlich, bevor sie im vergangenem August eingerückt ist. Durch das Heer hat sie das Laufen für sich entdeckt. „Es hat meinem Selbstbewusstsein geholfen. Dadurch, dass man sich Herausforderungen stellt, wachst man über sich hinaus“, blickt sie auf ihre Entwicklung beim Heer zurück. Über ihre Erfahrung als Frau dort erzählt sie sowohl von Personen, bei denen sie sich beweisen müsse, als auch von Kammeraden, die sie unterstützen würden. Noch unentschlossenen Mädchen rät sie dazu, es auszuprobieren und sich nicht abschrecken zu lassen.

Nena Bösch und ihre Freundin beschreiben es als komisches und neues Gefühl, eine Waffe in der Hand zu halten. Sie waren deswegen nervös.
Nena Bösch und ihre Freundin beschreiben es als komisches und neues Gefühl, eine Waffe in der Hand zu halten. Sie waren deswegen nervös.

Teilnehmerin Nina Gort meint dazu: „Ich glaube, Frauen trauen sich oft nicht, weil es von anderen als große Belastung dargestellt wird.“ Sie interessiert sich für das Heer, weil sie eine Alternative zu einem Studium sucht. Die 17-Jährige ist überzeugt, dass Mädchen weniger Zugang durch die fehlende Musterungspflicht hätten als Männer.

Diesen Zugang hat Teilnehmerin Elena Fitz durch den Girls Day bekommen. Zuvor habe sie sich keine Gedanken darüber gemacht, erzählt sie. Vor Ort hat sie dann Interesse entwickelt.

Ebenso neue Einblicke hat Anna Latschrauner am Donnerstag bekommen. Sie könnte sich vorstellen, im Medizinbereich beim Heer tätig zu sein. Dass es solche Ausbildungsmöglichkeiten im Medizinbereich überhaupt gibt, hat Besucherin Leonie Burtscher neu vom Tag der offenen Tür mitgenommen. „Ich finde es wichtig, dass auch Frauen die Möglichkeit haben, zum Bundesheer zu gehen“, betont die 16-Jährige. Ebenso Interesse für den medizinischen Bereich hat Besucherin Katharina Mattle. Die 17-Jährige kann aus der Veranstaltung Wissen über Voraussetzungen und diverse Berufszweige schöpfen.

Walgaukaserne, Brigadier-Herbert-Tschamon-Straße1, Bludesch. Frauen , Mädchen beim Bundesheer. Soldatinnen
Walgaukaserne, Brigadier-Herbert-Tschamon-Straße1, Bludesch. Frauen , Mädchen beim Bundesheer. Soldatinnen

Nicht nur Informieren, sondern auch das selbst Ausprobieren ist Mittelpunkt des Events. Die Teilnehmerinnen klettern und stehen beim Schießsimulator. Leonie Mangele bezeichnet es als „cool“, eine Waffe in der Hand zu haben. „Es ist interessant, wie schwer sie sind und wie sie geladen werden“, so die 19-Jährige. Den Umgang mit Waffen empfinde sie keineswegs als schlimm. Ihr mache sowohl das Schießen, Skifahren und Klettern Spaß, erzählt sie.