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Pflegerin sollte 1,5 Mio. Euro erben – Familie klagte

25.10.2023 • 14:33 Uhr
Symbolfoto. <span class="copyright">APA</span>
Symbolfoto. APA

Gesetzliche Erben bekämpften Erbschaft der Pflegerin erfolgreich. OGH entschied auf Amtshaftung, weil Notar  und Verlassenschaftsrichter gesetzliche Erben übergingen.

Die handschriftliche Verfügung des ledigen und kinderlosen Verstorbenen wurde im rasch abgeschlossenen Verlassenschaftsverfahren als Testament anerkannt. So erbte die Pflegerin des Pensionisten zunächst 1,5 Millionen Euro.

Südtiroler Verwandte des Verstorbenen bekämpften dann mit ihrer Erbschaftsklage das Testament mit Erfolg. Denn die Zivilgerichte bezweifelten, dass der Pflegling sein Vermögen der Pflegerin vermachen wollte.

Nur 660.000 Euro aus dem geerbten Vermögen der Pflegerin konnten sichergestellt werden. Der Großteil war aber uneinbringlich. Deshalb klagten die gesetzlichen Erben die Republik Österreich. Das Landesgericht Feldkirch und das Oberlandesgericht Innsbruck wiesen die Amtshaftungsklage jedoch ab. Weil nach Ansicht der beiden Gerichte ein unbedenkliches Testament vorlag.

OGH-Entscheidung

In dritter und letzter Instanz gab freilich der Oberste Gerichtshof (OGH) der Klage statt. Damit wurde die Republik rechtskräftig dazu verpflichtet, den gesetzlichen Erben hohe Summen als Schadenersatz zukommen zu lassen. Im Fall des Erstklägers, der nach abgetretenen Forderungen 850.000 Euro verlangt, ordnete das Höchstgericht in Wien eine Verfahrensergänzung am Landesgericht Feldkirch an.

Schadenersatz erhalten nur jene der klagenden Verwandten des Verstorbenen, die dem als Gerichtskommissär auftretenden Notar und dem Verlassenschaftsrichter schon während des Verlassenschaftsverfahrens bekannt waren. Die anderen Kläger gehen leer aus.

Pflegevollmacht statt Testament

Der OGH wertete die handschriftliche Verfügung des Erblassers nicht als Testament, sondern lediglich als Pflegevollmacht. Weil kein unbedenkliches Testament vorgelegen sei, wären der Notar und der Verlassenschaftsrichter dazu verpflichtet gewesen, den bekannten gesetzlichen Erben eine Abschrift der letztwilligen Verfügung zukommen zu lassen und sie zu einer Erbantrittserklärung aufzufordern, so die Wiener Höchstrichter. Weil das nicht geschehen ist, seien nach dem Außerstreitgesetz Vorschriften im Verlassenschaftsverfahren verletzt worden. Deshalb habe die Republik für entstandene Schäden zu haften.

Die vom OGH festgestellten Fehler im Verlassenschaftsverfahren des verstorbenen Tirolers wurden von einem Tiroler Notar und einem Tiroler Verlassenschaftsrichter begangen. Wegen der Befangenheit der Tiroler Richter wird der Amtshaftungsprozess am Landesgericht Feldkirch geführt.