“Mit Überstunden locke ich niemanden zur Polizei”

Die Kriterien für den Einstieg in die Polizeiausbildung wurden bereits gelockert, nun sollen diverse weitere Stellschrauben den Beruf attraktiver machen.
Wenn die Sicherheit verloren geht, dann geht auch viel anderes verloren“, eröffnete Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) am Montagvormittag eine Pressekonferenz unter dem Motto „Cops Job Partnership – Maßnahmen für einen attraktiven Polizeiberuf.“ Nach wie vor herrscht Personalmangel bei der Exekutive, wenngleich eine breit angelegte Recruiting-Kampagne sowie die Senkung der Aufnahmebedingungen in die Polizeiausbildung bereits gefruchtet haben.
„Wir starten 2024 mit einer völligen Trendumkehr“, betonte Wallner. So habe es im letzten Jahr 140 Bewerber für die Polizeischule gegeben, das sei um die Hälfte mehr als zuvor.
„Tätowierungen sind kein Ausschlusskriterium mehr“, sagte Landespolizeidirektor Hans-Peter Ludescher, „außerdem können gewisse Voraussetzungen, wie etwa die sportliche Leistung, nachgereicht werden.“ Sprich: Liegestütze etwa oder in einer bestimmten Zeit gelaufene Kilometer sind keine Bedingung mehr, um aufgenommen zu werden. Erbringt man diese Leistungen nicht zu Beginn, wird man während der Ausbildung daraufhin trainiert. Ob und wie sehr das die Qualität der Ausbildung beeinflusst – immerhin ist davon auszugehen, dass in kürzerer Zeit mehr erarbeitet werden kann, wenn alle Anwärter bereits auf einem ähnlichen, hohen Niveau körperlich leistungsfähig sind – lässt man offen.
Neben erlaubten Tätowierungen und einem erleichterten Aufnahmeverfahren wurde auch der Sold der Polizeischüler während ihrer zweijährigen Ausbildung etwas angehoben. Als weiteres „Goodie“ winkt die Bezahlung des Führerschein, wenn der Bewerber diesen noch nicht hat.

Mehr Attraktivität
Nicht nur der Einstieg in, sondern auch den Beruf an sich will man attraktiver machen, worüber Wallner, Ludescher und Sicherheitslandesrat Christian Gantner (ÖVP) sich einig zeigten. Der Landespolizeidirektor brachte es folgendermaßen auf den Punkt: „Es nutzt uns nichts, wenn wir das Eingangstor weiter öffnen, aber die Attraktivität des Berufs nicht hochhalten können.“ Großer Punkt auf der Liste der Maßnahmen: Das Gehalt. „Ein Stück weit ist das ganze Entlohnungsystem der Polizei veraltet“, so Wallner.
Zwar landen teils ordentliche Summen auf dem Konto, jedoch nicht ohne ein nicht zu verachtendes Mehr an Arbeit, wie Ludescher verdeutlichte: „Sicher verdienen auch die jungen Leute teils gut, aber sie müssen viele Stunden dafür machen, denn das Grundgehalt ist nicht wirklich überzeugend.“ Einen schönen Sold erhalte man etwa, wenn man Journaldienste übernehme, dies seien aber 28 zusätzliche Stunden im Monat. Auch Überstunden seien gut bezahlt, aber: „Wir leben in einer Zeit, in der Privatleben, Freizeit und Work-Life-Balance gerade den jungen Menschen sehr wichtig sind. Mit Überstunden kann ich niemanden zur Polizei locken.“
Stattdessen setzt man auf mehr Geld und diverse Extras, die bei der Polizei naturgemäß auch gerne mit Sport zu tun haben dürfen: Das „JobRad“ etwa soll angeboten werden, das die Anschaffung von Fahrrädern mitfinanziert, es gibt ein Klimaticket und auch finanzielle Zuschüsse beispielsweise für Fitnessstudio- und ähnliche Abos. „Da hatten wir schon 150 Anträge, da die Kollegen sich auch in ihrer Freizeit gern fithalten und weiterbilden wollen“, so Ludescher.

Gutes Arbeitsklima
Besonders viel Wert lege die Landespolizeidirektion auch auf ein gutes Klima auf den Dienststellen. „Es ist uns sehr wichtig, dass die Kollegen sich wohlfühlen. Wenn das Klima passt, sind die Mitarbeiter eher dazu bereit und auch resilient genug, um Dienst zu versehen, wenn es einmal längere Zeit rund geht. Wenn das nicht passt, wird es schon schwieriger“, meint Ludescher. Das sei zwar in jedem Unternehmen so, aber „wir sorgen trotzdem möglichst gut dafür, dass das Klima passt.“ Beispielsweise unterstütze man diverse gemeinsame Aktivitäten der Teams.
Ein großer, für manche abschreckender Faktor sind die Arbeitszeiten: Die Polizei ist rund um die Uhr im Dienst, es fallen Nacht- und Wochenendschichten und, wie bereits erwähnt, teils viele Überstunden an. Für ein solides und planbares Privat- und Familienleben ist das nicht zwingend förderlich. Hier gegenzuhalten, ist schwierig, wie Ludescher zugab: „Wir sind nun einmal ein Exekutivorgan, das 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, im Einsatz ist. Aber wir arbeiten daran, auch hier die eine oder andere Verbesserung für die Mitarbeiter zu finden.“ Geplant ist etwa eine hauseigene Kinderbetreuung.

Pensionen und Abgänge
Der umfangreiche Maßnahmenkatalog kommt nicht von ungefähr, denn trotz der erhöhten Bewerberzahlen ist das Personalproblem nicht gelöst. Zuerst einmal ist die Anzahl der Bewerber nicht gleich die Anzahl jener, die auch aufgenommen werden. Und: Der Slogan „Einmal Polizei, immer Polizei“ gelte schon lange nicht mehr. Zusätzlich zu den etwa dreißig Polizisten, die in den kommenden fünf Jahren pro Jahr pensioniert werden, kommen auch Abgänge in andere Berufe oder krankenstandbedingte Ausfälle. Um dies auszugleichen, sollten pro Jahr etwa 80 bis 100 neue Mitarbeiter aufgenommen werden. Es sei „ein Kraftakt, diese PS auf die Straße zu bringen“, meinte der Landespolizeidirektor.
Ein weiterer Brocken will im ersten Quartal 2024 auf Schiene gebracht werden: Ein neues Sicherheitszentrum nahe der Landesfeuerwehrzentrale in Feldkirch, mit Ausbildungsstätte und verschiedenen Dienststellen. Es bleibt spannend.