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„Das war vor 40 Jahren unvorstellbar“

03.06.2024 • 20:51 Uhr
VISMUT, Schlachthausstraße 11, Dornbirn
Tina Radauer, Philipp Rümmele, Gerhard Rauch, Tabea Hampel und Stefan Rainer (von links).Klaus hartinger

Polizei und Sozialarbeit arbeiten Hand in Hand. Projekt „Kriminalitätsprävention – Arbeit mit Jugendlichen nach Delinquenz“ wurde präsentiert.

Nach kriminologischen Erkenntnissen ist Kinder- und Jugenddelinquenz allgegenwärtig. Ein Großteil der Jugendlichen begeht – zumindest gelegentlich – meist leichte Straftaten. Ein kleiner Teil ist allerdings gefährdet, den Übergang in ein „normales“ Erwachsenendasein nicht zu schaffen und in eine sogenannte kriminelle Karriere abzugleiten. Die meisten Studien verweisen in Bezug auf die Ursachen dieser Gruppe meist auf mehrere Problemlagen. Gerade schwere Jugendkriminalität geht unter anderem mit Problemen wie sozialer Ausschluss, instabile Familienverhältnisse, keine geregelte Altersstruktur oder Schulversagen einher.

Auch pädagogische Aufgabe

Delinquenz, so der einhellige Konsens, kann nicht lediglich mit Hilfe strafender Maßnahmen nachhaltig eingedämmt werden. Die Prävention von Delinquenz ist ist auch eine pädagogische Aufgabe. Kinder und Jugendliche befinden sich in der Entwicklung, müssen ihren Platz in der Gemeinschaft und ihre Grenzen erst kennenlernen. Neben der Familie sind dies auch die Handlungsfelder der Offenen Jugendarbeit sowie der Polizei, die gestern gemeinsam das Projekt „Kriminalitätsprävention – Arbeit mit Jugendlichen nach Delinquenz im Bezirk Dornbirn“ im Jugendhaus Vismut präsentierten.

Das Projekt des Bundesministeriums für Inneres Sektor II (Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit) und der Landespolizeidirektion Vorarlberg wird von den Offenen Jugendarbeit (OJA) Dornbirn, Lustenau und Hohenems sowie den Polizeiinspektionen dieser Orte erstmals durchgeführt. „Betreut werden grundsätzlich Jugendliche zwischen zwölf und 25 Jahren“, sagt Philipp Rümmele von der Offenen Jugendarbeit Dornbirn. Das Gesamtvolumen des fünfjährigen Porjekts von 750.000 Euro wird zu drei Viertel vom Fonds für die innere Sicherheit (ISF), ein Finanzierungsinstrument der Europäischen Union getragen. 25 Prozent übernimmt die Landespolizeidirektion Vorarlberg.

VISMUT, Schlachthausstraße 11, Dornbirn
Volles Haus im Vismut. Klaus hartinger

Einmaliges Erlebnis

“Das ist ein einmaliges Erlebnis, dass die Polizei und die Sozialarbeit gemeinsam ein Projekt aufgleisen“, so Landespolizeidirektor Hans-Peter Ludescher, der schmunzelnd hinzufügte: „Das war vor 40 Jahren unvorstellbar.“ Das es funktioniert, habe sich aber schon in der Coronazeit mit all den Einschränkungen, auch für die Jugendlichen, gezeigt. Und Stefan Rainer (Geschäftsführer OJA Dornbirn) ergänzte bei der Begrüßung: „Das ist ein super Projekt. Das Wichtigste ist, dass wir den Jugendlichen helfen.“ Auch Kommissär Robert Jacso vom Bundesministerium für Inneres zeigte sich erfreut: „Es ist toll, dass die Polizei und die Sozialarbeit zusammenarbeiten.“

Aufarbeiten

Vordergründiges Ziel bei diesem Projekt ist eine rasche Aufarbeitung der kriminellen Tat. Damit soll verhindert werden, dass Jugendliche nochmals kriminell werden. Die Tat soll reflektiert werden, wie zum Beispiel was war der Auslöser, die Konsequenzen und auch über allfällige Entschuldigungen nachgedacht werden. Zudem sollen Perspektiven aufgezeigt werden. Die Jugendlichen werden dabei auch während eines laufenden Verfahrens unterstützt.

Ansprechpartner

„Jugendliche, die vom Elternhaus, oder ihrem Umfeld nicht wirklich unterstützt werden, bekommen dadurch Hilfe“, ist auch Gerhard Rauch von der Landespolizeidirektion von diesem Projekt überzeugt. Es sei auch wichtig, dass Beamte Ansprechpartner bei Straftaten von Jugendlichen haben. Nach Dornbirn, Hohenems und Lustenau soll es dieses Angebot für jugendliche Straftäter später auch im ganzen Land geben.

Volles Haus

Dass das Projekt großen Anklang findet, zeigte auch die Präsentation. Über 100 Personen, darunter Politiker, Juristen und Sozialarbeiter, waren im Vismut dabei. Zur Sprache kamen gestern auch die Juristin Konstanze Manhart sowie Gäste aus der Schweiz: Jugendanwalt Jakob Forrer und Rico Caratsch (Chef Jugenddienst des Kantons Graubünden). Auch die Ideengeber des Projekts, Jugendarbeit-Urgestein Martin Hagen und Alexander Wachter richtete einige Worte ans Publikum.