Wespen und Bienen können zur tödlichen Gefahr werden

Meistens sind Bienen, Wespen- und Hornissenstiche nur schmerzhaft, bei allergischen Reaktionen aber lebensgefährlich. Oberärztin Michaela Ranta über die Gefahren.
Bienen, Wespen und Hornissen können in den Sommermonaten zur tödlichen Gefahr werden. Wie das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) kürzlich bekannt gab, sind laut Todesursachenstatistik diese drei Insektenarten für den Tod von 55 Menschen in den vergangenen zehn Jahren (2014 bis 2023) in Österreich verantwortlich. Die meisten Toten waren in Niederösterreich (16) und der Steiermark (10) zu beklagen, in Vorarlberg verstarben in diesem Zeitraum zwei Menschen. 2022 und 2023 gab es mit jeweils neun Toten in Österreich sogar Zehnjahreshöchststände.
Bemerkenswert ist auch die Anzahl der stationären Aufenthalte aufgrund von Insektenstichen in Österreich. Laut Spitalsentlassungsstatistik mussten im Zeitraum von 2013 bis 2022 insgesamt 11.778 Personen stationär behandelt werden, das sind fast 1200 pro Jahr.

Lebensbedrohlich
Gefährlich sind Bienen- und Wespenstiche für Menschen, die auf deren Gift allergisch reagieren. Ein einzelner Stich kann hier lebensbedrohlich werden. Eine Allergie äußert sich nach einem Stich unter anderem durch Hautausschläge, Kopfschmerzen, Schwindel, Atemnot und eine starke Schwellung der Einstichstelle. In diesen Fällen muss sofort ein Arzt aufgesucht werden. „Der schlimmste Fall für einen Allergiker ist der anaphylaktische Schock. Dieser kündigt sich durch Symptome wie Kribbeln und Brennen im Mund- und Rachenbereich, Herzrasen, Blutdruckabfall, Erbrechen und Bewusstlosigkeit an. Der Schockzustand führt im schlimmsten Fall zum Atem- und Kreislaufstillstand“, erklärt Oberärztin Michaela Ranta (Allergieambulanz/HNO im Landeskrankenhaus Feldkirch). „Menschen, die wissen, dass sie gegen Wespen- und Bienenstiche allergisch sind, sollten deswegen immer ein Notfallset mit speziellen Medikamenten bei sich führen.“

Spätreaktionen
Bei einer Allergie gegen Bienen- beziehungsweise Wespengift ist ein Adrenalin-Autoinjektor (Pen) lebensrettend. „Mit diesem Pen kann man sich selbst Adrenalin in den Oberschenkelmuskel spritzen, um so einem Kreislaufstillstand durch den anaphylaktischen Schock entgegenzuwirken“, so Ranta. „Nach der Anwendung des Adrenalin-Pens ist in jedem Fall ein Arzt aufzusuchen, da es nach dem Abklingen der Adrenalinwirkung noch zu Spätreaktionen kommen kann.“
Tipps für die Prävention
- Wohnräume mit Fliegengittern vor Insekten schützen.
- Keine hastigen Reaktionen, wenn man von potenziell gefährlichen Insekten umkreist wird, damit diese nicht in „Notwehr“ zustechen.
- Beim Betreten von Grünflächen ist es ratsam feste Schuhe zu tragen.
- Im Freien von Mistkübeln fernhalten, denn diese werden von Wespen besonders gerne umkreist. Auch Süßspeisen und weitere Lebensmittel können diese anlocken.
- Auch Parfüm, bunte Kleidung und Cremes können Wespen anlocken.
- Vorsicht beim Trinken aus Dosen oder dunklen Flaschen. Am besten aus Gläsern trinken oder die Gefäße nach jedem Schluck fest verschließen.
- Falls Wespen beim Haus nisten, sollte man diese von Experten fachgerecht entfernen lassen.
Der Adrenalin-Autoinjektor wird Patienten mit Bienen- beziehungsweise Wespengift-Allergie ärztlich verordnet und sollte von den Betroffenen stets mitgeführt werden. „Bei Kindern, die eine Bienen- oder Wespengift-Allergie haben, sind die Eltern und auch Betreuungspersonen wie Lehrpersonal und (Sport-)Pädagogen in die Anwendung einzuweisen.“
Behandlungen
Bei der Behandlung von allergischen Reaktionen nach Bienen- oder Wespenstichen wird in der Allergieambulanz zunächst zwischen der akuten Behandlung und der späteren Austestung, ob es sich tatsächlich um eine allergische Reaktion handelt, unterschieden. Bei der Erstbehandlung wird die Einstichstelle gründlich desinfiziert und kontinuierliches Kühlen wirkt einer übermäßigen Schwellung entgegen. Gegen den Juckreiz helfen spezielle Salben aus der Apotheke.

„Bei einem Wespen- oder Bienenstich verschwinden die starken Schmerzen oft nach kurzer Zeit. Spätestens nach drei Tagen sollten die Schmerzen abgeklungen und die Schwellung merklich zurückgegangen sein. Wenn sich die Symptome nach diesem Zeitraum nicht verbessert haben, sollte auf jeden Fall ein Arzt konsultiert werden“, sagt Oberärztin Ranta und ergänzt: „Wenn der Stich im Mund-, Rachen- oder Halsbereich erfolgt, kann es gefährlich werden. Durch die Schwellung kann die Atmung erschwert werden oder völlig zum Erliegen kommen. Hier sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden. Bis zur Behandlung kann die Stichstelle gekühlt werden, um die Schwellung zu verzögern.“
Immer mehr Allergien
Laut Erfahrung von Michaela Ranta werden in der Allergieambulanz am KKH Feldkirch pro Jahr etwa 30 Patienten mit vermuteter Bienen- beziehungsweise Wespengiftallergie getestet (Haut- und Bluttest). Etwa zwei bis drei Prozent der österreichischen Bevölkerung reagieren auf Insektenstiche mit schweren allergischen Reaktionen. Und dieser Prozentsatz wird sich in Zukunft wohl erhöhen, da Allergien allgemein im Steigen begriffen sind.

Adrenalin-Pen immer in Griffnähe
Dorothea Wehinger reagiert allergisch auf Bienenstiche. Ernst wurde es für die heute 81-Jährige erstmals vor fünf Jahren. „Nach einem Bienenstich ging es mir nicht gut. Mir wurde schlecht und ich bekam einen Schüttelfrost“, erinnert sie sich. „Ich habe sofort die Notrufnummer gewählt und wurde mit der Rettung ins Spital gebracht und behandelt.“
Das Gleiche passierte der Röthnerin vor drei Jahren erneut. Nach einem weiteren, leichteren Vorfall erwischte es Wehinger letzte Woche nochmals. „Ich saß zu Hause am Teich und als ich aufstand, spürte ich den Schmerz des Stiches. Ich habe mir dann sofort mit meinem Adrenalin-Autoinjektor, den ich immer dabei habe, seit ich weiß, dass ich allergisch auf Bienenstiche reagiere, Adrenalin gespritzt.“ Danach rief sie die 1450 an, wo ihr das ausgebildete Krankenpflegepersonal empfahl, die Rettung zu kontaktieren. „Das habe ich gemacht und wurde von den Rettungskräften ins Landeskrankenhaus Feldkirch gebracht. Dort bekam ich einen Schüttelfrost, wurde entsprechend behandelt und musste über Nacht bleiben. Am nächsten Tag ging es mir schon wieder besser und ich konnte nach Hause gehen.“
Dorothea Wehinger weiß also aus eigener Erfahrung über die Gefahren allergischer Reaktionen bei Insektenstichen – in ihrem Fall Bienenstiche – Bescheid. Sie ist sich daher bewusst, dass der Adrenalin-Autoinjektor immer griffbereit sein muss. „Ich gehe ja auch viel wandern und bin in den Bergen unterwegs, da ist die Mitnahme des Pens für mich Pflicht.“