25 Jahre KIT: In Krisen für Menschen da

Die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Kriseninterventionsteams (KIT) begleiten und unterstützen Menschen in akuten Krisensituationen. Das ganze Jahr über, auch an den Weihnachtsfeiertagen. Koordinator Thomas Stubler über Engagement, Einsätze, das 25-Jahrjubiläum und Vieles mehr.
Weihnachten steht vor der Tür. Gibt es in dieser Zeit mehr KIT-Einsätze?
Thomas Stubler: Glücklicherweise nicht. In den zehn Jahren, in denen ich als Koordinator tätig bin, konnte ich keine Zunahme der Einsätze über die Weihnachtsfeiertage feststellen. Natürlich gibt es Einsätze, aber keine außergewöhnliche Häufung.

Das KIT arbeitet überwiegend ehrenamtlich. Gibt es Schwierigkeiten, den Dienstplan über die Feiertage zu füllen?
Stubler: Nein, ganz im Gegenteil. Der Dienstplan ist über die Feiertage sogar besonders gut gefüllt. Viele unserer Ehrenamtlichen sind hoch motiviert, gerade an diesen Tagen zu helfen. Das KIT-Team ist das ganze Jahr über für Menschen in Krisensituationen da. Das verdient ein großes Dankeschön an unser engagiertes Team.
Das KIT feiert heuer sein 25-jähriges Bestehen. Wie wurde dieses Jubiläum begangen?
Stubler: Ende November haben wir bei einer Dankesfeier auf 25 Jahre zurückgeblickt – Jahre voller Herausforderungen, Entwicklungen und Erfolge.

Wie ist die Erfolgsgeschichte entstanden?
Stubler: Die Gründung des KIT geht auf einen tragischen Vorfall im Sommer 1998 zurück: Zwei Kinder erstickten in Dornbirn in einer Holzkiste. Dieses Ereignis hat die Einsatzkräfte tief bewegt und den Anstoß gegeben, ein Konzept für Krisenintervention zu entwickeln. Im September 1999 wurde das KIT offiziell gegründet, und nach eineinhalb Jahren Vorbereitung hatten wir im März 2001 unseren ersten Einsatz. Seitdem sind wir stetig gewachsen und haben uns weiterentwickelt.
Wie verlief das Jahr 2024?
Stubler: Es war ein einsatzreiches Jahr – leider. Hinter jedem Einsatz steht ein trauriges Schicksal. Dennoch können wir auf ein positives Jahr zurückblicken. Unser Team bleibt motiviert, und der Austausch mit Kollegen im In- und Ausland ist bereichernd.
KIT im überblick
- Aufgabe und das Ziel ist es, Menschen in akuten Krisensituationen zu begleiten und zu unterstützen. Durch eine rasche Intervention nach einem traumatischen Erlebnis (zum Beispiel ein plötzlicher Todesfall im persönlichen Umfeld) versuchen die ehrenamtlichen Mitarbeiter, die psychischen Belastungen zu reduzieren und mögliche Folgeerkrankungen zu vermeiden.
- Seit der Gründung im Herbst 1999 verzeichnet das KIT über 4600 Einsätze, bei denen rund 20.000 Menschen in Vorarlberg betreut wurden.
- Der erste KIT-Einsatz fand am 6. März 2001 statt.
- Aktuell hat das Kriseninterventionsteam 90 aktive ehrenamtliche Mitarbeiter in ganz Vorarlberg.
- Das KIT hatte heuer bis dato 275 Einsätze und damit so viel wie noch nie in der KIT-Geschichte.
Welche Einsätze kommen besonders häufig vor?
Stubler: Das ganze Jahr über sind wir mit einer breiten Palette von Ereignissen konfrontiert: plötzliche Todesfälle, Verkehrsunfälle, Großbrände – alles, was Menschen unvermittelt in Krisen stürzt.
Gab es 2024 besondere Entwicklungen?
Stubler: Im Jahr 2023 gab es 70 Einsätze im Zusammenhang mit Suiziden – eine außergewöhnlich hohe Zahl. 2024 sind es bis Dato 64, also auf einem ähnlich hohen Niveau. Zudem begegnen wir immer öfter Menschen, die allein sind, ohne Familie oder Freunde. Das macht unsere Arbeit anspruchsvoller, da wir erst gehen, wenn jemand für die Betroffenen da ist.

Wie steht es um den Personalstand?
Stubler: Derzeit haben wir 90 aktive Mitglieder im Land, was ausreicht, um den Dienstplan zu füllen. Der nächste Ausbildungslehrgang im Januar ist stark nachgefragt: Über 70 Interessierte haben sich auf 16 Plätze beworben. Besonders erfreulich ist der Zuwachs an jüngeren Ehrenamtlichen.
Welche Pläne gibt es für 2025?
Stubler: Neben dem neuen Ausbildungslehrgang freuen wir uns besonders auf die österreichische KIT-Tagung im Mai, die in Feldkirch stattfinden wird. Rund 200 Kollegen aus ganz Österreich werden teilnehmen.

Was macht die Arbeit für Sie persönlich so besonders?
Stubler: Diese Arbeit ist sinnvoll und zutiefst bereichernd. Es ist ein Privileg, mit so engagierten Ehrenamtlichen zusammenzuarbeiten. Die Einsätze selbst sind oft herausfordernd, aber sie führen einem vor Augen, wie zerbrechlich das eigene Glück ist. Das erzeugt Dankbarkeit und Demut.
“unverzichtbare Arbeit”
„Das Kriseninterventionsteam Vorarlberg leistet seit 25 Jahren unverzichtbare Arbeit und bietet Menschen in den schwersten Stunden nach traumatischen Erlebnissen wertvolle Unterstütztung“, sprach Landesrätin Martina Rüscher an der Dankesfeier, an der auch das 25-jährige Bestehen gewürdigt wurde, ihre Wertschätzung aus. „Ehrenamtiche Mitarbeiter sind eine tragende Säule in der psychosozialen Akutbetreung und verdienen größten Respekt und Dank.“
Wie gehen Sie und Ihr Team mit der psychischen Belastung um?
Stubler: Die Ausbildung umfasst wichtige Themen wie Psychohygiene und Abgrenzung. Zusätzlich bieten wir Supervisionen an, in denen Einsätze anonymisiert besprochen werden können. Mir persönlich hilft Sport, etwa Radfahren oder Laufen, um den Kopf freizubekommen.
Wie sieht es mit der finanziellen Unterstützung aus?
Stubler: Wir sind gut abgesichert. Unser wichtigstes Standbein ist der Sozialfonds des Landes, der uns zuverlässig unterstützt. Dafür sind wir sehr dankbar.

Gibt es Anerkennung für die KIT-Einsätze, die ja anonym ablaufen?
Stubler: Anerkennung ist für uns alle wichtig. Es kommt vor, dass uns Betroffene Dankesschreiben oder kleine Spenden zukommen lassen. Auch von Unternehmen erhalten wir finanzielle Unterstützung, etwa für Einsatzkleidung. Solche Gesten motivieren uns enorm.