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Alles beginnt mit Fragen

04.05.2025 • 13:00 Uhr
Alles beginnt mit Fragen
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In unseren wöchentlichen Evangelienkommentaren geben Geistliche, Religionslehrerinnen, Theologinnen und andere ihre Gedanken zum Sonntagsevangelium weiter. Heute mit Wilfried M. Blum, Caritas-Seelsorger.

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Sonntagsevangelium

In jener Zeit, als sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer! Zum zweiten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! Zum dritten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Da wurde Petrus traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal gefragt hatte: Liebst du mich? Er gab ihm zur Antwort: Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! Amen, amen, ich sage dir: Als du jünger warst, hast du dich selbst gegürtet und gingst, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst. Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen werde. Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach! Johannes 21,15-19

Alles beginnt mit Fragen

Eltern können davon ein Lied singen. Die tausend Fragen der Kinder kosten manchmal viel Nerven und brauchen oftmals viel Kraft und Geduld. Auch Fragen von Journalisten können lästig sein und die Interviewten nerven. Diese reagieren oft darauf, nicht zu reagieren und das anzubringen, was sie vorher fixiert haben. Dazu kommen auch Nullnummer-Fragen, die wie Seifenblasen sind: kaum ausgesprochen, platzen sie schon. Wer wird Nachfolger von Papst Franziskus oder wer mit wem eine Koalition eingehen wird oder nicht?

Ich erinnere mich an den Philosophie-Professor Emerich Coreth SJ in Innsbruck. In einer der ersten Vorlesungen zitierte er ein großes Wort des griechischen Philosophen Plato: Alles Philosophieren beginnt mit dem Staunen. Und Staunen löst das Fragen aus: Warum ist das so? Philosophieren heißt Fragen stellen.

Was hat das mit dem Evangelium zu tun? Wenn man Jesus-Erzählungen liest, entdeckt man ihn oft als Fragenden. Er öffnet so dem Gegenüber das Gespräch und „erschlägt“ ihn nicht mit fixen Antworten. Besonders berührend ist die Begegnung mit Petrus. Mich erstaunt diese österliche Geschichte immer neu. Was für ein Menschenkenner Jesus doch ist! Die Vorgeschichte: Petrus war kein einfacher Typ. Großspurig (niemals soll dir das geschehen!), heißspornig (springt kopfüber ins Wasser, um von Jesus gerettet zu werden) und mit eingezogenem Kopf (geh weg von mir, was du sagst, ist nicht aus Gott). Mehr noch als Judas war er es, der Jesus verraten hat (draußen am Tor bei der Feuerstelle: Ich kenne ihn nicht!). Dies alles ist Hintergrund zur Geschichte.

Nun zeigt sich Jesus wieder als einer, der mit viel Empathie und ohne Zeigefinger Petrus Fragen stellt. Es geht nicht ums Wetter, sondern um ihre beidseitige Beziehung. Dass Jesus nie nachtragend ist, zeigt sich schon darin, dass er Petrus nicht abmahnt und ins Abseits stellt, sondern ihm trotz seiner Geschichte Verantwortung überträgt: Weide meine Lämmer, weide meine Schafe! Er muss vor Jesus nicht mehr alles ausbreiten. Seine Geschichte ist bekannt. Er will auch nichts verschweigen, verdrängen oder beschönigen. Petrus weiß um seine Schwächen und um sein Versagen. Herr, du weißt alles! Aber er weiß ebenso, wie sehr er Jesus von Herzen liebt. Und wenn jemand diesen Zwiespalt versteht, dann er: Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich liebe.

Die ehrlichen Fragen Jesu führen zur ehrlichen Liebeserklärung des Petrus. Dieser offene Raum der Begegnung macht rundum offen. Alles im Leben beginnt mit Fragen. Ich wünsche allen eine Woche der tausend ehrlichen Fragen.

Wilfried Blum
Wilfried M. Blum ist Seelsorger bei der Caritas. NEUE