Die Demokratie verteidigen wollen

Bevor wir über eine Wehr- oder Ersatzpflicht von Frauen nachdenken, muss anderes geklärt werden.
Von Kurt Bereuter
neue-redaktion@neue.at
Wir dürfen im Falle der Ukraine nicht vergessen, es macht einen gravierenden Unterschied, wer der Gegner ist, gegen den ein Krieg verloren geht. Jedem geschichtlichen Laien ist klar, was es nach dem Zweiten Weltkrieg hieß, ob der Kriegsgewinner und die Besatzungsmacht einer der westlichen Alliierten waren, oder die Sowjetunion. Und im Falle der Ukraine wäre der Kriegsgewinner Russland unter Putin und seinen Vasallen, bis nach ganz unten in der militärischen Hierarchie. Was das für die besiegte Ukraine bedeuten würde, muss wohl nicht ausgeführt werden. Dass das Leben unter der russischen Führung für die Ukraine den Verlust von Demokratie und Rechtsstaat in unserem westlichen Sinne bedeuten würde, ist offensichtlich und würde das Ende der Freiheit und Selbstbestimmung dieses Landes bedeuten.
Demokratien brauchen also eine Verteidigungsfähigkeit und vor allem auch eine Verteidigungsbereitschaft. Tatsächlich ist hier die Europäische Union gefordert, aber auch jede Nation für sich. Das verlangt nach mehr als einem Berufsheer oder einem Präsenzdienst mit einem Milizsystem im Hintergrund, beides mit oder ohne Frauen, und fängt viel früher an. Bei der geistigen Landesverteidigung, und die wurde über Jahrzehnte angesichts der überaus milden Bedrohungslage vernachlässigt. Ohne diese als Grundlage sind alle anderen Verteidigungsmaßnahmen auf Sand gebaut.
Nein, noch sollten wir nicht über die Wehrpflicht oder einer Ersatzpflicht für Frauen, besser Mädchen oder junge Frauen, debattieren, sondern uns fragen, wer wie verlässlich ein Teil einer umfassenden Landesverteidigung sein kann oder es werden kann – und vor allem, wie? „Putinversteher“ lassen wohl nicht nur die Ukraine fallen, sondern im Falle des Falles auch die demokratische Republik Österreich. Insofern kämpfen die ukrainischen Truppen tatsächlich auch für uns und unsere Werte mitsamt unserer Demokratie, auch wenn sie es (vorläufig) in ihrem Land und für ihr Land leisten. Darum sollten wir die Ukraine weiter unterstützen und uns selbst vorbereiten, unsere Demokratie verteidigen zu können und vor allem: sie verteidigen zu wollen.
