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Stahl und Mensch zum Glänzen ­bringen

18.05.2025 • 10:00 Uhr
Stahl und Mensch zum Glänzen ­bringen
Johannes Neumayer bei der Arbeit in seiner historischen Schmiede in Röthis. Hartinger (4)

Johannes Neumayer erschafft in seiner Schmiede in Röthis Messer, renoviert Werkzeuge und gibt Kurse im Schmieden kunsthandwerklicher Gegenstände. Das Arbeiten mit den Händen, den Menschen und den Elementen ist sein Ding.

Von Miriam Jaeneke
neue-redaktion@neue.at

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Stolz deutet Johannes Neumayer in die Runde, auf die in der Esse glimmenden Kohlestücke, auf Werkbänke und Ambosse, auf alte und neue Werkzeuge. „Diese Schmiede ist die älteste Westösterreichs, sie wurde im Jahr 1597 gegründet. Sie wäre beinahe aufgelassen worden, stattdessen kann ich hier nun aber die Schmiedetradition fortführen“, erzählt Neumayer. Hier in der Werkstatt „Steel Soul“ in Röthis schmiedet er Messer, gibt Kurse für Privatleute und Firmen und entwickelt gemeinsam mit seiner ukrainischen Partnerin ein Therapieverfahren für vom Krieg traumatisierte Menschen.
„Ich habe herausgefunden, dass es Tage gibt, an denen ich wie von allein schmiede, ganz ohne Fluchen und Anstrengung. Dann wieder gibt es Tage, an denen der Wind in den Schornstein drückt und man gegen die Gewalten anarbeitet. An solchen Tagen kann man eigentlich gleich wieder nach Hause gehen. Wenn die Luftfeuchtigkeit hoch ist, ist wiederum die Arbeit mit Leder mühsam. Es macht Sinn, mit den Verhältnissen und der Natur zu gehen statt gegen sie“, sagt Neumayer, „und dabei altes Wissen, das noch nicht verloren gegangen ist, zu nützen.“

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Die handwerkliche Arbeit mit Stahl macht ihm große Freude.

Hochwertiges Altes

Wie man robuste Lederscheiden für Messer fertigt, hat der ehemalige Journalist sich selbst beigebracht. Das Leder wird durch seine Behandlung derart hart und widerstandsfähig, dass er die Löcher zum Nähen teils bohren muss. Als Fäden dienen ihm auch Tiersehnen. Überhaupt, sagt er, ist das Ursprüngliche sehr wertig und sollte nicht achtlos weggeworfen werden. Wenn eine Axt aus zurückliegenden Zeiten geschärft werden muss, handelt es sich in aller Regel um handgeschmiedeten, hochwertigen Stahl. Neue Äxte, die in China gefertigt wurden, muss man dagegen oft aussortieren.

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Das hochwertige Stahl erzeugt beim Schleifen viele helle Funkenspritzer.

Er zeigt den Unterschied an der Schleifmaschine. Das Schleifblatt aus Rubinkristallen erzeugt bei hochwertigem Stahl viele helle Funkenspritzer, die nach außen hin zerplatzen, wohingegen billiges Metall nur müdes Funkenblubbern hervorbringt. Neumayers Schmiede ist eine Heimstatt für altes Handwerk und alte Materialien. Hier werden Menschen und Dinge mit Sorgfalt behandelt. Alte Feilen oder alte Blattfedern von Lkw erhitzt er im Kohlenfeuer, das fröhlich spritzt, auf über 1000 Grad, dann hämmert er die rotglühenden Stahlstücke zu Messerklingen, schleift sie, passt sie in Griffe aus Geweihstücken und Holz- und Lederstücken.
Für jedes Messer, das auf diese Weise entsteht, profitiert er vom eigenen Erfahrungsschatz und den Erfahrungen der Vorfahren, jedes Messer, das entsteht, lehrt ihn wiederum Neues. Alles atmet, hat seine eigene Geschichte, darf lebendig sein. Dass er mit Dingen arbeitet, die ihre Geschichte haben, ihre Patina, gefällt ihm. Wenig wegwerfen, aus dem Alten etwas Hochwertiges Neues erschaffen, das ist ganz in seinem Sinne.

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Im Auftrag fertigt Johannes Neumayer auch verschiedene Messer.

Von Jagdmesser bis Falknermesser

Neumayer fertigt auf Auftrag zum Beispiel Jagdmesser, Fischereimesser oder Falknermesser, die jeweils eigene Eigenschaften und Funktionen haben. Falknermesser etwa sind vorne spitz, um den vom Falken erjagten Hasen zu erlösen, müssen aber seitlich stumpf sein, um den Falken dabei nicht zu verletzen. Gerade hat der Schmied eine Scheide für das Schwert eines Schweizers in Arbeit. Alles, was er hatte, waren zwei Papierrohlinge, die die Ausmaße der Klinge veranschaulichen sollten. Daraufhin hat Neumayer einen Prototypen nachgebaut, den er braucht, um die Holzscheide traditionell von innen auszubrennen. Derart behandelt, wird das Holz Feuchtigkeit, Fäulnis und verstreichender Zeit trotzen.
Gerne gibt er Kurse aller Art in seiner Schmiede und teilt sein Wissen mit den Teilnehmenden. Diese möchten unvergängliche Rosen aus Stahl schmieden oder die eigene Duftlampe. Auch Teamevents für Firmen wie Doppelmayr und Omicron stellt Neumayer auf die Beine. In der Gruppe zu schmieden kann zusammenschweißen – und Herausforderung sein.

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In der “Steel Soul”-Schmiede arbeitet er im Einklang mit den Elementen.

Schmieden wie die Väter

„Mein Großvater war Goldschmied, mein Vater Schmied und Maschinenbauer. Mein erstes Messer habe ich mit sechs Jahren bekommen“, erzählt Neumayer. Er selbst war ursprünglich Kommunikationsexperte. Eines Tages hat er sich gefragt, ob er sein Leben lang so weitermachen will. Genau zu diesem Zeitpunkt wurde die Schmiede in Röthis frei, was er als Wink des Schicksals nahm. Bereut hat er es nicht, auch wenn er schon mehr Geld verdient hat.

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Die Geschäftsführung von Doppelmayr China präsentiert stolz ihre selbst geschmiedete Schlange aus Baustahl – ein symbolischer Glücksbringer im chinesischen Jahr der Schlange, entstanden beim kreativen Teamevent in der Schmiede „Steel Soul“.

Hier in der „Steel Soul“-Schmiede arbeitet er im Einklang mit den Elementen, den Materialien und den Menschen. Denn mit seinem Material verhält es sich wie mit den Menschen, erklärt er. „Die Japaner sagen, dass in gehärteten Stahl eine Art Gottheit oder auch Seele einzieht. Ich kann bestätigen, dass jedes gehärtete Werkzeug einen eigenen Charakter hat. So wie man am Amboss Stahl formen kann, kann man auch den menschlichen Geist und vor allem sich selbst formen und festigen – und mit etwas Schweiß zu neuem Glanz verhelfen.“

Weitere Infos unter:
www.epu.wko.at

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Kontakt

Steel Soul
Johannes Neumayer
Tel. 0677 61329583
E-Mail: office@steel-soul.com
Web: www.steel-soul.com