Russland nutzt die Versorgungskrise aus: Preise für Kunstdünger steigen

Kunstdünger ist in Europa teuer geworden. Die seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gestiegenen Gaspreise und ein schwacher Euro sind aber nur zwei der Ursachen. Denn die Produktionsunterbrechungen im Iran schlagen sich nun auf dem Weltmarkt nieder.
Von Christoph Flatz
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Die Türkei, Irans größter Abnehmer, muss sich anderweitig umsehen und in Nordafrika einkaufen. Ägypten wiederum ist eine der wichtigsten Düngerquelle für Westeuropa. Hinzu kommt auch noch, dass Indien, das zu den größten Düngemittelimporteuren weltweit zählt, sich kurz vor Jahreswechsel mit der beachtlichen Menge von 1,5 Millionen Tonnen eingedeckt hat, die europäischen Lager hingegen leer sind. In dieser Gemengelage stößt nun Russland mit Dumpingpreisen vor und umgeht so gleichzeitig das europäische Gasembargo. Denn Kunstdünger besteht zu 90 Prozent aus Erdgas.

Kunstdünger ist in der konventionellen Landwirtschaft unverzichtbar geworden. So hängt von der Stickstoffgabe beim Weizen die Qualität ab – das richtige Verhältnis von Protein und Kleber. Aber auch bei anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen würde ohne Dünger der Ertrag deutlich zurückgehen, was ein geringeres Lebensmittelangebot zur Folge hätte. Wie tagesschau.de berichtet, macht sich Russlands Präsident Putin die Notlage der europäischen Landwirtschaft zunutze und flutet kurzerhand mit veredeltem Gas in Form von Stickstoffdünger den europäischen Markt. Mit seinen Dumpingpreisen unterbietet er jegliche Konkurrenz. Russland ist so inzwischen der wichtigste Düngerimporteur für die Europäische Union geworden und führte seit dem Beginn des Ukraine-Krieges circa 6,2 Millionen Tonnen in den Euroraum ein. Da können europäische Ammoniak-Produzenten nicht mithalten. Yara International, ein norwegischer Konzern, warnt gar – nicht ganz uneigennützig – vor der Abhängigkeit der EU-Lebensmittelproduktion von autokratischen Staaten. Yara, norwegischer Chemiekonzern mit weltweiten Produktionsstandorten – unter anderem auch in Deutschland, versorgt in erster Linie Landwirte und Industriekunden mit Chemikalien und Industriegasen wie Dünger, Harnstoffe, Nitrate oder Ammoniak. Yara zählt zu den größten internationalen Playern der Branche. Den Weltmarkt führt aber das australische Unternehmens-Konglomerat Wesfarmers mit knapp 50 Milliarden US-Dollar Marktkapitalisierung an. Neben der Düngemittelproduktion ist der Mischkonzern auch im Kohlebergbau, Chemie, Flüssiggas, Baustoffen und Versicherungen tätig.